Oper Köln – L’ITALIANA IN ALGERI

von Gioacchino Rossini (1792-1868), Dramma giocoso in zwei Akten, Libretto: Angelo Anelli
UA: 22. Mai 1813, Venedig, Teatro San Benedetto
Dirigent: Enrico Delamboye, Orchester: Gürzenich Orchester in Köln, Chor: Herrenchor der Oper Köln(Irina Bekowski)
Solisten: Reinhard Dorn (Mustafà), Katharina Leyhe (Elvira), Adriana Bastidas Gamboa (Zulma), Shannon Chad Foley (Haly), Juan Diego Flórez (Lindoro) Viola Zimmermann (Isabella), Johannes Beck (Taddeo)
Besuchte Aufführung: 7. Dezember 2007 (Premiere 17. November 2007)

Kurzinhalt
Italienerin in AgierMustafà will eine neue Frau. Elvira, seine Frau, langweilt ihn entsetzlich. Da kommt die Beute eines italienischen Schiffs mit der reizenden Signorina Isabella ihm gerade recht. Aber der Italiener Lindoro, ebenfalls durch Schiffsüberfall in Gefangenschaft geraten, ist nicht erbaut davon, daß seine Geliebte sich scheinbar dem unbeschränkten Herrscher andient. Doch Isabella weiß, den lüsternen Mustafà sich vom Hals zu halten, ihn aber gleichzeitig vor Liebe irre zu machen. Mustafà allerdings will den quirligen Italiener mit Elvira verheiraten. Für den Bey läuft dabei alles schief: Isabelle flieht zusammen mit Lindoro und Taddeo, Isabellas tolpatschigem Verehrer. Der Aussöhnung mit seiner Frau kann Mustafà nun nicht mehr entgehen.
Vorbemerkung
Diese heitere Geschichte faßt man normalerweise als Liebesgeschichte von Isabella und Lindoro auf. Es ist aber eine Parodie auf die damals wie heute angebetete Primadonna (s. Anna Netrebko?): ein Tenor (Lindoro), ein Baß (Mustafà) und ein Bariton (Taddeo) umschwärmen eine selbstsichere Primadonna (Isabella). Dies hatte der Ironiker Rossini im Sinn. Darüber hinaus ist das Ganze eine Persiflage auf die Opera seria im Gewande einer Opera buffa.
Die Aufführung
Im vollbesetzten Haus erwarten alle mit Spannung Juan Diego Flórez. Sein Auftritt in der dritten Szene mit Languir per una bella – sich nach einer Schönen sehnen wird von einem sauber geblasenen Hornsolo eingeleitet. Im dritten Takt erscheint der hübsche Peruaner, der Langersehnte. Einigen rutschen dabei die Hände zum Begrüßungsapplaus aus, nicht gerade höflich gegenüber dem Hornist mit seinem gerade gespielten Solo! Zum Glück gab’s nur wenige Enthusiasten. Flórez’ Aussprache ist deutlich, die Stimme fest, die Intonation sicher, obwohl er sich mit einigen Schleifern bei den höheren Tönen stabilisiert. Nun, auch ein routinierter Sänger muß sich einsingen. Ansonsten war er überragend und erfreute mit seiner lyrischen Stimme. Dennoch war auszumachen, daß seine Stimme ihre frühere faszinierende Schlankheit etwas eingebüßt hat. Flórez muß ja meist in sehr großen Häusern singen, z.B. in der New Yorker Met mit ihren 3000 Plätzen. Da muß die Stimme durchdringen. Auch die hohen Cs wurden leider mit Brustregister gesungen, etwas, was Rossini durchaus ablehnte. Aber dem sympathischen Sänger sollte man das nachsehen: sein schauspielerisches Agieren war im übrigen eine Augenweide. Des öfteren mußte er sich umziehen. Am besten stand ihm die Soldatenuniform.
Einem solchen Weltstar gegenüber hatten es die anderen Akteure schwer. Aber sie konnten in ihrem Part bestehen. Ganz schlecht fand ich allerdings die Aussprache aller. Man glaubt wohl, da man sich in Deutschland befindet, braucht es kein deutliches Italienisch? Aber, daraus resultiert eine schlechte Vokalisation. Das vergißt man allzu häufig. Reinhard Dorn als großer Bey Mustafà machte sich gut. Das Komödiantentum ist ihm auf den Leib geschrieben. Johannes Beck (Taddeo) war genauso umwerfend in seiner kurzen Hose und seinem riesigen Turban. Stimmlich war er auf der Höhe. Viola Zimmermann (Isabella) mühte sich redlich, ihre Belcantotechnik war allerdings nicht überzeugend. Um die Primadonna als Mittelpunkt der Oper darzustellen, fehlte ihr leider doch einiges. Die Ensembles, vor allem der Schluß (die Stretta der Cabaletta) des ersten Akts, wurde mit dem Chor zusammen gut hingelegt. Großen Anteil daran und überhaupt am ganzen Geschehen ist dem Gürzenich-Orchester zu verdanken, wobei der umsichtige Dirigent, Enrico Delamboye, manchen Gesangslapsus elegant ausglich.
Noch ein Wort zu Bühne und Kostümen: Jean-Pierre Ponnelle konnte mit seinem Einheitsbühnenbild doch die ganze orientalische Atmosphäre geschickt einfangen. Grischa Asagaroff hielt sich mit allem eng an die vorgegebene Vorlage des unvergessenen Ponnelle, der diese Inszenierung in Wien 1987 erstmals schuf.
Dr. Olaf Zenner                                                           Bild: Klaus Lefèvre

Veröffentlicht unter Köln, Bühnen der Stadt, Opern

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