EIN MASKENBALL – Freiburg, Theater

von Giuseppe Verdi (1813-1901), Oper in drei Akten, Libretto: Antonio Somma UA: 1859, Rom, Teatro Apollo
Regie: Joan Anton Rechi, Bühne: Alfons Flores, Kostüme: Moritz Junge, Licht: Michael Philipp, Video/Animation: Martin Urrigshardt, Dramaturgie: Dominica Volkert
Dirigent: Gerhard Markson, Philharmonisches Orchester Freiburg, Opernchor, Choreinstudierung: Bernhard Moncado
Solisten: Germán Villar (Riccardo), Juan Orozco (Renato), Rossella Ragatzu (Amelia), Anja Jung (Ulrica), Lini Gong (Oscar), Matthias Flohr (Silvano), Jin Seok Lee (Samuel), Gary Jankowski (Tom), Volker Stief (Richter), Ulrich Himmelsbach (Diener)
Besuchte Aufführung: 13. März 2010 (Premiere))

Kurzinhalt

Freiburg-Ein-MaskenballDer durch eine Verschwörung bedrohte Graf Riccardo liebt heimlich Amelia, die Frau seines besten Freundes und Sekretärs Renato. Als er sie zufällig beim Besuch der Wahrsagerin Ulrica belauscht, erfährt er, daß sie ihn ebenfalls liebt. Riccardo beschließt, ihr zu folgen. Zuvor jedoch prophezeit ihm Ulrica, er werde vom demjenigen ermordet, der ihm die Hand gibt. Nichtsahnend begrüßt er kurze Zeit später Riccardo per Handschlag. In derselben Nacht treffen Riccardo und Amelia auf dem Richtplatz aufeinander. Obwohl sie ihren Gefühlen zum Grafen abschwören will, ringt dieser ihr ein Liebesgeständis ab. Da erscheint Renato, der Riccardo vor den herannahenden Verschwörern retten will. Riccardo flieht, aber in Gegenwart der Verschwörer erkennt Renato seine Frau und schließt sich ihnen aus Rache an. Zwar schwören sowohl Riccardo als auch Amelia ihrer Liebe füreinander ab, doch auf einem Maskenball am nächsten Abend erscheint der davon nichts ahnendem Renato und ersticht den Grafen. Dieser verzeiht ihm im Sterben.
Aufführung
In Freiburg wird nicht die ursprüngliche und heutzutage gängige Version von Ein Maskenball aufgeführt, die das Geschehen um den schwedischen König Gustav III. in Stockholm verortet, sondern die Fassung, in der die Handlung, aus Gründen der päpstlichen Zensur zu Verdis Zeit, nach Boston verlegt wurde und daher einige Figuren andere Namen haben. Zudem wird die Oper teilweise einer Aktualisierung unterzogen: aus dem Grafen Riccardo wird eine Art John F. Kennedy, der durch seine Popularität den Unwillen der konservativen Verschwörer erregt.
Der Bezug zu Amerika wird unter anderem mittels der USA-Flagge, die auf eine große Leinwand projiziert wird, unterstrichen. Eine weitere Besonderheit dieser Aufführung liegt darin, daß sie mit dem Ende der Handlung beginnt: Während der Ouvertüre sieht man Riccardo bereits in einem Sarg liegen, aus dem er sich dann erhebt. So wird aus der gesamten Oper eine Art Rückschau der Ereignisse, die zu dem Mord an ihm geführt haben. Das Bühnenbild des zweiten und dritten Aktes besteht aus einem Baugerüst, auf dem Amelia Riccardo im zweiten Akt ihre Liebe gesteht, während sich im dritten Akt die fantasievoll kostümierten Gäste des Maskenballs zwischen den Metallstangen hin und her bewegen.
Sänger und Orchester
Musikalische befindet sich die Aufführung auf solidem Niveau. Im Tutti kommt es beim Philharmonischen Orchester Freiburg unter Gerhard Markson in den aufgewühlteren Abschnitten zwar manchmal zu Ungenauigkeiten, doch stimmt dafür die Balance zwischen Orchestergraben und Bühne, so daß der Gesang nie übertönt wird. Germán Villar gibt als Riccardo nicht nur schauspielerisch als politisches Oberhaupt, sondern auch als Heldentenor eine gute Figur ab. Gleichwohl wirkt sein Vortrag genau wie der Juan Orozcos (Renato) in der Höhe gelegentlich zu scharf. Daß fehlende stimmliche Durchschlagskraft nicht das Problem der Freiburger Aufführung ist, demonstriert auch Rossella Ragatzu als Amelia. So fällt es dank ihres weichen Soprans und der geschmeidigen Registerwechsel kaum auf, daß sie fast gar keine leisen Töne anschlägt. Ebenfalls im Dauerforte bewegt sich Anja Jungs von der Bühnenpräsenz her imponierende Ulrica, wobei auch sie in der Höhe ab und zu ins Grelle ausbricht. Lini Gong übt sich als Oscar stimmlich eher in Zurückhaltung, gibt die Diener-Rolle ansonsten aber sehr keck. Jin Seok Lee (Samuel) und Gary Jankowski (Tom) verstrahlen als Verschwörer-Duo die nötige Bosheit. Wunderbar ironisch im Tonfall und rhythmisch präzise gestaltet der Opernchor des Theater Freiburg die Verspottungszene am Ende des zweiten Aktes.
Fazit
Joan Anton Rechis um Aktualisierung bemühte Inszenierung weist einige originelle Ansätze auf, ohne jedoch über ein schlüssiges Gesamtkonzept zu verfügen. Warum genau man sich für die Boston-Fassung entschieden hat, wird nicht ganz deutlich, denn die Anspielungen auf die amerikanische Politik beschränken sich lediglich auf den ersten Akt. Dementsprechend waren im herzlichen Publikumsapplaus Buhs für die Regie zu vernehmen. Musikalisch dürfte der Freiburger Maskenball sicher zufriedenstellen.

Aaron Sayed

Bild: Maurice Korbel
Das Bild zeigt: Ensemble mit verschiedenen Masken

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