TANNHÄUSER UND DER SÄNGERKRIEG AUF WARTBURG – Mainz, Staatstheater

von Richard Wagner (1813-1883), Große romantische Oper in 3 Akten, Text: Richard Wagner, UA: Dresden 1845

Regie: Sandra Leupold, Bühne: Tom Musch, Kostüme: Julia Burde

Dirigent: Catherine Rückwardt, Philharmonisches Staatsorchester und Chor, Einstudierung: Sebastian Hernandez-Laverny

Solisten: Hans-Otto Weiß (Hermann, Landgraf von Thüringen), Alexander Spemamm (Tannhäuser), Patrick Pobeschin (Wolfram von Eschenbach), Alexander Kröner (Walther von der Vogelweide), Heikki Kilpeläinen (Biterolf), Lucas Vanzelli (Heinrich der Schreiber), Martin Js. Ohu (Reinmar von Zweter), Bettine Kampp (Elisabeth, Nichte des Landgrafen), Patricia Roach (Venus), Marianne u.a.

Besuchte Aufführung: 17. September 2010 (Premiere)

Kurzinhalt

Der Minnesänger Tannhäuser ist der Götterwelt im Venusberg und ihrer sündigen Bewohner überdrüssig und kehrt in die Menschenwelt zurück. Im Kreise der einstigen Rivalen soll er an einem Sängerwettstreit auf der Wartburg teilnehmen, dessen Preis Elisabeth, Nichte des Thüringischen Landgrafen und Angebetete Tannhäusers, verleiht. Doch Tannhäuser singt sein Preislied mit Verherrlichung der Venus. Nur Elisabeths beherztes Eingreifen bewahrt ihn vor dem Tode. Auf einer Bußfahrt zum Papst nach Rom soll der Sünder sein Seelenheil zurückerlangen. Doch der Papst erteilt ihm keine Absolution. So kann ihn nur Elisabeth mit ihrem Opfer retten.

Aufführung

Auf der Bühne ist im Hintergrund ein Wellblech zu sehen. Es herrscht schummriges Licht. Tische und Stühle sind zu einer riesigen quadratischen Tafel zusammengestellt. Für den Sängerwettbewerb werden die Tische zu Schulbänken mit einem Rednerpult umgestellt, schließlich ist nur noch das Pult übrig, an dem Elisabeth lehnt.

Die Figuren tragen schwarze, bis auf die freizügigen Nymphen und Jünglinge im Venusberg, zugeknöpfte Kostüme aus der Biedermeierzeit. Im Kontrast dazu Tannhäuser mit Jeans, weißem Hemd und Sneakers. Der Sängerwettstreit wird als tristes Turnier dargestellt, die adeligen Gäste applaudieren und agieren in Zeitlupe. In kleinen Heften bewertet die Gesellschaft die musikalischen Vorträge. Davon ausgenommen sind nur der hibbelige Tannhäuser und die Venus. Letztere schleicht durch die Reihen, wird aber nur von Tannhäuser wahrgenommen. Dadurch und durch seine Flucht von der Bühne am Ende des ersten Aktes wird Tannhäusers Zaudern erkennbar, seine Hin- und Hergerissenheit zwischen zwei Welten.

Meist bietet sich ein recht statisches Bild dar, sogar die Nymphen im Venusberg sind zwischenzeitlich in Reihen erstarrt und wiegen nur leicht hin und her. Doch als Tannhäuser die Venus besingt, zerfällt die Ordnung und die Adeligen stürmen wild durcheinander.

Die Übergänge zwischen den Szenen, die Wagner im Tannhäuser sorgfältig auskomponiert hat, zeigen sich dadurch, daß der Chor sich oft fast unbemerkt von der Bühne schleicht und ebenso wieder hinaufkriecht, und zwar ohne Zäsur oder vordergründiges Auf- und Abtreten. Am Ende ist Elisabeth wieder auferstanden, was die Menschenmenge jedoch nicht davon abhalten kann, auf Tannhäuser zuzudrängen.

Sänger und Orchester

Glasklar führen Fagotte, Hörner und Klarinetten in die Ouvertüre ein und bereiten den langen Weg für eine ausgewogene, bewegliche und dynamisch vielseitige Interpretation des Philharmonischen Staatsorchesters Mainz. Catherine Rückwardt gelingt es, das imposante und doch transparente Orchester soweit zurückzunehmen, daß Chor und Sänger problemlos zu hören sind. Kraftvoll und präzise auch die Passagen des Männer- sowie des gemischten Chores. Alexander Spemann (Tannhäuser) braucht zwar etwas Zeit, um sich freizusingen. Er entfaltet dann aber doch noch seinen klangschönen Tenor. Besonders hervorzuheben ist sein glanzvoller und kräftiger Gesang im dritten Akt: Im Inbrunst im Herzen, wie kein Büßer noch gelingt es ihm meisterlich, seine Wut über die Gegensätze zwischen ihm und den anderen Pilgern auszudrücken. Das Papst-Zitat singt er mit unmißverständlichem Tonfall und erregt damit ein Schmunzeln im Publikum. Patricia Roach (Venus) kann ihren kraftvollen, ausdrucksstarken, warmen und wohlklingenden Sopran entfalten und wird vom Publikum einmal mehr für ihre gesangliche Leistung gefeiert. Auch Bettine Kampp (Elisabeth) erfreut mit klarem, frischen Klang. Insbesondere in den leiseren Passagen Verzeiht, wenn ich nicht weiß, was ich beginne! (2. Akt) erzeugt sie eine enorme Spannung, öffnet dann aber wieder zum lauteren Klang mit angenehmem Vibrato. Hans-Otto Weiß (Landgraf) singt kräftig mit fülligem Baß. Die Übertitel braucht man wahrlich bei einer deutschen Wagner-Inszenierung, wenn die Aussprache der Sänger so wenig artikuliert ist wie hier.

Fazit

Für wen Musik, Gesang und Handlung der Wagneroper im Vordergrund stehen, der kommt im Mainzer Tannhäuser voll auf seine Kosten – hier lenkt kein unnötiges Beiwerk vom eigentlichen Werk ab. Es gab neben dem soliden Applaus aber auch einige Buhrufe für die Regie – für manche ist die Aufführung vielleicht einfach zu trostlos und zu statisch.

Julia Korst

Bild: Martina Pipprich

Das Bild zeigt: Hans-Otto Weiß (Landgraf) schickt Alexander Spemann (Tannhäuser) zur Pilgerfahrt nach Rom, um beim Papst um die Vergebung seiner Sünden zu bitten. Auch die adelige Sängerfestgesellschaft findet, daß Tannhäuser für sein Preislied der Venus büßen soll.

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