Turandot – Mannheim, Nationaltheater

von Giacomo Puccini, Dramma lirico in drei Akten und fünf Bildern, Libretto: Giuseppe Adami und Renato Simoni, UA: 25. April 1926, Mailand, Teatro alla Scala

Regie: Regula Gerber, Bühne: Sandra Meurer, Kostüme: Dorothee Scheiffarth, Licht: Nicole Berry, Choreographie: Guido Markowitz

Dirigent: Dan Ettinger, Opernorchester, Chor, Extra-Chor und Kinderchor des Nationaltheaters Mannheim Choreinstudierung: Tilman Michael, Kinderchoreinstudierung: Anke-Christine Kober

Solisten: Caroline Whisnant (Turandot), Cornelia Ptassek (Liù), Michail Agafonov (Calaf), Frank van Hove (Timur), Jaco Venter (Mandarin), Lars Mǿller (Ping), Charles Reid (Pong), David Lee (Pang), Mario Brell (Altoum), Wayne Hobbs (Stimme des persischen Prinzen), Sibylle Vogel, Susanne Nederkorn (Junge Mädchen), Mara Bittmann / Annabel Lee (Lo-u-Ling)

Besuchte Aufführung: 8. Mai 2010 (Premiere)

Kurzinhalt

Drei Rätsel müssen gelöst werden, um Prinzessin Turandot zur Frau zu gewinnen. Bereits ein dutzend Prinzen ließen ihr Leben, da sie die Lösung nicht herausfanden. Doch Calaf, ein unbekannter Prinz, will um jeden Preis die mysteriöse Prinzessin gewinnen. Er löst nicht nur die drei Fragen, er zwingt Sie zur Gegenfrage: Bis zum Morgengrauen soll Turandot seinen Namen herausfinden, auch wenn deswegen die treue Sklavin Liù, die Calafs Vater Timur das Leben rettete, den Opfertod sterben muß.

Aufführung

An welchem Ort diese Turandot spielt, ist schwer zu sagen. Auf der Hinterbühne befindet sich ein Metallgerüst, unter dem sich ein nach hinten ansteigender Bühnenboden erstreckt. Ein Mandarin verkündet seine Ansprachen über einen Video-Oculus, der nur seine Mundpartie zeigt. Im weiteren sieht man darin eine Erscheinung Turandots sowie das vergossene Blut des ermordeten Prinzen..

Sänger und Orchester

Jaco Venters (Mandarin) Popolo di Pekino – Bürger von Peking wird aus dem Bühnenhintergrund (dem Off), durch Lautsprecher verstärkt, mit leichtem Hall gesungen, ebenso wie der Kinderchor, der in Intonation und Stimmsicherheit makellos einstudiert war. Der Chor imitiert bei Muoia! Sì muoia! – Er sterbe! Ja, er sterbe! das Wetzen der Messer. Der Opernchor zeigt sein lyrisches Einfühlvermögen im Perchè tarda la luna – Wieso zögert der Mond? Die Weiträumigkeit der auf dem Gerüst verteilten Stimmen zieht die Artikulation stark in Mitleidenschaft, was den Zerfall des Einheitsklangs wie z.B. bei Zischlauten zur Folge hatte. Ähnliches konnte man bei Lars Mǿller (Ping), Charles Reid (Pong) und David Lee (Pang), den drei Ministern, beobachten, denn ihr fermo che fai? – Halt, was tust du? fordert im Unisono und den Soli stimmliche Einheit. Im ersten Akt hatten alle drei mit der Textverständlichkeit zu kämpfen. Stimmlich bildeten sie jedoch eine geschlossene Einheit. Mario Brell (Altoum) tritt mit nasaler, substanzloser Stimme auf, was das Un giuramento atroce mi costringe – Ein bitterer Schwur bindet mich zu einem rossinischen Pace, gioa ungewollter Komik degradiert.

Caroline Whisnants (Turandot) In questa Reggia – In diesem Reich zeigt die zerrissenne Tessitura der Hauptfigur: Die Stimmgewalt im fortissimo ist beeindruckend. Ansonsten scheint sie massiv in der Tiefe, moderat in mittleren Lagen und steigert sich in den Höhen mit unangenehmen Schärfen zu einer in der Tat giftspeienden Prinzessin. Michail Agafonov (Calaf) singt seine Partie solide, wobei er in hohen Lagen an Gestaltungsspielraum und Vibrato verlor. Das Nessun dorma a Pekino – Keiner schlafe in Peking gelingt mit stimmlicher Sicherheit und rundem Klang. Unangefochten waren zwei an diesem Abend: Cornelia Ptassek (Liù). Sie zeigt in der Sterbeszene Tanto amore, segreto – So viel geheime Liebe einen dunklen, farbenreichen Sopran mit milden Spitzentönen, der beieindruckend im Pianissimo abstirbt (messa di voce). Frank van Hove (Timur) glänzt durch seine äußerst präsente Stimme, die sich leicht gegenüber der Orchestermassen durchsetzt. Sein Timbre ist klar und resolut im Ausdruck. Vor allem an Textverständlichkeit und Artikulation kann sich hier manch anderer Sänger ein Beispiel nehmen!

Fazit

Der zum Finale in den Logen auftretende Chor ist nichts Neues

Neben einer weiteren spannungsreichen musikalischen Glanzleistung Dan Ettingers läßt die Inszenierung den Zuschauer weitgehend allein, da diese sich weder durch Musik noch durch Handlung selbst erklärt. Kurz gesagt: Viel Effekthascherei mit wenig Wirkung.

Daniel Rilling

Bild: Hans Jörg Michel

Das Bild zeigt: Cornelia Ptassek (Liù), Frank van Hove (Timur)

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