IPHIGENIE IN AULIS – Leipzig, Oper

von Christoph Willibald Gluck (1714-1787), Tragische Oper in drei Akten, Libretto: Marie François, Louis le Blanc du Roullet, UA: 19. April 1774, Paris

Regie: Peter Konwitschny, Bühne: Jörg Kossdorff, Kostüme: Michaela Mayer-Michnay, Licht: Steffen Böttcher, Dramaturgie: Bettina Bartz

Dirigent: Nicholas Kok, Gewandhausorchester Leipzig  und Chor und Kinderchor der Oper Leipzig

Solisten: Manuela Uhl (Iphigenie), Karin Lovelius (Klytämnestra), Jennifer Porto (Diana), Mirko Roschkowski (Achilles), Anooshah Golesorkhi (Agamemnon), James Moellenhoff (Kalchas), Milklós Sebestyén (Arkas), Andreas Scholz (Patrokles), Ji Youn Jung/Hitomi Okuzumi (Erste Griechin), Catrin von Rhein/Ulrike Thamm-Pohle (Zweite Griechin), Haike Hauptmann/ Ines Reintzsch (Dritte Griechin), Christiane Feige (Erste Sklavin), Cornelia Röser (Zweite Sklavin), Thomas Möwes (Homer), Gert Gütschow (Gluck)

Besuchte Aufführung: 20. November 2010 (Premiere)

Kurzinhalt

Agamemnon, oberster Feldherr der Griechen, erlegt einen Hirsch auf heiligem Terrain. Die Göttin Diana verlangt daraufhin als Opfer seine Tochter Iphigenie und sorgt für Windstille, damit die griechische Flotte nicht nach Troja segeln kann. Iphigenie erscheint bald in Aulis, um sich dort mit Achilles zu vermählen. Im Palast werden die Vorbereitungen getroffen, Agamemnon erwartet jedoch seine Tochter dort, um sie Diana zu opfern. Es kommt zu einer Auseinandersetzung zwischen Agamemnon und Achilles, die Soldaten werden ungeduldig und verlangen die Opferung. Iphigenie gewährt dem Hohepriester die Vollstreckung, als Diana selbst erscheint. Sie vergibt Agamemnon aufgrund der Bereitschaft Iphigenies zu sterben und läßt den Wind wieder wehen. Das Heer zieht in den Krieg gegen Troja.

Aufführung

Eine kleine schauspielerische Szene vor der Ouvertüre zwischen Gluck und Homer gibt einen witzigen Einstieg. Hauptspielstätte der Aufführung ist eine leicht geneigte Drehbühne, die mit grünem Teppich überzogen ist. Im Hintergrund sind der blaue Himmel und dreidimensionale Masten der Flotten zu sehen. Nach kurzer Zeit  schwebt ein weißes, festzeltartiges Gebilde auf die Drehbühne. So entsteht, durch Auf- und Absenken der Laken, das Zelt der Feldherren, ein Volksplatz und ein Badeort. Viele kleine Details machen die Szenen lebendig. So werden pinkfarbene Slippers mit Augen als Handpuppen verwendet. Im Hintergrund werden weitere weiße Zelte aufgestellt. Der Tempel im dritten Akt stellt das gleiche festzeltartige Gebilde dar, jetzt in Gold, versehen mit dem Mond, Symbol der Göttin Diana, ihrer Statue und einem Altar. Die Kostüme sind einheitlich. So trägt das Heer grüne Kleider mit einer Rüstung. Iphigenies Kleidung ist in ihrer Unschuld mehr in Weiß gehalten. Diana präsentiert sich als erlösende Freiheitsstatue.

Sänger und Orchester

Obwohl das Gewandhausorchester wie gewohnt strahlte und der Dirigent es souverän und präzise führte, erhoffte man sich oft mehr Unterstützung für Sänger im Tempo und der Lautstärke. Es gelang dem Orchester die Empfindsamkeit und Zerrissenheit der Musik wiederzugeben. Die weibliche Hauptrolle des Abends wurde von Manuela Uhl (Iphigenie) gesungen. Mit ihrem klaren, hellen Sopran und stimmlicher und spielerischer Leistung überzeugte sie das Publikum. Die beste männliche Gesangsleistung lieferte von dem Tenor Mirko Roschkowski (Achilles). Besonders seine

Darbietung in den hohen Lagen und seine emotionale Ausstrahlung erfreuten das Publikum. Dank seiner präzisen Artikulation und seines hervorragendes schauspielerisches Könnens wurde er zwischendurch mit Beifall und Bravorufen belohnt. Gelungen war die Arie Auf des Vaters Befehl (2. Akt) der Klytämnestra (Karin Lovelius). Diese dunkelgetönte und pathetische Gesangspassage meisterte sie mit kraftvoller Stimme. Tragik drückte Annoshah Golesorkhi (Agamemnon) mit seiner soliden, kräftigen Baritonstimme aus. Auffallend war dermächtige Baß von James Moellenhoff (Kalchas), was seiner Rolle als Hohepriester sehr entgegenkam. Der Opernchor in seiner wichtigen Rolle erschien zu Beginn eher etwas matt, steigerte sich im Verlauf aber stetig. Das dramatische Stück Für dieses Blut (3. Akt) war nicht nur szenisch, sondern auch musikalisch-dramatisch erregend. Der Kinderchor der Oper Leipzig versprühte Vitalität auf der Bühne.

Fazit

Ein bewegter Abend mit vielen Neckereien und unterhaltsamen Akzenten, die mit Charme und stets abgestimmt auf die Musik umgesetzt wurden. Konwitschnys Gluckinszenierung weicht zwar von der originalen Handlung erheblich ab, erhielt aber dennoch kräftigen Applaus.

Diana Roßberg

Foto: Andreas Birkigt

Das Bild zeigt: Manuela Uhl (Iphigenie – mittig), Chor der Oper Leipzig

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