von Gioachino Rossini, Burletta per musica, Libretto: Luigi Prividali, nach L’occaion fait le larron (1810) von Eugène Scribe, UA: 24. November 1812, Teatro di San Mosè, Venedig
Regie, Bühne und Kostüme: Sonja Frisell nach Jean-Pierre Ponnelle
Dirigent: Daniele Rustioni, Licht: Marco Filibeck
Solisten: Jaeheui Kwon (Don Eusebio), Marika Gulordava (Berenice), Jihan Shin (Conte Alberto), Massimo Cavalletti (Don Parmenione), Evis Mula (Ernestina), Davide Pelissero (Martino)
Besuchte Aufführung: 28. September 2010 (nach einer Inszenierung beim Rossini Opera Festival Pesaro, 1987)
Don Parmenione und Diener Martino sind auf der Suche nach der verschwundenen Tochter eines Freundes. Während ein Gewitter tobt, treffen die beiden mit Graf Alberto zusammen. Dieser ist auf der Reise zu seiner Braut Bernice. Beim Weggehen nimmt Alberto den Koffer Parmeniones mit, da beide Koffer sich aufs Haar ähneln. Im Koffer findet Parmenione das Bildnis eines schönen Mädchens, das er nun unbedingt kennenlernen möchte. Dieses Mädchen ist Berenice. Er und Alberto treffen im Schloß Berenices wieder zusammen. Berenice hatte ihre gräfliche Kleidung mit der ihrer Zofe Ernestina getauscht, um ihren noch unbekannten Bräutigam unauffällig zu prüfen. Es gibt ein großes Durcheinander, bei der sich Parmenione als Graf Alberto ausgibt. Alles endet aber schließlich glimpflich, zumal Parmenione sich in Ernestina verliebt. Einer Doppelhochzeit steht nun nichts mehr im Wege.
Aufführung
Kein Vorhang trennt die Bühne vom Zuschauerraum. Der Dirigent erscheint und sofort werden vom Dachgebälk bemalte Leinwände heruntergelassen, die nach und nach eine Wirtsstube mit Tisch und Stühle entstehen lassen. Mit einem riesigen Koffer bewaffnet kommt durch den Mittelgang des Parterre Diener Martino. Er begrüßt den Dirigenten, der danach mit der Ouvertüre beginnt. Martino stellt den Koffer inmitten der Bühne ab, öffnet ihn und daraus entsteigen die Figuren der Burletta, zunächst in weißer Unterkleidung. Sogleich streifen sich die Sänger die aus dem Koffer herausquellenden Kostüme über. Sämtliche Kleidung entstammt der Mode des beginnenden 19. Jahrhunderts. Während des im Orchester lautmalerisch dargestellten Gewitters wackeln die Stoffwände. Im Laufe des Handlungsverlaufs werden neue Leinwände aufgehängt, die den eleganten Gartensalon Bernices hervorzaubern.
Sänger und Orchester
Sowohl bei den Sängern als auch beim Dirigenten und dem Orchester handelt es sich um Angehörige des traditionsreichen Openstudios (cantanti lirici), das 1997 von Riccardo Muti gegründet, doch eigentlich auf Ursprünge aus der Mitte des 19. Jahrhunderts zurückgeht. Zum Unterschied zu den allermeisten Opernhäusern führt das Teatro alla Scala mit Angehörigen dieses Opernstudios jährlich eine eigens einstudiert Oper auf. Wer nun meint, dadurch käme es zum Verlust des musikalischen Niveaus, würde einem Irrtum aufsitzen: es wird insgesamt hervorragend gesungen und musiziert, durchaus auf der Höhe eines deutschen Stadttheaters.
Dirigent Daniele Rustioni führt das Orchester durch die heiklen, ja kniffeligen Passagen der Oper, und kaum einmal überdeckt das Orchester die Singstimmen. Kleine Unsicherheiten am Anfang, besonders bei den Auftakten, auch werden die schnellen Noten von den Violinen etwas zu breit gespielt und die Staccati verwischt. Doch kommen die Orchestermusiker schnell in die richtige Gangart und begleiten die Sänger akkurat. Massimo Cavalletti (Parmenione) nimmt etwas zuviel Vibrato, hat aber eine gute Intonation und macht vieles wett durch seine Bühnenpräsenz. Letztere ist in gleicher vollendeter Form bei Davide Pelissero (Martino) festzustellen. Marika Gulordava (Berenice) als Hauptfigur geht die Verzierungen und Koloraturen gut an. Ihre Tonhöhensicherheit ist nicht immer vom Besten. Allerdings bringt sie die Triller in ihrem Duett mit Jihan Shin: Se non m’inganna il core – wenn mich mein Herz nicht täuscht gut zur Darstellung und in der Cabeletta Io non soffro quest’oltraggio – ich dulde nicht dieses Verspotten kommen die schwierigen Dreiklangpassagen sehr genau. Aber die Trennung der einzelnen Noten ihrer Koloraturen sind öfters undeutlich, wo doch der Belcantohauptreiz darin liegt, die Noten wie „Sand rieseln zu lassen“.
Evis Mula (Ernestina) zeichnet sich aus durch Stabilität ihrer Gesangslinien und großer lyrischer Wärme ihrer Stimme. Hinzu kommt die Klarheit ihrer Stimme, gute Artikulation sowie Intonation und ihre Koloraturen kommen wir „Perlen einer Perlenkette“. Sie macht Hoffnung für die Zukunft! Der Koreaner Jihan Shin (Conte Alberto) hat eine frei nach oben reichende Stimme, aber bei seiner langen Arie: D’ogni più sacro impegno – die Ehe sollte ohne Verpflichtung eingegangen werden hat er große Schwierigkeiten mit dem Atmen.
Fazit
Eine vom Bühnenbild und den Aktionen der Sänger schöne und bezügliche der Sängerinnen und Sänger zufriedenstellende Aufführung.
Dr. Olaf Zenner
Bild: Marco Brescia & Rudy Amisano
Das Bild zeigt: Davide Pelissero (Martino), stehend, Massimo Cavalletti (Don Parmenione), sitzend