von Daniel Francois Esprit Auber (1782-1871); Oper in fünf Akten; Libretto von Eugène Scribe und Germain Delavigne; UA: 1828, Paris
Regie: Andre Bücker, Bühne: Jan Steigert
Dirigent: Antony Hermus, Anhaltische Philharmonie, Opernchor, Coruso Chor und Kinderballett des Anhaltischen Theaters Dessau
Solisten: Eric Laporte (Alphonse), Angelina Ruzzafante (Elvire), Angus Wood (Lorenzo), Ulf Paulsen (Selva), Anne Weinkauf (Hofdame), Diego Torre (Masaniello), Gabriella Gilardi (Fenella, stumme Ballettrolle), Wiard Witholt, Kostadin Aguirov, Stephan Biener (Gefährten)
Besuchte Aufführung: 24. April 2010 (Premiere)
Kurzinhalt
Prinzessin Elvire und Alphonse, Sohn des spanischen Vizekönigs, treffen Heiratsvorbereitungen. Die stumme Fenella erkennt ihn als ihren Verführer. Dies provoziert ihren Bruder, den Fischer Masaniello, einen Aufstand gegen die verhaßte spanische Besatzung anzuführen. Gerade als Masaniello die Kontrolle über den Aufstand zu verlieren droht, suchen Alphonse und Elvire Schutz bei ihm, der nun den Zorn seiner rebellischen Freunde fürchten muß. Sein Freund Pietro sieht in ihm einen Verräter und potentiellen Tyrannen und vergiftet ihn. Alphonse ist es zwischenzeitlich gelungen, Truppen gegen die Revolte zu mobilisieren. Sterbend gelingt es Masaniello, Elvire vor den Rebellen zu retten, Fenella tötet sich verzweifelt selbst. Zum Schluß bricht der Vesuv aus.
Aufführung
Wir befinden uns im Neapel der Gegenwart. Nicht die Spanier haben die Stadt im Würgegriff, sondern die Camorra. Die Anhänger Masaniellos sind schwarz gekleidet und sonnenbebrillt. Die Kämpfe mit dem Gegner erfolgt mit dem Maschinengewehr. Kinder hasten eifrig spielend durch die Kulissen. All das geschieht zwischen Containerhafen und Werft, selbst die Hochzeit zwischen Alphonse und Elvire findet auf der Rückseite eines Schiffsrohbaus statt – der Vesuvausbruch fällt aus.
Sänger und Orchester
Das Duett zwischen Masaniello und Pietro Die heilige Liebe zum Vaterland und Masaniellos Arie im dritten Akt Laufet zur Rache! Die Waffen, das Feuer! sind nicht nur sehr effektvoll geschrieben, sondern auch eine gewaltige Herausforderung für jeden Tenors. Beides stellte Diego Torre (Masaniello) unter Beweis. Allerdings hatte er damit keinerlei Schwierigkeiten. Leicht und schwerelos, aber mit viel französischer Verve und hoher Durchschlagskraft sang er diese beiden Stücke. Gleiches kann man für den zweiten Tenor Eric Laporte sagen. Seine Auftritte als Alphonse im ersten Akt sind völlig an der Gesangslinie orientiert. Der dritte Tenor Angus Wood als Lorenzo hat zwar nur einige kurze Auftritte, kann aber mit eher dramatischen Ausbrüchen glänzen. Angelina Ruzzafante ist der Koloratursopran des Hauses und gewinnt das Publikum mit ebendiesen Koloraturen als Elvire mit Szenenapplaus – so als wären diese Koloraturen ganz einfach. Ulf Paulsen in der leider viel zu kurzen Rolle des Selva kann auch in einer etwas tiefer liegenden Partie mit Ausdruck und kluger Gestaltung überzeugen – als echter Opernbösewicht mit Ausstrahlung. Antony Hermus führt die Anhaltische Philharmonie und diese Produktion auf eine musikalische Entdeckungsreise, die Auber als einen Mitbegründer der Grand Opéra mehr als würdigt. Diese musikalische Fülle, die den Zuhörer fast drei Stunden mit französischem Wohlklang und Klangwolken mitreißt, führt hoffentlich zu einer Auber-Wiedergeburt.
Fazit
Ohne Zweifel eine aufsehenerregende Produktion und eine Wiederentdeckung eines wichtigen Beitrages der Musikgeschichte. Musikalisch mit drei Aufsehen erregenden Sängern herausragend besetzt. Szenisch hat man sich sehr bemüht, hat sehr viel Bewegung auf die Bühne gebracht. Atemberaubend in welchem Tempo die Bühnen-Arbeiter die Kulissen immer wieder neu zusammen schieben. Eine Revolution entfiel an diesem Abend: Auch wenn der Chor zur Pause durch den Zuschauerraum faustschwingend abgezogen ist, so ist das Publikum nicht hinterhergezogen. Das Publikum feierte die Produktion lange und stürmisch. Den Besuch einer Vorstellung kann man auf jeden Fall sehr empfehlen.
Oliver Hohlbach
Bild: Claudia Heysel
Das Bild zeigt: Den Hochzeitszug von Eric Laporte (Alphonse) und Angelina Ruzzafante (Elvire) beherrscht der Pate Selva (Ulf Paulsen).