ADRIANA LECOUVREUR – Freiburg, Theater

Oper von Francesco Cilea (1866-1950), Libretto: Arturo Colautti, UA: 1902, Mailand, Teatro Lirico

Regie: Joan Anton Rechi, Bühne: Alfons Flores, Kostüme: Moritz Junge, Licht: Michael Philipp, Dramaturgie: Dominica Volkert

Dirigent: Johannes Knapp, Orchester: Philharmonisches Orchester Freiburg, Opernchor des Theater Freiburg, Choreinstudierung: Bernhard Moncado, Solisten: Rossella Ragatzu (Adriana Lecouvreur), Germán Villar (Mauricio Graf von Sachsen), Anja Jung (Fürstin von Bouillon), Jin Seok Lee (Fürst von Bouillon), Juan Orozco (Michonnet), Christoph Waltle (Abbé de Chazeuil), Lini Gong (Jouvenot), Sally Wilson (Dangeville), Jörg Golombek (Poisson), Alejandro Lárraga Schleske (Quinault)

Besuchte Aufführung: 27. November 2010 (Premiere)

Kurznhalt

Die berühmte Schauspielerin Adriana Lecouvreur ist in den jungen Soldaten Mauricio verliebt. Dieser entpuppt sich bald als der gesellschaftlich höher stehende Graf von Sachsen, mit dem die Fürstin von Bouillon eine Affäre hat, was der Fürst von Bouillon vermutet. Um den Graf und die Fürstin im Zuge einer Feier zu überführen, lädt der Graf auch das Schauspielensemble um Adriana in seine Villa ein. Dort treffen aber stattdessen die Fürstin und Adriana aufeinander, die sich beide prompt gegenseitig als Geliebte des Grafen verdächtigen. Bei einem weiteren Fest versuchen sich Adriana und die Fürstin  gegenseitig vor versammelter Gesellschaft bloßzustellen. Die Fürstin, zwar von Adriana enttarnt, triumphiert jedoch aufgrund ihrer höheren Stellung. Als Adriana bald darauf tief gekränkt zum Geburtstag einen Strauß Blumen empfängt, entpuppt sicher dieser als von der Fürstin vergiftet. Sterbend sinkt Adriana in die Arme des herbeigeeilten Grafen, der nur sie liebt.

Aufführung

Das Bühnenzentrum bildet ein sich nach hinten verengender roter Kasten in Form eines Theaters auf dem Theater. Wände und Decke des Kastens werden im Verlauf der vier Akte nach und nach entfernt, so daß am Ende nur noch eine von Leere umgebene Rampe übrigbleibt, als Symbol für Adrianas zerstörte Künstlerexistenz. Zu den Schlußakten senkt sich ein aus Glühbirnen bestehender überdimensionaler Rahmen über die Szene, wie er zu Beginn der Aufführung in normaler Größe um einen Garderobenspiegel hängt. Dadurch wird nicht nur auf ein zentrales Thema der Oper, das Leben im Rampenlicht hingewiesen, sondern auch auf die Inszenierung von Adrianas Tod, den Tod einer Diva. Gemahnen die historischen Kostüme im ersten Akt an die Zeit, in der die Handlung angesiedelt ist (erste Hälfte des 17. Jahrhunderts) wirken diese später wie aus dem 20. Jahrhundert. Insgesamt erscheint das Wirken der Regie eher unauffällig. Bis auf einzelne Ideen, wie die zeitlupenhaften Bewegungen der Darsteller während der Ballszene, wirkt die Aufführung so, als hätte man sich nicht zwischen Abstraktion und Texttreue entscheiden können.

Sänger und Orchester

Die ganz große italienische Oper, das intensive klingende Melodram, wie man es erwartet hatte, blieb an diesem Premierenabend eher außen vor. Dafür aber gab es eine solide Darbietung aller Beteiligten. Germán Villar gelangen als Mauricio Graf von Sachsen in der Mittellage viele schöne Töne, in der Höhe aber klang sein Tenor gepreßt und weniger tragfähig, so daß  Rossella Ragatzu in der weiblichen Hauptrolle mehr überzeugte. Wie bereits in der vergangenen Saison als Tosca glänzte die Sardinierin schauspielerisch und stimmlich. Lang ausgehaltene Töne versah sie mit einer ganzen Palette unterschiedlicher Farbschattierungen. Ihr Ton drang bis in die letzten Reihen. Anja Jung fehlte es als Fürstin von Bouillon vielleicht etwas an Italianità, gleichwohl übertraf sie ihre Konkurrentin in dramatischem Gestus und Stimmvolumen. Für den nötigen komödiantischen Beigeschmack sorgte als Michonnett gekonnt Juan Orozco. Jin Seok Lee als kraftvoll auftretender Fürst von Bouillon und Christoph Waltle als intriganter Abbé de Chazeuil konnten ebenfalls für sich einnehmen. Dem philharmonischen Orchester Freiburg unter der Leitung von Johannes Knapp unterlief hingegen der eine oder andere intonatorische Wackler. Insbesondere den hohen Streichern gelangen nicht alle Töne. Auch wenn die Balance zwischen Orchestergraben und Bühne ansonsten immer stimmte, an melodischer Raffinesse und klanglicher Kompaktheit hätte man mehr erwarten dürfen. Der Opernchor des Theater Freiburg hinterließ als Ballgesellschaft dagegen einen geschlosseneren Eindruck.

Fazit

Insgesamt kam dieser Premierenabend nicht über ein solides Niveau hinaus. Gleichwohl gab es vom Publikum herzlichen und anhaltenden Jubel, auch für die Regie. Zudem durfte man nach über einhundert Jahren die allererste Aufführung von Cileas bekanntester Oper in Freiburg erleben.

Aron Sayed

Bild: Maurice Korbel

Das Bild zeigt: links Rossella Ragatzu (Adriana), 2. von links Lini Gong (Jouvenot)

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