von Richard Strauss, Oper in einem Aufzug nebst einem Vorspiel, Libretto von Hugo von Hofmannsthal, UA: 4. Oktober 1916, Hofoper Wien
Regie: Matthias Oldag; Bühnenbild: Dieter Richter, Kostüme: Mathias Rümmler
Dirigent: Eric Solén, Philharmonisches Orchester Altenburg-Gera
Solisten: Günther Markwarth (Haushofmeister), Teruhiko Komori (Musiklehrer), Marie-Luise Dreßen (Komponist), Ricardo Tamura (Tenor/Bacchus), Kim Sheehan (Zerbinetta), Kirsten Blanck (Primadonna/Ariadne), Birger Radde (Harlekin), Peter Paul Haller (Scaramuccio), Bernhard Hänsch (Truffaldino), Fritz Feilhaber (Brighella), Julia Sophie Wagner (Najade), Christina Bock (Dryade), Paula Rummel (Echo), Peter Projtchev (Offizier), Michael Siemon (Tanzmeister), Heiko Retzlaff (Perückenmacher), Sindre Ogaard (Lakai)
Besuchte Aufführung: 22. Januar 2010 (Premiere)
Kurzinhalt
Im Vorspiel erfährt das Publikum, daß anlässlich eines rauschenden Festes eines reichen Wieners die neue Opera seria „Ariadne auf Naxos“ eines talentierten, jungen Komponisten uraufgeführt werden soll. Als anschließende Gemütserfrischung wünscht der Gastgeber eine komische Tanzeinlage mit Gesang durch eine Commedia-dell’arte-Truppe. Unerwartet wird die festgelegte Programmfolge umgestoßen, und der reiche Herr verlangt die Zusammenlegung von ernster Oper und Komödie. Der Komponist fühlt sich in seiner künstlerischen Freiheit beschnitten, aber Zerbinetta, Star der Komödianten, kann ihn beschwichtigen. Die anschließende Oper in einem Akt erzählt die Geschichte der Ariadne, welche von ihrem Verlobten Theseus auf Naxos zurückgelassen wird. In unendlicher Trauer über ihr Schicksal ersehnt sie sich den Tod. Zerbinetta und ihre Truppe versuchen erfolglos, durch Tanz und Gesang Ariadne zu trösten und abzulenken. Als unerwartet der Gott Bacchus, gerade den Fängen der Zauberin Circe entkommen, auf der Insel ankommt, hält Ariadne ihn zunächst für den Todesboten und folgt ihm auf sein Schiff.
Aufführung
Die Geraer Inszenierung verlegt die Handlung beider Werkteile in unsere Zeit, wobei auf Schlichtheit geachtete wurde und Bühnenbild wie Kostüme einen zeitlosen Charakter bekommen haben. In einem kurzen pantomimischen Vorspiel während des Einlasses wird das Publikum mit dem Theateralltag konfrontiert: Auf der Bühne, dekoriert mit dem alten Prospekt eines barocken Wandgemäldes, schieben Techniker ein Klavier hin und her und stören dabei den Komponisten bei den letzten Änderungen an seiner neuen Oper. Die Kostüme wie auch die szenische Anordnung auf der Bühne erzeugen eine klare Trennung von Seria- und Buffo-Personal. Die Commedia-dell’arte-Truppe in Motorradbekleidung wird zur Rockband umgedeutet. Das Bühnenbild für die eigentliche Oper besteht aus einer Spiegelung des Geraer Zuschauerraums, allerdings halb ruinös. Er ist mit Girlanden und einer langen, festlichen Tafel mit großer Hochzeitstorte dekoriert. Zerbinetta, in leuchtend rotem Glitzerkleid als Kontrast zu Ariadne im weißen Hochzeitskleid, und ihre Kollegen bilden das Hochzeitsorchester.
Sänger und Orchester
Die besten Sänger dieses Opernabends waren Marie-Luise Dreßen (Komponist) und Kim Sheehan (Zerbinetta). Beide Sopranistinnen begeisterten mit ihrer Leistung vor allem im Gesang, aber auch darstellerisch. Im Gegensatz zu ihnen spielten die anderen Darsteller aufgesetzt und ausdruckslos. Marie-Luise Dreßen gab eine charakterreiche Darstellung des übersensiblen, träumerischen Komponisten, so wie man sich ihn im 19. Jahrhundert vorstellte. In ihren anspruchsvollen Passagen brillierte die junge Sängerin mit ihrer schlanken, hohen Stimme und schuf dennoch romantisches Pathos. Die weit auseinander liegenden Tonsprünge und abrupten Wechsel von hohen Legato-Phrasen zum Parlando gelangen ihre ohne Schwierigkeiten. Kim Sheehan faszinierte das Publikum mit ihrem Kommt der neue Gott gegangen mit technisch einwandfrei gesungenen Koloraturen. Die dramatische Sopranistin Kirsten Blanck (Ariadne) und der Helden-Tenor Ricardo Tamura (Bacchus) machten im Lamento der Ariadne und der Schlußapotheose ihrem Fach alle Ehre. Das Philharmonische Orchester Gera-Altenburg unter der Leitung von Eric Solén blieb trotz der farbigen Komposition blaß, zurückhaltend und untermalte lediglich das Bühnengeschehen. Nur vereinzelt konnte man die klanglichen Möglichkeiten des Orchesters erahnen.
Fazit
Mathias Oldag gelingt ein augenzwinkernder Blick auf den Theateralltag und eine ironische Betrachtung der vorgeblichen Konkurrenz von U- und E-Musik. Wenn noch vor dem Fall des Vorhangs das Opernpersonal sich bei der Apotheose erhebt, als sei nichts geschehen, stirbt die Illusion und dem Zuschauer wird das Theaterstück in dem Theaterstück als solches bewußt gemacht. Musikalisch und darstellerisch war die Premiere ein Opernabend mit Höhen und einigen Tiefen.
Josephin Wietschel
Bild: Stephan Walzl
Das Bild zeigt: Kim Sheehan (Zerbinetta) und ihre Kollegen (Birger Radde, Bernhard Hänsch, Fritz Feilhaber und Peter Paul Haller) versuchen Kirsten Blanck (Ariadne) zu erheitern