London Covent Garden – Royal Opera House – LA CENERENTOLA

von Gioachino Rossini, Dramma giocoso in zwei Akten, Libretto von Jacopo Ferretti. UA: 25. Januar 1817, Rom
Regie: Moshe Leiser/Patrice Caurier, Bühnenbild: Christian Fenouillat, Kostüme: Agostino Cavalca
Dirigent: Evelino Pidò, Orchester, Chor: Royal Opera House, Choreinstudierung: Renato Belsadonna
Solisten: Magdalena Kožená (Angelina), Toby Spence (Ramiro), Stéphane Degout (Dandini), Lorenzo Regazzo (Alidoro), Alessandro Corbelli (Don Magnifico), Elena Xanthoudakis (Clorinda), Leah-Marian Jones (Tisbe), u.a.
Besuchte Aufführung: 17. Dezember 2007, Wiederaufnahme 17.12.2007 (Premiere: 16.12.2000)

Kurzinhalt
La CenerentolaFerrettis Libretto setzt das bekannte Aschenputtel-Märchen in den Haushalt Don Magnificos, eines verarmten Barons. Dieser lebt zusammen mit seinen eingebildeten Töchtern Clorinda und Tisbe und träumt vom künftigen Reichtum durch deren fürstliche Verheiratung. Seine Stieftochter Angelina (Cenerentola) ist das Dienstmädchen für alle.
Um einen Erben zu bekommen, muß sich Prinz Ramiro verheiraten. Er will aber eine Frau, die er achten und lieben kann. Daher tritt sein Kammerdiener Dandini in den kostbaren Kleidern des Prinz Ramiro zur Brautschau an. Außerdem schickt er den als Bettler verkleideten Alidoro vor, um Don Magnificos Töchter auszukundschaften. Der „Prinz“ Dandini wird sofort nach Erscheinen von Tisbe und Clorinda heftig umworben. Sein „Kammerdiener“ Don Ramiro ist allerdings fasziniert von der abseits am Kamin stehenden Angelina. Don Magnifico und seine Töchter werden ins Schloß eingeladen, nicht aber Angelina. Doch Alidoro bringt sie heimlich zum Schloß.
Auf dem Schoß trinkt sich Don Magnifico durch 30 Weinsorten und erwirbt so die „Ehre eines fürstlichen Kellermeisters“. Beim offiziellen Ball kann sich Dandini vor der Aufdringlichkeit von Tisbe und Clorinda kaum retten. Da erscheint plötzlich Angelina und verwirrt alle durch ihre Ähnlichkeit mit Aschenputtel (Cenerentola). Im Sturm erobert sie sich Don Ramiros Herz. Beim Verlassen des Balls übergibt sie Ramiro ihren Armreif. Nun ist er auf der Suche nach seiner Angebeteten. Durch Zufall betritt Ramiro das Haus Don Magnificos und findet Angelina, die er am Armreif erkennt. Ohne Zögern nimmt er sie zur Verlobten, sehr zum Entsetzen Don Magnificos und seiner Töchter. Trotz ihres vorrausgegangenen Kummers verzeiht Angelina ihrer Familie.
Die Aufführung
Die derzeit immer wieder auf den Bühnen anzutreffende 50er-Jahre-Mode findet sich in der Leiser/Caurier-Koproduktion erneut im Royal Opera House.
Das eher nüchterne Bühnenbild von Christian Fenouillat stand in starkem Kontrast zu den üppig-farbenfrohen Kostümen Agostino Cavalcas. Die Inszenierung glänzte mit guten Einfällen, wirkte aber insgesamt überladen und deplaziert. In seinem Kostüm sah der Prinz aus als würde er geradewegs aus den Bahamas kommen. Er wird vom Blitzlichtgewitter der New Yorker Trenchcoatfotografen begrüßt, um im verblichenen Glanz von Magnificos Blümchentapetenpalast von seinen Töchtern in ihren knallgelben und orangenen Kleidern verehrt zu werden. Alidoro in Frack mit bunter Schärpe und Engelsflügeln entführt Angelina in einem himmelblauen vierziger Jahre Bentley Automobil zum Ball. Die Interpretation der Angelina als staksige und ängstliche Verliererin erschien mir etwas deplaziert in diesem realistischen Märchen und widerspricht der eigentlichen Botschaft von Ferretti/Rossini.

Nicht immer wurde die eigentlich recht bekannte Sängerschar den filigran ausgearbeiteten Linien Rossinis wirklich gerecht. Der beim britischen Publikum recht beliebte Alessandro Corbelli (Don Magnifico) enttäuschte durch häufige für ihn untypische Koloraturverschleifung – ein Beleg dafür, daß Effizienzeinsparungen nicht immer funktionieren. Sein Gesang wirkte abgelenkt, vielleicht durch eine krampfhaft komische Ausarbeitung seiner Rolle, die den eigentlich völlig ausreichenden Witz des Librettos eher vergröberte.
Magdalena Kožená war jedoch durch ihren wunderschön klaren Mezzosopran beeindruckend. Ihr Gegenpart Toby Spence (Don Ramiro) verblüffte durch seinen hellen Tenor. Ein überzeugender Stéphane Degout (Dandini) strahlte mit Klarheit und meisterhaft gesungenen halsbrecherischen Koloraturen, die ihm trotz vorheriger Ankündigung einer Unpäßlichkeit nicht den Hals zu brechen schienen. Im Duett (oder Duell) un segreto d’importanza mit Alessandro Corbelli (Don Magnifico) ging er als der klare Gewinner hervor. Evelino Pidò dirigierte ein geschmeidig spielendes Orchester, eindrucksvoll ergänzt durch die fabelhaften Chöre.
Insgesamt ein gesanglich recht gemischter und – bezüglich der Interpretation – glanzloser Abend.

Dr. Dominik Zenner                                                               Bild: Johan Persson

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