von Charles Gounod (1818-1893), Oper in vier Akten, Libretto: Jules Barbier und Michel Carré nach Johann Wolfgang von Goethes Faust, UA: 1859 Paris
Regie: Keith Warner, Bühne: Es Devlin
Dirigent: Alexander Joel, Sächsische Staatskapelle Dresden, Chor der Sächsischen Staatsoper
Solisten: Wookyung Kim (Doktor Faust), Donnie Ray Albert (Mephistopheles), Markus Butter (Valentin), Michael Eder (Wagner), Maria Fontosh (Marguerite), Stephanie Atanasov (Siebel), Constance Heller (Marthe).
Besuchte Aufführung: 5. Juni 2010 (Premiere)
Der angesehene Doktor Faust hat sich alles Wissen angeeignet und sieht trotzdem keinen Sinn im Leben, will wieder jung und leidenschaftlich sein. Die Erfüllung dieser Wünsche ermöglicht der dämonische Mephistopheles. Dafür muß Faust seine Seele opfern. Eine leichte Entscheidung für Faust, als Mephistopheles ihm Marguerite vorstellt, der Faust fortan in leidenschaftlicher Liebe verfallen ist. Marguerites Bruder Valentin zieht mit viel Pomp in den Krieg, bittet seine Freunde Siebel und Wagner auf sie aufzupassen. Als Valentin aus dem Krieg zurückkehrt, hat Marguerite Faust ein Kind geboren. Valentin fällt im Duell mit Faust. Marguerite wird wahnsinnig, bringt ihr Kind um und wird zum Tode verurteilt. Marguerite weigert sich, ihre Seele dem Teufel zu überlassen. Sie stirbt und wird von Engeln im Himmel empfangen.
Aufführung
Keith Warner taucht die Bühne bevorzugt in mystifizierendes Halbdunkel. In diese Düsternis setzt er viele Kulissen und ebenso viele Requisiten. Diese ergeben immer wieder neue bombastische Bilder – so viele, daß mit jeder Drehung der Bühne ein neues Bild mit vielen Details zu entdecken ist. Einmal ermöglichen Spiegel einen Blick auf den Bühnenboden und fokussieren auf das Bühnengeschehen, das andere Mal ermöglicht ein sich beständig rotierender Spiegelwald vielerlei (schwierig zu erschließende) Kommentare. Dabei rotieren die Spiegel nicht nur auf der Drehbühne, sondern auch die Spiegel um die eigene Achse. Eine Glaskastenmenagerie bietet mit ihren Ausstellungsobjekten viele Assoziationen zur Handlung.
Die Kostüme sind zeitlich kaum zuzuordnen: Die Militäruniformen sind ein Sammelsurium aller möglichen Kriegsschauplätze der letzten beiden Jahrhunderte vor dem Ersten Weltkrieg, genauso wie die Krankenschwestern, Priester und Trachtengruppen zeitlos sind. Der Chor trägt von der Gründerzeit inspirierte Kostüme. Mephistopheles ähnelt mit Frack und Zylinder Sammy Davies jr. in seinen Showauftritt. Faust und Marguerite könnten auch einer La Traviata entstammen.
Sänger und Orchester
Der Sängerriege gelingt es solides Staatsopernniveau zu erreichen. Wookyung Kim ist in der Titelrolle der erfrischend strahlende Tenor mit französischem Timbre und Ausstrahlung. Ihm gelingt es in seinen Arien, französisches Feuer zu entfachen. Zwar ist Donnie Ray Albert als Mephistopheles optisch eindrucksvoll, jedoch sein Bariton mit hat technische Mängeln und die Stimme wird im Verlauf immer mehr heiser. Im Schlußterzett taucht er ab und läßt Faust und Marguerite allein, was durchaus gerne gesehen wurde, denn Maria Fontosh, die der Marguerite ihre Stimme lieh, ist ein wunderschöner runder lyrischer Sopran, der in allen Situationen zu überzeugen weiß. Die Rolle des Siebel ist bei dem runden und durchschlagsstarken Mezzo von Stephanie Atanasov in den besten Händen, ebenso wie Constance Hellers sehr dunkel timbrierter Alt die Rolle der Marthe gut gestaltet.
Alexander Joel beweist mit der Sächsischen Staatskapelle, daß man in Dresden auch im französischen Fach sich gut auskennt. Da wirkt alles sehr flüssig, die Höhepunkte sind deutlich herausmodelliert, eben ein gelungener Reißer, und es gelingt, auch das Publikum mitzureißen.
Fazit
Insgesamt beeindruckte Keith Warners Inszenierung mit drastischen, unheimlichen, manchmal auch knallbunten Bildern, die die Gefühlswelt Fausts und Margaretes widerspiegelten. Damit zeigt er eine Tendenz zur Mystifizierung des Stoffes. Zum Abschluß der Spielzeit und als letzte Opernproduktion der Ära Gerd Uecker eine auch musikalisch fesselnde Vorstellung, vom Publikum einhellig und stürmisch gefeiert: Sowohl die beiden Hauptdarsteller als auch Keith Warner wurden bejubelt. Gefeiert wurde auch auf dem Theaterplatz, wo die Oper auf Leinwand übertragen wurde. Eine nette Geste, aufgrund des Wetters immerhin ein kleiner Erfolg.
Oliver Hohlbach
Bild: Matthias Creutziger
Das Bild zeigt: Mephistopheles eröffnet den Tanz ums goldene Kalb