Leipzig, Oper – DIE LIEBE ZU DREI ORANGEN

von Sergej Prokofjew, Text: Sergej Prokofjew, UA: 30. Dezember 1921, Chicago
Regie: Wolfgang Engel, Bühne: Andreas Jander, Kostüme: Michael Sieberock-Serafimowitsch
Dirigent: Roland Kluttig, Gewandhausorchester und Chor der Oper Leipzig, Choreinstudierung: Sören Eckhoff
Solisten: Roman Astakhov (König und Kreonta), Michael Baba (Prinz), Jean Broekhuizen (Prinzessin Clarice), Morgan Smith (Leander), Martin Petzold (Truffaldino), Viktorija Kaminskaite (Ninetta), Jürgen Kurth (Pantalone), Tuomas Pursio (Zauberer Celio), Susan Maclean (Hexe Fata Morgana), Jennifer Porto (Smeraldina), Friedhelm Eberle (Prinzipal der Theatergruppe und Farfarello)
Besuchte Aufführung: 12. Februar 2010 (Premiere)

Kurzinhalt
leipzig-drei-orangen.jpgProkofjews Märchen für Erwachsene ist ein Lustspiel über einen Prinzen, der erst an hypochondrischen Depressionen leidet und nicht lachen kann, bis er sich über die böse Zauberin Fata Morgana schieflacht und schließlich von dieser verhext wird, sich in drei Orangen zu verlieben, aus denen er sich seine große Liebe schält.
Aufführung
Ein Spiegelbild des Zuschauersaals stellte die Bühne dar. In der Mitte war ein Podest, das in der Höhe bei mehreren Gelegenheiten verändert wurde und mal als Bühne auf der Bühne oder als große Tafel fungierte, dahinter mehrere Sitzreihen, in welchen „echte“ Zuschauer und auch die Darsteller saßen. Während des dritten und vierten Aktes wurde die Bühne zur Küche der Kreonta, die eher an eine Pathologie erinnerte, zum Gefangenenlager und zum Thronsaal umgebaut. Insgesamt wurde die Bühne sehr häufig verändert, zumeist während längerer Orchesterpassagen oder während vor dem Vorhang gespielt wurde, so daß die Handlung anschließend ungestört weitergehen konnte. Die Kostüme wiesen keine gemeinsame Linie auf, nur die einzelnen Gruppen, die im Prolog zu Worte kamen, hatten ein einheitliches Konzept. Auffallend jedoch, daß die meisten weiblichen Figuren stets Reizwäsche trugen.
Sänger und Orchester
Roman Astakhov (König und Kreonta) hatte zu Beginn der Vorstellung etwas Mühe, seinen Baß in voller Kraft zu entfalten und wirkte daher im ersten Akt recht blaß. Ab dem zweiten Akt bewegte er sich sicher durch die Partie und sorgte als in Reizwäsche gekleidete Köchin für Slapstick-Komik. Eine gute Darbietung war von Michael Baba (Prinz) zu erleben. Gesanglich war er einer der Höhepunkte, sein Spiel paßte gut zur komisch-romantischen Auslegung seiner Rolle. Martin Petzold stellte den Spaßmacher Truffaldino witzig dar, was ihm nach gefallenem Vorhang, auch wegen seiner Gesangsdarbietung, den einen oder anderen Bravoruf einbrachte. Die beiden Bösewichte am Hofe, Jean Broekhuizen (Clarice) und Morgan Smith (Leander), überboten sich gegenseitig in der übertriebenen Zurschaustellung von Hinterlist und Durchtriebenheit und sangen ihre Partien ordentlich. Ebenfalls Heiterkeit weckend präsentierte sich Jürgen Kurth (Pantalone), der unnachgiebig über die Bühne humpelte und sein lahmes Bein vielleicht ein paar Male zu häufig zum Spaßen nutzte. Seine Sangeskunst verdient jedoch viel Lob, so wie die von Tuomas Pursio (Celio), Susan Maclean (Fata Morgana) und Jennifer Porto (Smeraldina). Letztere versetzte das Publikum wegen ihrer jugendlichen Frische in Verzückung.
Das Gewandhausorchester unter der Leitung von Roland Kluttig war unbestreitbar das Glanzlicht an diesem Abend. Kluttig verstand es, sowohl Orchester als auch das Ensemble auf der Bühne von der besten Seite zu zeigen. Es gelang ihm, eine emotionale Dichte aufzubauen.
Fazit
Größtenteils war diese Aufführung szenisch viel zu überzogen. Mit radikaler Gewalt, so schien es, wollte der Regisseur Komödie, Slapstick, Travestie und Schockelemente miteinander verbinden. Was dabei herauskam, war ein Flickenteppich, der keinen roten Faden hatte. Zwar liefern das Libretto und die sich immer wieder dem Gestus der Situation anpassende Musik eine dafür geeignete Vorlage, doch der Funke sprang nicht über – es war bei allem ein bißchen zu viel. Das trübte in manchem Moment das Vergnügen an der Vorstellung. Was blieb war jedoch die hervorragend interpretierte Musik, wegen der sich der Besuch auf jeden Fall lohnt.

Tom Zackl

Bild: Andreas Birkigt
Das Bild zeigt: Michael Baba (Prinz) und Viktorija Kaminskaite (Ninetta)

Veröffentlicht unter Leipzig, Oper, Opern