IM WEISSEN RÖSSL – Berlin, Komische Oper

von Ralph Benatzky (1884-1957),Singspiel in 3 Akten, Libretto: Hans Müller und Erik Charell, UA: 8. November 1930 Schauspielhaus Berlin

Regie: Sebastian Baumgarten, Bühne: Janina Audick, Kostüme: Nina Kroschinske

Dirigent: Koen Schoots, Orchester und Chorsolisten der Komischen Oper Berlin, BVG-Orchester Berlin, Daniel Regenberg (Pianist)

Solisten: Dagmar Manzel (Josepha Vogelhuber), Max Hopp (Zahlkellner Leopold), Dieter Montag (Fabrikant Giesecke), Kathrin Angerer (Ottilie Giesecke), Christoph Späth (Rechtsanwalt Siedler), Peter Renz (Sigismund Sülzheimer), Mirka Wagner (Kathi)

Besuchte Aufführung: 28. November 2010 (Premiere)

Kurzinhalt

Zur Schützenfestsaison wird das Wirtshaus „Weißes Rößl“ am Wolfgangsee zu einem emotional hoch belebten Schauplatz: Neben Rechtsanwalt Siedler – dem heimlichen Schwarm von Wirtin Josepha, die ihrerseits vom Zahlkellner Leopold glühend verehrt wird, wollen auch Textilfabrikant Giesecke samt Tochter Ottilie, Sigismund Sülzheimer und Prof. Hinzelmann mit seiner Tochter Klärchen entspannte Urlaubstage in der Natur verbringen. Zu dumm nur, daß Leopolds Eifersucht und Gieseckes Unmut über die Anwesenheit des Sohnes seines beruflichen Kontrahenten Sülzheimer samt dessen Anwalt Siedler die ersehnte Urlaubsentspannung in weite Ferne rücken lassen. Doch Siedlers Avancen gegenüber Gieseckes Tochter lassen in Leopold wieder Hoffnung auf eine Verbindung mit Josepha aufflammen, die leider nach wie vor nichts von ihm wissen will. Inzwischen bandeln neben Siedler und Ottilie auch Sülzheimer und Klärchen miteinander an. Giesecke verspricht Siedler seinen Segen zur Verlobung, sollte dieser ihn im Patentsprozess gegen Sülzheimer unterstützen. Leopolds Liebesleid hingegen bricht ausgerechnet bei der Ankunft des Kaisers öffentlich hervor. Erst nach einigem Hin und Her ringt sich Josepha schließlich dazu durch, seine Liebe zu erhören und führt so das Singspiel mit einer dreifachen Hochzeit doch noch zu einem glücklichen Ende.

Aufführung

Das Bühnenbild des „Weißen Rößl“ gestaltete sich auf traditionelle Weise: Beginnend mit einer Projektion, die das Durchblättern eines alten Fotoalbums simuliert, spielte sich das gesamte Bühnengeschehen in einem typisch österreichischen Berglandhaus vor einer malerischen Wald- und Wiesenlandschaft ab, die von Requisiten wie Lebkuchenherzen oder einem großen Heuberg vor dem Haus in passender Weise unterstrichen wurde. Auch die Kostümwahl und Ausstattung des Abends war dem konventionell-ländlichen Stil bis ins Detail angeglichen. So hüllten sich die einheimischen Damen von der Postbotin bis hin zur Rößlwirtin in verschiedene Trachtenkleider, Fräulein Ottilie und Klärchen hingegen in die neusten Variationen städtischer Mode. Auch die Herren fielen dem gegenüber keinesfalls aus dem Rahmen: Neben Leopold im Frack standen Giesecke, Siedler und Sülzheimer in verschiedenen Anzug- und Freizeitkleidungskombinationen ganz im Stile der 1930er Jahre.

Sänger und Orchester

Allen voran überzeugte Max Hopp sowohl sängerisch als auch schauspielerisch in der Rolle des Zahlkellners Leopold: Seinen Gesang kennzeichnete Kontrastreichtum in Artikulation und Dynamik, was sich besonders in Liedern wie Aber meine Herrschaften (1. Akt) zeigte. Daneben stand Hopps mimische und gestische Schauspielleistung, die besonders in komischen und pantomimischen Darstellungen ihre spezielle Würze zeigte. Sowohl Kathrin Angerer (Ottilie Giesecke) als auch Christoph Späth (Rechtsanwalt Siedler) präsentierten sich mit intonationsreinen, klaren Stimmen, die sich aber leider in Stücken wie dem Duett Die ganze Welt ist himmelblau (1. Akt) nicht über den Orchesterklang hinwegzusetzen vermochten. Peter Renz versah seine Rolle als Sigismund Sülzheimer mit angemessenem darstellerischen Charme und bemühte sich gesanglich um eine differenzierte Artikulation, was jedoch eine deutliche Tempodifferenz zum Orchester in Was kann der Sigismund dafür, daß er so schön ist (2. Akt) nicht vertuschen konnte. Dieter Montag bestritt seinen kauzigen Part als Fabrikant Giesecke mit ebenso erfrischender Originalität und Komik wie Dagmar Manzel als Rößlwirtin Josepha Vogelhuber, die zusätzlich ihre Gesangseinlagen wie Im weißen Rößl am Wolfgangsee (1. Akt) mit volkstonhafter und dialektischer Authentizität versah. Unbedingt zu erwähnen bleiben Mirka Wagner, die als Briefträgerin Kathi trotz kurzer Auftritte – z.B. mit ihrer „Jodeleinleitung“ im 1. Akt – mit einer brillanten und voluminösen Stimme bis in die höchsten Lagen glänzte und Pianist Daniel Regenberg, dessen handlungskommentierendes Spiel sich wie angegossen an die Pantomimen und mimischen Darstellungen der Sänger schmiegte. Koen Schoots führte das Orchester der Komischen Oper Berlin mit solider Klanglichkeit durch den Abend, der an einigen Stellen etwas mehr von der Würze und dem Witz der Sänger vertragen hätte, folkloristische und romantische Stellen jedoch stets mit dem richtigen Ton versah.

Fazit

Ein amüsanter und unterhaltsamer Abend in gefälligem Stil, dem zu keiner Zeit Witz oder Leichtigkeit fehlte, was das Publikum mit Zwischenapplaus und begeistertem Beifall am Ende honorierte.

Friederike Jurth

Bild: Iko Freese/drama-berlin.de

Das Bild zeigt: Dieter Montag (Wilhelm Giesecke (Fabrikant)), Dagmar Manzel (Josepha Vogelhuber)

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