EINE NACHT IN VENEDIG – Coburg, Landestheater

von Johann Strauß (Sohn, 1825-1899), Operette in drei Akten, UA: 3.Oktober 1883, Berlin.

Regie: Francois De Carpentries, Bühne: Siegfried E. Mayer

Dirigent: Michael Weiger, Philharmonisches Orchester und Chor des Landestheaters Coburg

Solisten: Milen Bozkov (Herzog von Urbino), Michael Lion (Delacqua), Rotraut Arnold (Barbara), Karsten Münster (Pappacoda), Sofia Kallio (Annina), Marie Smolka (Ciboletta), Roman Payer (Caramello), Rainer Scheerer (Barbaruccio, Senator), Martin Trepl (Testaccio, Senator), Stefanie Schmitt (Agricola), Frederik Leberle (Enrico).

Besuchte Aufführung: 13. November 2010 (Premiere)

Kurzinhalt
Alljährlich besucht der Herzog von Urbino das Maskentreiben in Venedig. Im Vorjahr war er Barbara, der Frau des Senators Delaqua, begegnet. Der Senator sieht einen neuen Versuch voraus und schickt Barbara mit einer Gondel nach Murano. Caramello, der Barbier des Herzogs, entführt das Boot im Auftrag des Herzogs von Urbino. Doch Barbara hat den Platz in der Gondel mit Annina getauscht, um sich mit Enrico, dem Neffen ihres Mannes zu treffen. Auf dem Fest im Palast des Herzogs erkennt Caramello, daß die entführte Barbara seine angebetete Annina ist, kann aber nichts dagegen tun. Als Senator Delaqua ebenfalls mit einer Barbara ankommt (seiner Köchin Ciboletta), um bessere Chancen auf den Posten des herzoglichen Verwalters zu haben, ist die Verwirrung perfekt. Es kommt zu einem Showdown am Markusplatz: Senator Delaqua sucht verzweifelt die echte Barbara und der Herzog sucht Annina, die er nach wie vor für Barbara hält. Ciboletta erklärt ihm, daß Caramello ihm eine falsche Barbara untergeschoben hat. Die Paare finden sich, der Herzog bleibt alleine zurück.

Aufführung
Für die drei Akte gibt es drei unterschiedliche Bühnenbilder. Im ersten Akt sehen wir auf einer Drehbühne unter einem großen Schild mit der Aufschrift „Welcome to fabolous Venezia, Italy“ eine überdimensionale Suppenschüssel aus der der Makkaronikoch Pappacoda eine Touristengruppe verpflegt. Auf der Hinterseite der mit Tüchern geteilten Drehbühne wartet schon die Köchin Annina um die gleiche Touristengruppe mit Meeresfrüchten aus zwei überdimensionalen Muscheln zu versorgen. Die häßliche Touristengruppe mit ihren beständig klickenden Photoapparaten scheinen aus den 1950er Jahren zu stammen, genauso wie die Vespa, auf der Enrico lässig mit Sonnenbrille vorfährt.

Der zweite Akt wirft einen Blick in einen venezianischen Palast mit barocken Gemälden, wo sich venezianische Masken in phantasievollen bunten Kostümen zu einem Ball versammelt haben.

Der dritte Akt zeigt eine abgeräumte Drehbühne, ein abgedunkelter Markusplatz entsteht, hier drehen sich die Masken im Kreis. Während der Kreisbewegung kommt es zu immer neuen Begegnungen der maskierten Teilnehmer, in deren Verlauf die Masken fallen und die Paare sich finden. Am Schluß bleibt nur der Herzog resignierend alleine zurück.

Sänger und Orchester
Unter der Führung von Michael Weiger erleben wir ein solides Operetten-Ensemble, wobei es auch die eine oder andere Abstimmungsschwierigkeit innerhalb des Ensembles und mit dem Orchester zu verzeichnen gab. So ist Milen Bozhkov ein Operettentenor mit zartem Schmelz in der Stimme, seine Aussprache macht die Rolle des Guido kaum verständlich. Ach wie so herrlich zu schauen singt er wunderbar mitreißend, den Text sollte man aber kennen. Roman Payer (Caramello) ist ein durchschlagkräftiger Bariton mit tenoraler Höhe. Er gewinnt mit Komm in die Gondel alle Herzen, schon für seine überragende Wortverständlichkeit. Karsten Münster ist ein typischer Operetten-Bariton mit viel Klangvolumen, kann jedoch wegen des für die Rolle des Pappacoda antrainierten italienischen Dialektes niemanden überzeugen. Sofia Kallio als Annina ist ein hoher dramatischer Sopran und damit viel zu durchschlagsstark besetzt für die Rolle der Annina. Marie Smolkas (Ciboletta) ist als keifende Hystere angelegt, und so singt sie auch ihre Rolle mit etwas zu viel Einsatz, zu sehr abgehackt.

Der spielfreudige Chor und das Philharmonische Orchester legten die Grundlage für einen musikalisch unterhaltsamen Operettenabend, in dem sich das Publikum in den reichlich vorhandenen seligen Walzerklängen wohlfühlen konnte.

Fazit
Ein erster Akt, dessen Ideen und Witze nicht zünden! Bereits der geldgierige Makkaronikoch Pappacoda mit seinem bildzerstörenden Pastateller nervt genauso wie die allgegenwärtige knipsende Touristengruppe. Der zweite Teil steht im völligen Gegensatz dazu, wenn die zeitlos schönen venezianischen Masken ihren Tanz zelebrieren. Hier kommt endlich die Situationskomik des Stückes zum Tragen, hier gelingt die Personenführung und die heitere Jahresendzeitstimmung breitet sich aus. Der Abend zeigt im Straussens Geiste immerhin das Potential auf, wie das Ensemble in den nächsten Vorstellungen zusammenwachsen könnte.

Oliver Hohlbach

Bild: Henning Rosenbusch

Das Bild zeigt: Der Herzog (Milen Bozhkov) empfängt Annina (Sofia Kallio) und Ciboletta (Marie Smolka) in seinem Venezianischen Palast

Veröffentlicht unter Coburg, Landestheater, Featured, Opern