DIE ENTFÜHRUNG AUS DEM SERAIL – Köln, Oper

von Wolfgang Amadeus Mozart (1756-1791) Singspiel in drei Akten, Libretto: Johann Gottlieb Stephanie d.J. nach einer Dichtung von Christoph Friedrich Bretzner, UA: 16. Juli 1782, Hoftheater, Wien

Regie: Uwe Eric Laufenberg, Bühne: Matthias Schaller, Kostüme: Antje Sternberg, Licht: Andreas Frank, Dramaturgie: Georg Kehren

Dirigent: Konrad Junghänel, Gürzenich Orchester, Chor der Oper Köln, Andrew Ollivant

Solisten: Ihsan Othmann (Bassa Selim), Olesya Golovneva (Konstanze), Brad Cooper (Belmonte), Anna Palimina (Blonde), John Heuzenroeder (Pedrillo), Wolf Matthias Friedrich (Osmin)

Besuchte Aufführung: 26. November 2010 (Premiere)

Kurzinhalt

Der vornehme Spanier Belmonte ist auf der Suche nach seiner Braut Konstanze, die zusammen mit ihrer Zofe Blonde und ihrem Liebhaber Pedrillo in den Palast des Bassa Selim, verschleppt worden. Selim möchte Konstanze zu seiner Geliebten machen, während es sein Aufseher Osmin auf Blondchen abgesehen hat. Beide Frauen wissen sich jedoch zu wehren, was sowohl Selim als auch Osmin fast zur Verzweiflung treibt. Belmonte trifft zunächst auf Osmin, dann auf Pedrillo, der Belmonte zu Bassa führt und ihn als Baumeister vorstellt. Belmonte und Pedrillo hecken einen Fluchtplan aus: Osmin wird betrunken gemacht und alle vier versuchen zu fliehen. Der Plan fliegt auf und Osmin droht mit furchtbarer Rache. Selim zeigt jedoch Güte und gewährt den beiden Paaren überraschenderweise die Freiheit.

Aufführung

Die Aufführung fand vor etwa 800 Zuhörern in der ausverkauften Ausweichspielstädte, der Kölner Eventhalle „Palladium“ statt. In der Inszenierung wird der Konflikt zwischen der westlichen und der islamistisch geprägten Welt thematisiert. Es wird in Türkisch, Englisch und Deutsch gesungen. Das Orchester ist von einem Rahmen umgeben, der ebenfalls ein Teil der Bühne ist und wodurch die Sänger direkt ins Publikum gelangen können, was Belmonte während seiner Arie Konstanze, dich wiederzusehen! (1. Aufzug) auch tut. Beim ersten Auftritt des Selim, der einen schwarzen Anzug trägt und stets von kurdischen oder wie Taliban gekleideten Kämpfern bewacht wird, treten die Chorsängerinnen schwarz-verschleiert in Erscheinung, während Konstanze als Kontrast einen weißen Burka trägt. Selim spricht – entgegen der Vorgabe des Librettos – durchweg türkisch. Einzige Ausnahme ist der letzte Satz (3. Aufzug): Wen man durch Wohltun nicht für sich gewinnen kann, den soll man sich vom Halse schaffen Als Pedrillo und Belmonte in den Garten von Selim eindringen, sieht man dort graue Gesteinsbrocken. Während der „Baumeisterarie“ werden Pläne von Synagogen, Kirchen und Moscheen ausgepackt, darunter auch der Petersdom. Nach Osmins Freispruch legen die noch zuvor verhüllten Frauen ihren Schleier ab sind nun bauchnabelfreien und präsentieren dem Pascha einen erotischen Tanz.

Sänger und Orchester

Die vorher bestehenden Befürchtungen bezüglich der Akustik bewahrheiteten sich glücklicherweise bis auf wenige Ausnahmen nicht. Nur während der Ouvertüre waren die Pauken deutlich zu laut. Die gesangliche Leistung verdient die Note sehr gut. Olseya Golovneva in der Rolle der Konstanze dominierte dabei mit ihrem technisch perfekten, ausdrucksstarken und reinen Sopran. Auch in schwindelerregenden Höhen wie bei ihren Arien Marter aller Arten (2. Aufzug) und der noch etwas anspruchsvolleren Arie Ach ich liebte, war so glücklich (1. Aufzug) wirkte sie äußerst souverän und sicher. Mit nur wenigen Abstrichen trifft dies auch für Anna Palimina (Blonde) zu. Mit großer Leichtigkeit und ansprechender Klangfarbe meisterte sie ihre beiden Arien Durch Zärtlichkeit und Schmeicheln und Welche Wonne, welche Lust (2. Aufzug). Die Stimmen der beiden Liebhaber Pedrillo und Belmonte passten perfekt zu ihren Rollen. Wolf Matthias Friedrich in der Rolle des Osmins zeigte eine starke Bühnenpräsenz und präsentierte seine Stimme mit großem Stimmvolumen. Das Zusammenspiel mit dem gut aufgelegten Orchester unter der Leitung von Konrad Junghänel, der ohne Vibrato spielen läßt, war vollkommen überzeugend. Die einzelnen Stimmen waren sehr differenziert und feinfühlig herausgearbeitet, wodurch der Abend auch in dieser Hinsicht ein Erfolg wurde.

Fazit

Die Zuschauer – unter ihnen auch der Vizepräsident des Irak – konnten ein weiteres Mal in dieser Spielzeit eine hervorragende Aufführung in Köln erleben. Das Publikum war zufrieden, schien aber nicht überwältigt zu sein. Die Beteiligten hätten durchaus einen längeren Applaus verdient. Beim Auftritt des Regie-Teams blieb die Stimmung des Publikums recht neutral. Etwas störend waren die Flugzeuge, die über das Palladium hinweg flogen.

Roman Bonitz

Bild: Paul Leclaire

Das Bild zeigt: Olesya Golovneva (Konstanze), Damen der Statisterie

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