von Giuseppe Verdi, Oper in vier Akten, Libretto von Francesco Maria Piave nach einer Tragödie von William Shakespeare
Uraufführung: 14. März 1847, Florenz, zweite Fassung: 21.April 1865, Paris (hier besprochen). Es handelt sich um eine Festival Produktion von 2007.
Regie: Richard Jones und Geoffrey Dolton
Dirigent: Robin Ticciati, Glyndebourne on Tour Orchestra und Glyndebourne Chorus
Choreographie: Linda Dobell
Solisten: Stephen Gadd (Macbeth), Ilya Bannik (Banco), Svetlana Sozdateleva (Lady Macbeth), Miriam Murphy (Kammerfrau der Lady Macbeth), Julie Pasturaud (Hofdame), Stefano Ferrari (Macduff), Thomas Walker (Malcolm), Sion Goronwy (Arzt/Diener/Herold), Michael Wallace (Mörder) u.a.
Besuchte Aufführung: 27. Oktober 2007
Kurzinhalt
Das von Piave erstellte Libretto der weltbekannten Shakespeare Tragödie beginnt mit einer Prophezeiung: Macbeth, dem schottischen Feldherren begegnen drei Hexen, die ihm eine Zukunft als Lehnsherr von Cawdor und als schottischer König vorhersagen. Seinem Kampfgenossen Banco hingegen prophezeien sie, er werde Vater von Königen. Kurz darauf erfüllt sich die erste Prophezeiung, Macbeth wird Lehnsherr von Cawdor.
Nach seiner Rückkehr und auf Rat seiner Frau ermordet Macbeth Duncan, den jetzigen König, während dieser bei ihnen auf der Burg übernachtet. Macbeth wird König. Ängstlich, daß Banco ihm den Thron streitig machen könnte, gibt Macbeth den Mord an Banco und dessen Sohn Fleance in Auftrag. Banco stirbt, aber Fleance kann fliehen. Macbeth erfährt davon während eines Festes an seinem Hofe. Er vermeint, Banco blutüberströmt zu sehen und spricht verwirrt – sehr zum Erschrecken seiner Gäste – mit dem Geist. Lady Macbeth lenkt die Gäste ab und kann so die Situation retten.
Ängstlich sucht Macbeth erneut Hilfe bei den Hexen. Doch Macbeth hat noch schlimmere Vorstellungen: Er sieht Bancos Zukunft als eine nicht enden wollende Reihe von Königen. Um dies zu verhindern, lassen Macbeth und seine Frau Macduffs gesamte Familie töten.
Lady Macbeth zerbricht unter ihrer Schuld. Sie entwickelt einen Waschzwang, nachtwandelt, wird wahnsinnig und stirbt. Malcolm und Macduff ziehen mit ihrem Heer gegen Macbeth, der getötet wird.
Die Aufführung
Die von Richard Jones für das Glyndebourne Sommer Festival 2007 aufgelegte Produktion wurde im wesentlichen für diese Vorstellung beibehalten.
Der erste Auftritt von drei an osteuropäische Putzfrauen erinnernden Hexen in und um einen Wohnwagen schien mir ein passender Einfall. Die Farben ihrer Kleidung fanden sich in Macbeths Schottenrock wieder, eine schöne Symbolik. Bei der Rückkehr Macbeths zu den Hexen im dritten Akt jedoch wird die Szene übertrieben mit Hexen, Skeletten, Teufeln und einem Zaubertrunk auf einem 50er Jahre Herd, eine Walpurgisnacht mit Diskokugel.
Der Hauptteil der Oper fand vor einer Backsteinmauer mit Königskammer-Blockhütte statt, und man konnte sich eines gewissen Puppenhaus-Eindrucks nicht entziehen. Dadurch wurde dem Stück die nötige Tragik und Ernsthaftigkeit genommen. Das allzu Schottische (farbkodierte Schottenröcke, schottische Tapete und Teppich) ergänzte diesen in den locker-lustig abgleitenden Eindruck.
Musikalisch überzeugte vor allem das Orchester mit seinem jungen Dirigenten Robin Ticciati, ebenso wie auch die Chöre. Mit Dynamik und Präzision ließen beide einen für Glyndebourne würdigen Hörgenuß entstehen. Nach der Hexenprophezeiung glaubte man, Stephen Gadd (Macbeth) habe es ein wenig die Stimme verschlagen. Sein Bariton erholte sich jedoch während des zweiten Aktes zusehends, um gegen Ende fast glänzend zu werden. Svetlana Sozdateleva (Lady Macbeth) versuchte ihre mageren Spitzentöne mit zusätzlicher Stimmkraft zu kompensieren. Als gelegentlicher Effekt fast passend zur Rolle, peinigte diese Anstrengung auf Dauer eher als daß es der Sängerin half.
Der Tenor Stefano Ferraris (Macduff) hingegen war im letzten Akt eine große Überraschung, und die ergreifende, seine ermordeten Angehörigen beweinende Arie
O figli, o figli miei wurde ein klarer Höhepunkt der Aufführung. Das Publikum bedankte sich mit langem Applaus. Man wünscht sich mehr Arien von Macduff. Auch die wunderschöne und sehr tragende Baßrolle Ilya Banniks (Banco) ist zu rasch vorüber. Banco wird ja ziemlich rasch umgebracht und kann uns daher nur wenig an Wohllaut bieten. Man war eben meistenteils Lady Macbeth ausgeliefert.
Insgesamt also eine insbesondere für Glyndebourne eher durchschnittliche Aufführung mit zugegebenermaßen sehr schönen Momenten.
Dr. Dominik Zenner
Für Glyndebourne Fotos: Mike Hoban
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