DER FLIEGENDE HOLLÄNDER – Greifswald, Theater Vorpommern

von Richard Wagner (1813-1883), romantische Oper in drei Aufzügen, Libretto vom Komponisten, UA: 1843 Dresden
Regie: Anton Nekovar, Bühne: Susanne Thomasberger, Kostüme: Christine Becke
Dirigent: Karl Prokopetz, Philharmonisches Orchester Vorpommern, Opernchor des Theaters Vorpommern, Einstudierung: Thomas Riefle, Singakademie Stralsund, Einstudierung: Günther Wolf
Solisten: Duccio Dal Monte (Holländer), André Eckert (Daland), Antje Jansen (Senta), Heiko Börner (Erik), Wiebke Damboldt (Mary), Noriyuki Sawabu (Steuermann)
Besuchte Aufführung: 17. April 2010 (Premiere)

Kurzinhalt
Daland, ein norwegischer Seefahrer, ist auf dem Weg nach Hause. Unbemerkt geht das Schiff des fliegenden Holländers neben seinem vor Anker. Der Holländer beklagt sein Schicksal: Weil er Gottes Zorn herausgefordert hatte, ist er nun dazu verdammt, bis zum Ende der Welt die Meere zu befahren. Jedes siebte Jahr geht er an Land, um eine Frau zu finden, die ihm bis in den Tod treu ist – die Bedingung für seine Erlösung. Der Holländer bietet Daland Schätze für seine Gastfreundschaft, worauf ihm dieser die Ehe mit seiner Tochter Senta anbietet. Senta, die seine Geschichte seit ihrer Kindheit kannte, begeistert der Gedanke, den Verfluchten zu erlösen. Sie erkennt ihn sofort und schwört ihm Treue. Sentas Verehrer Erik versucht, sie von der Heirat abzubringen und erinnert sie daran, daß sie einst ihm Treue gelobt hätte. Das hört der Holländer; um Senta zu retten, beschließt er, ohne sie abzufahren. Sie aber läuft ihm nach und stürzt sich ins Meer.
Aufführung
Das Bühnenbild zeigt sehr wenige Elemente. Dominierend ist eine metallene Galerie quer über die ganze Bühne. Diese bleibt die gesamte Oper hindurch bestehen. Spielt sich die Handlung auf dem Schiff ab, ist die Wand oberhalb der Galerie geöffnet. In Dalands Haus ist diese Wand geschlossen, und das Bild des Holländers hängt lebensgroß in der Mitte. Das Portrait zeigt den berühmten Wanderer über dem Nebelmehr des in Greifswald geborenen Malers Caspar David Friedrich. Die Kostüme sind diesem Bild angepaßt, also im Stil des frühen 19. Jahrhunderts gehalten. Das Schiff des Holländers taucht an der gleichen Stelle auf, so daß der Mast mit den roten Segeln den Platz des Portraits einnimmt.
Während des Vor- und Nachspiels tritt ein kleines Mädchen auf, das die junge Senta verkörpert. Zu Beginn spielt es mit einem kleinen Schiff mit roten Segeln und enthüllt das Portrait des Holländers. Am Ende hat sie neben dem Schiff noch zwei Puppen bei sich, die den Holländer und Senta darstellen; mit diesen Puppen deutet sie die von Wagner vorgesehene Erhebung der beiden in den Himmel an.
Sänger und Orchester
Die sängerische Leistung an diesem Abend war insgesamt durchwachsen. Durchweg überzeugen konnte lediglich Duccio Dal Monte (Holländer), der klangliche Fülle und Vielschichtigkeit mit großem Ausdruck vereinte. Antje Jansen (Senta) zeigte großartige Momente, schien aber besonders zu Beginn stimmlich nicht ganz auf der Höhe zu sein. Ihre Stimme brach im zweiten Akt gelegentlich, die Spitzentöne wurden schrill. Wiebke Damboldt (Mary) fiel durch ein übermäßiges Vibrato negativ auf. André Eckert (Daland), zu Beginn kernig, deutete seine Rolle mehr und mehr als eine Buffobaßpartie, betonte komische Elemente mit bauchiger Stimme und wirkte zeitweise etwas atemlos. Heiko Börner (Erik), der in dieser Rolle debütierte, wies besonders in der Höhe einen angenehmen Klang auf, war jedoch in lauteren Partien manchmal forciert und gepreßt. Noriyuki Sawabu (Steuermann) zeigte sich vielseitig in der stimmlichen Gestaltung, neigte aber im Forte zu einem blechernen Klang. Dagegen war die schauspielerische Leistung und die dramatische Gestaltung aller Sänger hervorragend, ebenso wie die des ausgezeichneten Chores.
Das Orchester zeigte sich an diesem Abend von seiner besten Seite. Nach anfänglichen Abstimmungsschwierigkeiten in der Tempogestaltung während der Ouvertüre gelang die Koordination immer besser. Nur gelegentlich war zu hören, daß die Besetzung der Streicher im Verhältnis zu den Bläsern deutlich zu gering war, was der geringen Größe des Hauses geschuldet ist.
Fazit
Die Aufführung hinterließ insgesamt einen guten Eindruck. Alle Vor- und Nachteile des kleinen Hauses machten sich bemerkbar: Einerseits fehlte der füllige Klang einer vollen Streicherbesetzung, und die Lautstärke der geübten Wagnersänger war kaum noch dem Raum angemessen. Andererseits entstand eine Stimmung voller Intimität, in der jede Regung der Sänger bemerkbar war. Die ausgezeichnete schauspielerische Leistung aller Beteiligten machte alle stimmlichen Defizite wett und sorgte für eine mitreißende Vorstellung, die vom Greifswalder Publikum verdientermaßen mit langem Applaus bedacht wurde.

Anna-Juliane Peetz

Bild: Vincent Leifer
Das Bild zeigt: Antje Jansen (Senta), links, Duccio Dal Monte (Holländer), Bildmitte, und Heiko Börner (Erik), rechts

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