ORPHEUS – Magdeburger Telemann Tage

von Georg Philipp Telemann (1681–1767), Oper in drei Akten, Libretto vom Komponisten nach Michael Du Boullay, UA:1726 Hamburg
Regie: Jakob Peters-Messer, Bühne: Markus Meyer
Dirigent: David Stern, Opera Fuoco (Paris), Opernchor des Theaters Magdeburg
Solisten: Luanda Siqueira (Orasia), Pierrick Boisseau (Orpheus), Dana Marbach (Euridice), Caroline Meng (Ismene), Peter Diebschlag (Eurimedes), Bartolo Musil (Pluto), Clementine Margaine (Ascalax)
Besuchte Aufführung: 13. März 2010 (Premiere)

Kurzinhalt
Es handelt sich um eine Variante des bekannten Orpheus-Stoffes: Die böse Prinzessin Orasia liebt Orpheus und bringt durch einen Schlangenbiß ihre Konkurrentin Euridice in die Unterwelt. Orpheus folgt ihr und kann Pluto erweichen, ihm Euridice zurückzugeben. Bedingung ist, daß er sie nicht ansieht – bis zum Verlassen der Unterwelt. Als er es dennoch tut, verliert er sie für immer. Orpheus ist nicht bereit Orasia zu erhören, worauf er von ihr umgebracht wird. Sie verzweifelt schließlich und tötet sich selbst.
Aufführung
Diese Reiseproduktion (sie wird auch in Frankreich gezeigt) benötigt wenig Dekoration und wenige Bewegungen der Kulissen. Die wichtigsten Requisiten sind ein Bett (für Orasia), eine Fototapete im Grünen und eine Trennwand, die sich heben und senken kann, um den Übergang zur Unterwelt darzustellen. Einige wenige Accessoires wie ein kleines Krokodil (für die Mordpläne der Orasia), Lippenstift (um Eurimedes anzuschmieren) oder Totenschädel als glitzernde Deko runden das Bild ab. Die zeitlosen Kostüme wirken ein wenig nichtssagend. Während die mondäne Hofgesellschaft Abendgarderobe trägt, tragen Orpheus und seine Freunde eher legere moderne Freizeitkleidung. Die Unterwelt trägt Clownskostüme, die an Stanley Kubricks Clockwork Orange oder die Kostümierung der Rockgruppe KISS erinnern. Auch das Benehmen der Unterwelt um Pluto erinnert an das Auftreten einer Rockgruppe.
Sänger und Orchester
Es ist sicherlich eine der Vorzüge dieser Produktion, daß man in allen Positionen auf Nachwuchskräfte gesetzt hat und damit in jeder Hinsicht ein einheitliches Bild erreicht hat. Der Sänger, der die meiste Aufmerksamkeit auf sich ziehen konnte, ist Bartolo Musil als Pluto, der den Charakter deutlich gerade in den tiefen Lagen und mit schönem Stimmklang auf die Bühne brachte. Seine Arie Ruhet ihr gemarterten Seelen erhielt heftigen Szenenapplaus. Da konnte Pierick Boisseau als Orpheus nichts dagegen setzen. Er war als Baß angekündigt, verfügt aber über eine baritonale Stimme mit sonore, Klang. Leider hatte er Probleme und konnte die hohen Töne nur im Falsett stemmen. Das bemerkenswerte Duett zwischen ihm und seinem Freund Eurimedes  Alles was die Liebe entflammt war hingegen eine Glanznummer. Peter Diebschlag gab diesen Eurimedes mit schönen glänzenden Tönen und tenoraler Wucht – besonders bei den hohen Koloraturen. Dana Marbach als Euridice kommt bei Telemann leider zu kurz. Das ist bedauerlich, denn ihr jugendlicher Sopran kann glockenklar entzücken, während ihrer Widersacherin Orasia dieser Glanz abgeht, da Luanda Siqueria mehr auf Dramatik setzt und zum Tremolieren neigt.
David Stern ist künstlerischer Leiter der Opera Fuoco, eines Ensembles, das sich auf Original-Instrumenten auch dem barocken Repertoire widmet. Ihr Erfahrungen im barocken Bereich können diese Musiker voll ausspielen. Dennoch ist kritisch zu bemerken, daß die Schönheiten der Telemannschen Klangbilder an diesem Abend nicht so recht zur Geltung kommen.
Fazit
Am Ende freundlicher Beifall des Publikums für eine typische zeitgenössische Interpretation einer Barockoper. Die Inszenierung ist bunt und peppig, aber leider werden Rezitative nichtssagend überbrückt oder sogar im Widerspruch zu der Handlung. Angenehm ist hingegen, daß die Nachwuchssänger in der Lage sind, die einzelnen Rollen auszufüllen, wobei man hochkarätige Leistungen nicht erwarten darf. Insgesamt also eine Durchschnittsproduktion.

Oliver Hohlbach

Bild: Nilz Böhme
Das Bild zeigt: Am Grab der Euridice stehen auch die Schlangen: Luanda Siqueira (Orasia), Pierrick Boisseau (Orpheus), Ulrika Bäume, Heidi Peters, Uta Zierenberg, Emilia Abacioaie, Anna Warnecke, Caroline Meng (Ismene),  sowie Herren des Opernchores

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