DAPHNE – Dresden, Semperoper

von Richard Strauss (1864 – 1949), Bukolische Tragödie in einem Aufzug, Libretto: Joseph Gregor, UA: 1938 Dresden

Regie: Torsten Fischer, Bühne: Herbert Schäfer

Dirigent: Omer Meir Wellber, Sächsische Staatskapelle Dresden, Chor der Sächsischen Staatsoper

Solisten: Georg Zeppenfeld (Peneios), Christa Mayer (Gaea), Camilla Nylund (Daphne), Ladislav Elgr (Leukippos), Robert Dean Smith (Apollo) u.a.

Besuchte Aufführung: 11. Oktober 2010

Kurzinhalt

Das Fruchtbarkeitsfest zu Ehren des Gottes Dionysos wird vorbereitet. Daphne, Tochter von Peneios und Gaea, versteht nichts von der Liebe. Daher weiß sie mit dem Werben des Gottes Apollo um sie nichts anzufangen. Auch die Gefühle des Leukippos kann sie nicht erwidern. Apollo gibt daraufhin seine wahre Identität preis, doch Daphne entzieht sich beiden. Apollo, der Leukippos im Streit getötet hat, bittet die Götter um Aufnahme des Leukippos in den Olymp. Daphne wird in einen Lorbeerbaum verwandelt.

Aufführung

Zunächst sieht das Publikum nur eine leere Bühne, auf einem Vorhang wird ein Text von Sophie Scholl eingeblendet. Unter einer riesigen Sonnenscheibe findet ein Dorffest statt, die Dorf-Partei-Jugend darf ein paar heitere Schleier-Tänze aufführen und Leukippos sich mit einem Tuch verkleiden, bis einige schwarze Gestalten zuerst Lorbeerkränze hochhalten, dann aber mit Karabinern die Gäste bedrohen. Daphne weist den in einen schwarzen Ledermantel gehüllten Apollo zurück und verteilt mit Leukippos Flugblätter, woraufhin Leukippos von schwarzen Schergen erschlagen wird. Die Bühne verwandelt sich in eine große Treppe, die Fläche auf deren Rückseite wird mit einem großen Spiegel über der Bühne für das Publikum einsehbar. Die schwarzen Gestalten führen die Dorfbewohner während der gesamten Schlußszene einzeln zur Rampe. Diese legen sich still nebeneinander auf die Liegefläche. Daphne wird als letzte von ihnen winkend willkommen geheißen.

Sänger und Orchester

Ohne Zweifel ist die Sächsische Staatskapelle eines der weltweit führenden Orchester und sein phänomenaler Strauss-Klang ist unerreicht. Das für Strauss typische instrumentale Farbenspiel, das filigrane Motivgeflecht wird transparent und anmutig ausgebreitet. Da trifft die tragische Wucht des großen Orchesters beim Tod des Leukippos den Zuhörer fast unvorbereitet, um ihn dann mit den zarten Klängen bei der Verwandlung der Daphne wieder zu versöhnen.

Auch sängerisch ist hier eine vorbildliche Besetzung gelungen. Georg Zeppenfeld gibt als Peneios eine wunderbar geschmeidige lyrische Erzählung mit sicherer Tiefe wider. Camilla Nylund teilt sich die gewaltige Partie der Daphne klug ein und kann ihren abschließenden Gesang Himmlische Schönheit nachdenklich und im Einklang mit dem Text gestalten. Allerdings: Ladislav Elgr vermag mit seiner kehligen Stimme als Leukippos weder Daphne noch das Publikum für sich gewinnen. Schon ab der Mittellage nur klingt sie gepreßt, in der Höhe verliert er auch das Gesangsduell mit Robert Dean Smith, dessen Apollo zu seinen Glanzrollen zählt. Letzterer ist sicherlich einer der führenden lyrischen Tenöre unserer Tage.

Fazit

Ob es Berührungspunkte zwischen der Originalhandlung und der vom Regisseur Torsten Fischer dem Werk aufgepfropften Handlung gibt, kann man bezweifeln. Die Geschichte der Sophie Scholl läßt sich nicht mit der Geschichte der Nymphe vergleichen, die sich auf Wunsch ihres Liebhabers Apollo in einen Baum verwandelt. Für das Publikum bringt diese aktionistische Inszenierung, wofür stellvertretend das viele treppab und treppauf Laufen des Ensembles stehen kann, nichts als einen passiv-kulinarischen Genuß mit sich. Die schauspielerische Leistung der Solisten läßt sich kaum deuten. Sie spielen eigentlich nur Nebenrollen in dem Stück, denn bühnenbeherrschend sind die schwarzen Schergen, die den Chor über die Bühne treiben. Wirkliche dramaturgische Tiefe erreichen daher die Hauptfiguren nur dann, wenn sie traurig in den Zuschauerraum blicken.

Für Strauss-Freunde hingegen bietet dieser Abend neben dem aufgesetzten Regiekonzept (Läßt sich der Gott Apollo, der Gott des Lichts und des sittlichen Anstands, mit einem Massenmörder vergleichen?) sonst einen musikalisch erfreulich schönen Abend.

Oliver Hohlbach

Bild: Matthias Creutziger

Das Bild zeigt: Aaron Pegram (Schäfer), Romy Petrick (Magd), Jeremy Bowes (Schäfer), Peter Lobert (Schäfer), Ilhun Jung (Schäfer), Gala El Hadidi (Magd), Christa Mayer (Gaea), Camilla Nylund (Daphne), Ladislav Elgr (Leukippos), Staatsopernchor

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