DAS RHEINGOLD – Paris, Opéra Bastille

von Richard Wagner (1813-1883), Vorabend zum Bühnenfestspiel Der Ring des Nibelungen, Libretto vom Komponisten, UA: 22. September 1869 München
Regie: Günter Krämer, Bühne: Jürgen Bäckmann, Kostüme: Falk Bauer
Dirigent: Philippe Jordan, Orchestre de l´Opéra National de Paris
Solisten: Falk Struckmann (Wotan), Kim Bergley (Loge), Peter Sidhom (Alberich), Sophie Koch (Fricka), Caroline Stein (Wellgunde), Daniela Sindram (Wellgunde), Nicole Piccolomini (Floßhilde), Wolfgang Ablinger-Sperrhacke (Mime), u.a.
Besuchte Aufführung: 13. März 2010 (Premiere: 4. März 2010)

Kurzinhalt
Die Rheintöchter hüten das das Rheingold. Der Nibelung Alberich verflucht die Liebe und entreißt dem Fluß das Gold. Daraus schmiedet er einen Ring, mit dem er sich die Nibelungen unterwirft. Unterdessen haben die Riesen Fasolt und Fafner im Auftrag Wotans, des höchsten Gottes, eine Burg für die Götter errichtet und verlangen den vertraglich vereinbarten Lohn: die Göttin Freia. Der Gott Loge schlägt vor, Freia gegen den Ring einzutauschen. Gemeinsam mit Wotan gewinnt er durch eine List von Alberich den Ring, welchen der Nibelung verflucht: Nach seinem Besitz sollten alle streben, doch sein Besitzer in ständiger Furcht leben. Wotan verfällt dem Fluch, gibt den Ring aber auf Raten Erdas dem Riesen Fasolt als Lohn. Fasolt wird von seinem Bruder Fafner erschlagen. Die Götter ziehen in Walhall ein.
Aufführung
Der Grund des Rheins ist in der ersten Szene eine völlig schwarze Bühne, die lediglich von aufsteigendem grünen Nebel und einer linear angeordneten Reihe rot angeleuchteter Arme durchbrochen wird, die sich wie Algen auf und ab bewegen. Während in Nibelheim eine große, goldene, runde Säge ohne Unterlaß vor einem Spiegel über dem Rheingold hin und her pendelt, präsentiert sich der Götterhimmel in Form einer begehbaren Erdkugel mit einem „Fenster“ zur Welt und umrahmt von weißen Flaggen, auf denen „Germania“ prangt. Bei der Ankunft der Riesen werden Bühne und Zuschauerraum von einer Armee mit blutroten Flaggen gestürmt, während Flugblätter auf das Publikum niederregnen. In der vierten Szene enthüllen die Götter das hinter einem bühnengroßen Vorhang mit Himmelmotiv versteckte, goldglänzende und aus stufenförmig angeordneten Plateaus bestehende Walhall. Neben den Göttern, die – mit Ausnahme Loges, der mit Clowngesicht und im Anzug auftritt – in weißen Hosen bzw. Röcken sowie hautfarbenen Oberteilen erscheinen, treten die Rheintöchter in hautfarbenen, engen Kleidern und die Nibelungen in Bergwerkarbeitskleidung auf.
Sänger und Orchester
Die musikalischen Glanzpunkte des Abends setzten Falk Struckmann als Wotan und Peter Sidhom in der Rolle des Alberich. Struckmann gelang es einschränkungslos, der Würde und Macht des höchsten Gottes mit seinem voluminösen Baß Ausdruck zu verleihen, was besonders an Stellen wie Vollendet das ewige Werk (…) prachtvoll prahlt der prangende Bau! (2. Szene) oder Nun halt´ ich, was mich erhebt (4. Szene) zu hören war. Indes überzeugte Sidhom sowohl sängerisch durch Qualität in Ausdruck und Intonation als auch mit einer schauspielerischen Leistung, die vor allem an Schlüsselstellen wie dem Ringfluch (4. Szene) zum Einsatz kam. Demgegenüber ließ die Eröffnungsszene der Rheintöchter Caroline Stein, Daniela Sindram und Nicole Piccolomini Weia! Waga! einiges zu wünschen übrig. Zwar wies die Deutlichkeit in der Aussprache keinerlei Mängel auf, dafür jedoch die Intonation, was sich fatal auf den Gesamtklang auswirkte und wenig von der naturhaften Reinheit übrig ließ, die man sich an dieser Stelle erwartet. Kim Bergley als Loge wurde der Listigkeit und dem Witz seiner Figur zwar größtenteils gerecht, doch ließ er die nötige Leichtigkeit manchmal in seinem zu schwermütigen, schleppenden Gesang vermissen (2. Szene Nur einen sah ich, der sagte der Liebe ab). Sophie Koch in der Rolle der Fricka präsentierte die Göttin mit dynamischem Facettenreichtum (Bsp. 2. Szene Wotan! Gemahl! Erwache!). Problematisch ist jedoch ihr übertrieben starkes Vibrato, ohne das einige Passagen deutlich an Durchsichtigkeit gewonnen hätten. Schauspielerisch und im musikalischen Ausdruck seiner Figur vollends gerecht wurde Wolfgang Ablinger-Sperrhacke als Mime. Ihm gelang es in der 3. Szene, die schmerzliche Geschichte der Unterwerfung der Nibelungen durch Alberich überzeugend zu schildern. Das Orchestre de l´Opéra National de Paris unter der Leitung von Philippe Jordan kämpfte sich an diesem Abend regelrecht durch die Wagnerischen Leitmotive. Die schwerfällige Angestrengtheit der Blechbläser, denen es zudem an Sauberkeit in der Intonation mangelte, konnte auch die Eleganz und klangliche Differenziertheit der Holzbläser und Streicher nicht ungeschehen machen.
Fazit
Ein durchwachsener Opernabend mit Glanzpunkten und Makeln, den das Publikum dennoch mit begeistertem Applaus belohnte.

Friederike Jurth

Bild: Elisa Haberer
Das Bild zeigt: Falk Struckmann (Wotan) auf dem Gipfel der Erde

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