Von Georg Friedrich Händel (1685 – 1759), Dramma per musica in 3 Akten, Libretto nach Carlo Sigismondo Capece, UA: 27. Januar 1733, London, deutsche Übersetzung von Peter Brenner
Regie: Ute M. Engelhardt, Bühnenbild und Kostüme: Hinrich Horstkotte, Dramaturgie: Elisabeth Wirtz
Dirigent: Jörg Pitschmann, Orchester und Statisterie des Landestheater Detmold
Solisten: Benno Schachtner (Orlando), Catalina Bertucci (Angelica), Evelyn Krahe (Medoro), Beate von Hahn (Dorinda), Jörn E. Werner (Zoroastro)
Besuchte Aufführung: 16. April 2010 (Premiere)
Kurzinhalt
Der Ritter Orlando ist hin- und hergerissen zwischen der Liebe zum Ruhm und der Liebe zu Angelica. Zoroastro drängt ihn, Angelica zu vergessen. Angelica, die einst Orlando die Treue gelobte, verliebt sich in Medoro. Die Schäferin Dorinda ist ebenfalls in Medoro verliebt, der sich zugunsten von Angelica von ihr abwendet, was Dorinda in tiefe Verzweiflung stürzt. Als Orlando die Beziehung zwischen Angelica und Medoro erkennt, wird er wahnsinnig und rasend vor Eifersucht. Er versucht Angelica zu töten, was Zoroastro verhindern kann. Orlando wird von Zoroastro betäubt und fällt in einen tiefen Schlaf. Als er erwacht, ist er wieder bei Sinnen und bereut seine Taten. Er gibt Angelica und Medoro seinen Segen und alle versöhnen sich.
Aufführung
Während der Ouvertüre werden mittels Beamer-Präsentation durch weiße Pfeildiagramme auf dem schwarzen Vorhang die Beziehungsverstrickungen der Protagonisten vorweggenommen. Der Vorhang öffnet sich und präsentiert eine trapezförmige schwarze Kulisse mit Hieroglyphen, aus der durch eine Tür Zoroastro hervortritt in dunkler Kleidung, Baskenmütze und Augenklappe. Danach öffnet sich die Kulisse zu beiden Seiten und gibt das Bühnenbild frei, welches über alle drei Akte nahezu gleich bleibt: Ein Wald bestehend aus einem mit herbstlichen Laub bedeckten Hügel und einigen an Stahlseilen befestigten hohen Bäumen ohne Baumkronen. Orlando mit langen, zotteligen Haaren liegt angelehnt einem Baum auf dem Hügel. Er trägt Teile einer Ritterrüstung, sein Schwert liegt vor ihm. Zoroastro spricht mit ihm durch einen Telefonhörer, der an einem Seil von oben heruntergelassen wird. Medoro, in beigefarbenem Anzug, schiebt ein Bett auf die Bühne zu Dorinda im schlichten, grünen Kleid. Im dritten Akt wird Angelica von fünf Kopien ihrer selbst begleitet. Sie greifen aktiv in die Handlung ein, um Angelica nach der Fesselung durch Orlando zu befreien. Orlando faßt im dritten Akt verzweifelt an die Bäume, die daraufhin aus der Baumrinde bluten. Zoroastro versetzt Orlando mittels eines Betäubungsblasrohrs in den Tiefschlaf.
Sänger und Orchester
Die Musik Händels gibt den Sängern Gelegenheit, ihre Koloraturtechnik zu zeigen. Allen voran begeistert der Countertenor Benno Schachtner (Orlando) das Publikum. Die Titelpartie setzt ein außergewöhnlich breites stimmliches Spektrum voraus. Schachtner meistert diese Rolle musikalisch wie auch darstellerisch hervorragend und erntet dafür neben einigem Szenenapplaus am Ende den größten Beifall. Catalina Bertucci (Angelica) gelingt es stimmlich und darstellerisch, dem Charakter der Angelica gerecht zu werden. Zu Beginn klingt ihre Stimme noch etwas verhalten und kraftlos, doch im weiteren Verlauf der Aufführung steigert sie sich und im dritten Akt entfaltet sich ihre Sopranstimme vollends. Evelyn Krahe (Medoro) überzeugt darstellerisch wie gesanglich in der Rolle des afrikanischen Prinzen Medoro. Ihre Altstimme klingt unangestrengt, als würde sie mit den Tönen „spielen“, was zum Charakter der Rolle paßt. Beate von Hahn (Dorinda) wurde vor der Aufführung als stimmlich angeschlagen entschuldigt, doch war es ihr nicht anzumerken. Sie verfügt über eine angenehme Sopranstimme und eine gut verständliche Aussprache. Herausragend ist ihr die Umsetzung der mit großen Tonsprüngen gespickten Arie Die Liebe ist wie ein Wind im Kopf (3. Akt) gelungen. Jörn E. Werner (Zoroastro) bewältigt mit seinem Baß alle Anforderungen seiner Partie. Seine Stimme ist kraftvoll und seine Aussprache deutlich. Das Orchester des Landestheater Detmold spielt die Musik, abgesehen von einigen kleinen Patzern, sehr solide. Die Lautstärke war im Verhältnis zu den Vokalisten ausgewogen.
Fazit
Der Regisseurin Ute M. Engelhardt gelingt mit ihrer Inszenierung, dem originalen Handlungsstrang weitgehendst zu folgen und mit modernen und teils originellen Einfällen anzureichern. Insgesamt ergibt sich ein stimmiges Ganzes. Vom Publikum gab es einige Male Szenenapplaus und am Ende tobenden Beifall. Eine gelungene Aufführung.
Britta Winkelnkemper
Bild: Michael Hörnschemeyer
Das Bild zeigt: Orlando (Benno Schachtner), Dorinda (Beate von Hahn)