von Gioachino Rossini (1792-1868), Oper in vier Akten, Libretto: Victor-Joseph Etienne und Hippolyte Louis Florent Bis nach dem Schauspiel Wilhelm Tell von Friedrich Schiller, UA: 3. August 1829, Paris
Regie: Adrian Marthaler, Bühne: Adrian Marthaler/Jörg Zielinski, Kostüme: Marcel Keller, Licht: Elfried Roller
Dirigent: Gianluigi Gelmetti, Orchester und Chor der Oper Zürich, Choreinstudierung: Ernst Raffelsberger
Solisten: Michele Pertusi (Guillaume Tell), Antonino Siragusa (Arnold), Eva Mei (Mathilde), Reinhard Mayr (Walter Furst), Pavel Daniluk (Melchthal), Martina Janková (Jenny), Wiebke Lehmkuhl (Hedwige), George Humphreys (Leuthold), Alfred Muff (Gessler), Domenico Menini (Ruedi) u.a.
Besuchte Aufführung: 13. November 2010 (Premiere)
Kurzinhalt
Während eines Hirtenfestes sollen drei Paare getraut werden. Arnold zögert mit der Heirat, denn er ist in die Habsburger Prinzessin Mathilde verliebt. Doch als einfachem Schweizer sind ihm da Schranken gesetzt. Es kommt zum Aufruhr gegen die Gewaltherrschaft des Landvogts Gessler. Arnold führt den Kampf an, nachdem sein Vater von Gessler ermordet worden war. Als der Landvogt das Volk demütigt, widersetzen sich Wilhelm Tell. Gessler zwingt Tell einen Apfel vom Kopf des Kindes zu schießen, doch auch danach bleibt er in Haft. Gessler wird schließlich durch einen Armbrustpfeil des Tell sterben. Das Volk feiert den Sieg über die Tyrannei.
Aufführung
Die Bühne ist in leuchtenden Farben äußerst naturalistisch eingerichtet. Der erste Eindruck löst im Publikum ein heiteres Lachen aus. Die grüne Wiese sieht so aus wie jeder Wanderer in der Schweizer Landschaft sie heute antreffen kann: eine herrliche Aussicht auf die Berge, stabile rote Holzbänke, Abfallkörbe, Wegweiser, grüne Behälter für Hundekot. Dank der vielen Statisten entsteht ein lebendiges Bild. Später verwandelt sich die Bühne in einen Wald, ideal für die Jagdszene und die darauffolgende Szene mit der Liebeserklärung. Schließlich zeigt die ganze Bühne einen nächtlich blauglänzenden See, nur ein Holzsteg und ein kleiner Fels mit einer Bank sind im Vordergrund zu sehen und die Berge, die sich im Wasser spiegeln. Die Lichtgestaltung ist stimmungsvoll. In einer stummen Rolle sieht man den Komponisten selbst, seine Partitur unter dem Arm tragend, betrachtet er das eigene Werk. Die Sopranpartie des Knaben Jemmy wird zu einer Mädchenrolle umgedeutet. Hatte man keinen Jungen mit Sopranstimme?
Sänger und Orchester
Das Opernorchester spielte unter der Leitung von Gianluigi Gelmetti gefühlvoll. Die vielen Choreinsätze waren geprägt von Engagement, Deutlichkeit und Stimmkraft. Domenico Menini (Ruedi) konnte mit seiner flexiblen Tenorstimme die Sorglosigkeit seiner Figur zeichnen und stand im Kontrast zum Baß Michele Pertusi (Guillaume Tell), der stets ernst und besorgt, dabei sanft und ausdrucksstark sang. Antonino Siragusa (Arnold) intonierte die höchsten Töne hatte ein vorbildliches Legato und hatte eine starke Bühnenpräsenz. Eva Mei (Mathilde) zeigte trotz Vibrato eine sichere Intonation. Im Duett des 2. Aktes Oui, vous l’arrachez à mon âme – Ja, Ihr entreißt meiner Seele das Geheimnis verzauberten beide als Liebespaar das Publikum. Pavel Daniluk (Melchthal) hat eine sehr angenehme warmen Stimme; er spielte rührend seinen kurzen, aber wichtigen Part. Martina Janková (Jenny) wirkte jugendlich in ihrer Rolle als Tells Tochter. Besonders schön kam ihre Stimme im Terzett Je rends à votre amour – Ich gebe Eurer Liebe (4. Akt) zur Geltung, wie auch Wiebke Lehmkuhls (Hedwige) Altstimme. Alfred Muff (Gessler) überzeugte in der Rolle des Tyrannen. Sein großer Auftritt war sein Rezitativ im 3. Akt Que l’empire germain – Das germanische Reich. Reinhard Mayrs (Walter Furst) ausdruckstarke Stimme und George Humphreys (Leuthold) beeindruckendes Spiel vervollständigten das Ensemble in angenehmer Weise.
Fazit
Zum ersten Mal wurde Guillaume Tell in der Pariser Fassung im Opernhaus Zürich aufgeführt. Für die musikalische Leitung von Gianluigi Gelmetti spendete das Publikum schon nach der Einleitung den ersten starken Beifall. Besonders hervorzuheben schien das Bühnenbild gefallen zu haben. Die Oper wurde stark gekürzt gegeben, was den Zuschauern aber nicht viel auszumachen schien.
Ruta Akelyte Hermann
Bild: Suzanne Schwiertz
Das Bild zeigt: Die Statisten mit dem Bühnenbild von Jörg Zielinski