von Arthur Sullivan (1842-1900), Komische Oper in zwei Akten (1879), Libretto: William Schwenk Gilbert, Broadwayfassung des New York Shakespeare Festival (1981), deutsche Fassung von Klaus Straube und Peter Zeug, UA: 30. Dez. 1879, Royal Bijou Theatre, Paignton
Regie: Andrea Schwalbach, Bühne/Kostüme: Anne Neuser, Choreographie: Cedric Lee Bradley, Licht: Herbert Janßen, Dramaturgie: Katharina Ortmann
Dirigent: Jason Weaver, Oldenburgisches Staatsorchester, Chor und Extrachor des Oldenburgischen Staatstheaters, Choreinstudierung: Thomas Bönisch
Solisten: Paul Brady (Piratenkönig), Derrick Ballard (Major General), Henry Kiichli (Sergeant), Michael Pegher (Frederick) Andreas Lütje (Samuel), Ks. Marcia Parks (Ruth), Sarah Papadopoulou (Mabel), Sharon Starkmann (Edith), Annekatrin Kupke (Kate)
Besuchte Aufführung: 4. Juni 2010 (Premiere)
Der Jungpirat Frederick feiert seinen 21. Geburtstag bei den Piraten von Penzance, bei denen er bis zu diesem Tag in Lehre war. Er will das Schiff verlassen, um ein bürgerliches Leben an Land zu führen, denn eigentlich wollte er nie Pirat sein. Seine Amme Ruth beichtet ihm, wie es überhaupt dazu kam: Ein Hörfehler ihrerseits hat dafür gesorgt, daß Frederick nicht, wie es vom Vater gewünscht, Pilot in privater Lehre geworden ist, sondern Pirat. Kurz darauf trifft Frederick auf einen Schwarm junger Mädchen, den Töchtern von Major General. Er verliebt sich in Mabel, nachdem er zunächst allen Mädchen eine Liebeserklärung gemacht hat. Doch Ruth und der Piratenkönig haben andere Pläne mit ihm: Ruth hat Frederick längst als potentiellen Ehemann ins Visier genommen, und der Piratenkönig verzichtet ungern auf den begabten Nachwuchs. Gefangen zwischen dem Pflichtgefühl eines Piraten und der bürgerlichen Welt und beseelt von der Liebe zu Mabel irrlichtert Frederick naiv zwischen den möglichen Lebenswelten. Am Ende stellt sich jedoch alles als große Farce heraus, und ein Happy End ist in Sicht.
Aufführung
Den Zuschauern wird eine rasante Komödie mit zahlreichen Effekten und viel Show geboten. Die Regisseurin setzt auf übertriebene Mimik der Sänger und Schauspieler, bunte Kostüme, witzige Choreographien und zahlreiche humoristische Details, wie z. B. eine kurze Fechtkampfszene zwischen Dirigent und Piratenkönig. Neben den großen Showeffekten hat Andrea Schwalbach auch viel Augenmerk auf Details gelegt: So wird die naive Liebe zwischen Frederick und Mabel in kurzen Augenblicken durch ein zärtliches Brillentauschen deutlich gemacht. Jede Stelle, bei der nach der Originalfassung theoretisch Ernsthaftigkeit möglich gewesen wäre, wird veralbert: so fliegen bei der Naturbetrachtung des Major General Plastik-Oktopusse durch die Luft, und Mabel erscheint als Meerjungfrau. Das Bühnenbild wird dominiert durch Elemente, die ein Segelschiff andeuten. Zahlreiche Seile hängen herab, und an beiden Seiten der Bühne sind Segel gespannt.
Sänger und Orchester
Die Originalbesetzung der Oper wird in der Broadwayfassung um die Streicher reduziert, das Orchester besteht aus Bläsern, klassischem Schlagwerk, Schlagzeug und Synthesizer. So wirkte die gesamte Aufführung, die als „komische Oper“ angekündigt wurde, wie ein Musical. Die Bläser spielten souverän die hohen, schnellen Läufe, nur vereinzelt traten Intonationstrübungen auf. An einigen Stellen war das Orchester zu laut, es überdeckte den Chor so sehr, daß der Text nicht mehr zu verstehen war. Der Chor der Piraten und der Polizisten hatte durchgängig eine gute Textaussprache und überraschte mit kleinen Einlagen im Zuschauerraum (wie u.a. einem angedeuteten Strip der Polizisten bei Ein Polizist zu sein bringt nicht viel Ruhm), ohne daß die Musik Einbußen hinnehmen mußte. Bei der Umsetzung der parodistischen Elemente von Sullivans Musik (wie unangemessene lange Koloratur und Kadenz) gelang es besonders der Sopranistin Sarah Papadopoulou als Mabel die komischen Aspekte herauszuarbeiten und darzustellen, etwa durch ein übertriebenes Vibrato. Die extremen Höhen erreichte sie mühelos. Der Tenor Michael Pegher (Frederick) wirkte daneben stimmlich unterlegen und hatte auch Probleme mit der deutlichen Textaussprache.
Diese gelang wiederum dem Bariton Derrick Ballard in der Rolle des Major General und Henry Kiichli (Baß) als Sergeant; besonders herausragend war das Couplet des Major General I am a very model of a modern Major Stanley in unglaublicher Geschwindigkeit und in englischer Sprache. Alles andere wird auf deutsch gesungen.
Fazit
Nach einem vergnüglichen Abend mit ständigem Zwischenapplaus und lang anhaltendem Beifall mit Bravorufen für alle Beteiligten bleibt lediglich die Frage, warum die Darbietung „Komische Oper“ genannt wird. Andrea Schwalbachs Inszenierung ist eindeutig ein Musical, keine Oper. Wenn man in den Kategorien des Musicals denkt, war es ein gelungener Abend, wer eine Oper erwartet, wird allerdings enttäuscht.
Annika Klanke
Bild: Johnnes J. Etter
Das Bild zeigt: Marcia Parks (Ruth), Paul Brady (Piratenkönig) und Andreas Lütje (Samuel, der Piratenleutnant)