TOSCA – Oldenburg, Staatstheater (Halle 10 Fliegerhorst)

von Giacomo Puccini (1858-1924), Libretto: Giuseppe Giacosa und Luigi Illica, nach dem gleichnamigen Schauspiel von Victorien Sardou

UA: 14. Januar 1900 Rom, Teatro Costanzi

Regie: Gustav Rueb, Bühne: Florian Barth, Kostüme: Larissa Hartmann, Licht: Peter Scharneweber, Dramaturgie: Sebastian Hanusa

Dirigent: Thomas Dorsch, Oldenburgisches Staatsorchester, Opern- und Extrachor sowie Kinder- und Jugendchor, Einstudierung: Thomas Bönisch

Solisten: Irina Wischnizkaja (Floria Tosca), Alexej Kosarev (Mario Cavaradossi), Nico Wouterse (Baron Scarpia), Andrey Valiguras (Cesare Angelotti), Henry Kiichli (Mesner), Michael Pegher (Spoletta), Philip Zehnoff (Sciarrone), Andreas Lütje (Schließer), Daniel Hermann (Hirtenknabe)

Besuchte Aufführung: 9. Oktober 2010 (Premiere)

Kurzinhalt

Der römische Maler Cavaradossi verspricht Angelotti Unterstützung bei seiner Flucht, was jedoch zu dessen Selbstmord führt. Der Polizeichef Scarpia will Cavaradossis Tosca zu seiner Geliebten machen und wird dafür von ihr umgebracht. Cavaradossi wird zum Opfer von Scarpias Willkürherrschaft. Tosca stürzt sich nach seinem Tod von der Engelsburg in die Tiefe.

Aufführung

Die Premiere fand im Fliegerhorst, einer Industriehalle auf ehemaligem Militärgelände statt, die sich das Staatstheater Oldenburg für ein Jahr als Spielstätte ausgesucht hat, während das eigene Haus renoviert wird.

Die Bühne mit dem zunächst historischen Bühnenbild stand so in der Mitte der Halle, daß die hinzukommenden und abgehenden Protagonisten sichtbar wurden. Auf der Galerie, quasi aus der Ferne, wurde Trommelwirbel, Glockengeläut und der Kanonenschuß dargeboten, so daß sich das Publikum wie mitten in das Rom des 19. Jh.s hineinversetzt fühlen konnte.

Der erste Akt fand im Inneren der heute noch existierenden Kirche statt. Im zweiten Akt wurde die Bühne gedreht, so daß die im Bühnenbild integrierte Garderobe zum Vorschein kam, welche als Scarpias Arbeitszimmer gelten sollte. Das Liebespaar blieb die Aufführung über in historischen Kostümen, Scarpia wechselte in aktuelle Kleidung und bediente einen Bildschirm, auf dem die Aufführung der Kantate zu sehen war. Ein unterirdischer Raum mit Falltür diente als Folterkammer, so daß dem Publikum die Einzelheiten der an Cavaradossi verübten Grausamkeiten erspart blieben. Im dritten Akt wurde die Bühne an die Seite geschoben. Während des Zwischenspiels, das den anbrechenden Morgen nachfühlen ließ, träumte das Liebespaar vom Familienleben. Beide Sänger wirkten verloren auf der kahlen Fläche, auf der dann vier Soldaten gleichzeitig Cavaradossi erschossen. Tosca verglühte im stark blendenden Licht.

Sänger und Orchester

Dem Oldenburgischen Staatsorchester gelang es die ihm zugedachte, wichtige Rolle eines Kommentators auszufüllen, indem es die dramatischen Szenen auch musikalisch spannungsgeladen widerspiegelte und das harte Nebeneinander kontrastierender Szenen, wenn auch manchmal die Sänger übertönend, gut zum Ausdruck brachte.

Ein Höhepunkt der Aufführung bot sich am Ende des ersten Aktes, als das Tedeum durch Kinder- und Erwachsenenchor eindrucksvoll gesungen wurde. Im Vordergrund saß Scarpia und entwarf mit seinem ausdrucksstarken Baß finstere Pläne. Nico Wouterse (Scarpia), wenn auch stimmlich durchaus zupackend, blieb manchmal in seiner Rolle der Inkarnation des Bösen noch ein wenig zu freundlich. Alexej Kosarev (Cavaradossi) paßte schon rein äußerlich sehr gut in die Rolle des Künstlers und Liebhabers und sang nach anfänglichen Schwierigkeiten seinen Part eindrucksvoll.

Irina Wischnizkaja (Tosca) konnte die emotionalen bzw. dramatischen Schattierungen der Tosca von Frömmigkeit und Naivität, von Eifersucht und Haß gesanglich gut ausdrücken, allerdings fehlten ihr die lyrischen, weichen Töne, die in den Duetten ein wenig mehr zur Geltung kamen. Andrey Valiguras (Angelotti) sang und spielte den Gejagten nachvollziehbar und Henry Kiichli gab dem Messner eine komische Note, war aber leider stimmlich kaum verständlich. Michael Pegher (Spoletta) gefiel in der Rolle als Handlanger des Mächtigen, seine junge Stimme braucht jedoch noch Zeit zur Entwicklung.

Fazit

Fast eine Viertelstunde lang applaudierten die Zuhörer für eine Interpretation der Oper, die den Schwerpunkt glücklicherweise nicht auf das Ausleuchten des Gewalttäters Scarpia legte. Das Publikum konnte sich mit dem Weg des Liebespaares identifizieren, dessen Glück durch Machtmißbrauch zerstört wird.

Carola Jakubowski

Bild: Andreas Etter

Das Bild zeigt: Tosca und Cavaradossi sind dem Tode geweiht und träumen von einem gemeinsamen Leben.

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