Dido and Aeneas von Henry Purcell (1659-1695), Oper in fünf Bildern, Libretto: Nahum Tate nach Vergil, UA: 1689, London, Josias Priest´s School for Young Ladies.
Herzog Blaubarts Burg von Béla Bartók (1881-1945), Oper in einem Akt, Librettto: Béla Balázs, UA: 1918, Budapest, Königliches Opernhaus
Regie: Barrie Kosky, Bühne: Katrin Lea Tag, Kostüme: Katrin Lea Tag, Licht: Joachim Klein, Dramaturgie: Zsolt Horpácsy
Dirigent: Constantinos Carydis, Orchester: Frankfurter Opern- und Museumsorchester und Chor, Choreinstudierung: Matthias Köhlert
Dido and Aeneas: Solisten:Herzog Blaubarts Burg Paula Murrihy (Dido), Britta Stallmeister (Belinda), Anna Ryberg (Second Woman), Martin Wölfel (Sorceress), Dmitry Egorov (First Witch), Roland Schneider (Second Witch), Peter Marsh (Spirit/Sailor), Sebastian Geyer (Aeneas)
Herzog Blaubarts Burg: Solisten: Robert Hayward (Blaubart), Claudia Mahnke (Judith), Benedek Salgo (Prolog-Sprecher)
Besuchte Aufführung: 5. Dezember 2010 (Premiere)
Dido and Aeneas: Der aus Troja geflohene und in Karthago gelandete Aeneas verliebt sich in Dido, die Königin von Karthago. Seine Liebe trifft auf Erwiderung. Bald aber plant eine böse Zauberin, Dido ins Verderben zu stürzen: durch eine vorgetäuschte Botschaft des Gottes Merkur treibt die Hexe Aeneas von Dido fort. Aeneas will sich den Göttern widersetzen, Dido aber ist zu stolz und schickt ihn fort. Alleine gelassen, stirbt sie an einem gebrochenen Herzen.
Herzog Blaubarts Burg: Aus Liebe verlangt Judith von Blaubart, daß er ihr alle sieben Türen seines dunklen und kalten Schlosses öffne. Nach und nach kommt so Licht und Hoffnung in die einzelnen blutbefleckten Räume der düsteren Burg. Als Judith hinter der sechsten Tür einen Tränensee, hinter der siebten aber Blaubarts drei frühere Frauen entdeckt, die den drei Tageszeiten Morgen, Mittag und Abend entsprechen, kehrt die Dunkelheit wieder in die Burg zurück. Als Nacht bleibt Judith nun für immer bei Blaubart.
Aufführung
Während der Aufführung von Purcells Oper ist die eigentliche Bühne hinter einem Vorhang verborgen. Vor diesem Vorhang befindet sich eine, die gesamte Breite des Bühnenrandes einnehmende Bank, auf der sich das Geschehen abspielt. Die stark stilisierte Gestik und Mimik der Darsteller scheinen ebenso wie die Kostüme vom elisabethanischen Theater aus Purcells Zeit beeinflußt. Ein nacktes, leichenblaß geschminktes, stummes Paar, das auf der Bühne dauerpräsent ist, nimmt das schlimme Ende voraus und weist auf die menschliche Sterblichkeit, beziehungsweise Eitelkeit, hin. Am Ende der Aufführung bleibt die schluchzende Dido „sterbenseinsam“ zurück, während sämtliche Darsteller und Musiker nach und nach die Bühne verlassen.
In Blaubarts Burg wird dann die komplette Bühne bespielt: Blaubart und Judith bewegen sich auf einer weißen kreisförmigen Kippfläche. Kosky deutet die Handlung, wie es der Prolog nahelegt, als Psychodrama. Die einzelnen Räume der Burg sind Teile der Figur Blaubart: wenn sich die Tür zur Schatzkammer öffnet, rieselt ihm Gold aus den Händen. Den Garten symbolisieren Ranken, die ihm aus den Armen wachsen, der Tränensee tropft aus seinem Körper. Zudem erscheint Blaubart – Zeichen einer Persönlichkeitsspaltung (?) – vervierfacht.
Sänger und Orchester
Wie alle Darsteller in Purcells Oper wirkt die schauspielerisch und sängerisch als Königin von Karthago brillierende Paula Murrihy als wäre sie einem Shakespeare-Drama entwachsen. Der auch vom Chor der Oper Frankfurt gekonnt umgesetzte monodisch rezitativische Gesangsstil erweckt zusammen mit der historisch stilisierten Gestik und Mimik aller Darsteller den Eindruck, als fühle man sich ins 17. Jahrhundert versetzt. Das humoristische Sahnehäubchen bilden die drei Countertenöre Martin Wölfel, Dmitry Egorov und Roland Schneider als Hexen. Britta Stallmeister als Belinda und Anna Ryberg als Second Woman glänzen durch warmes Timbre und flexible Stimmgebung. Sebastian Geyer (Aeneas) und Peter Marsh (Spirit/Sailor), haben als die einzigen Darsteller in Männerrollen dagegen leider kaum etwas zu tun.
Robert Hayward (Blaubart)und Claudia Mahnke (Judith) überzeugen darstellerisch, bleiben die letzte nötige Expressivität gesanglich jedoch schuldig. Das Frankfurter Museumsorchester pflegt in Dido and Aeneas in kleiner Besetzung einen historischen Musizierstil, inklusive Continuo-Sektion, der bis auf einige kleine Schwächen der Streicher gut gelingt. In Bartóks Oper jedoch hätte Constantinos Carydis, nun das große Sinfonieorchester dirigierend, die instrumentatorischen Besonderheiten der Partitur plastischer herausarbeiten können. Effekte wie der Tränenseeklang oder das strahlende Tutti in C-Dur beim Öffnen der fünften Tür blieben etwas farbarm.
Fazit
Gerade die Kombination zweier zeitlich so weit auseinander liegender Opern, die sich inhaltlich leicht überschneiden, musikalisch aber starke Kontraste ausbilden, stellt den Reiz dieser Aufführung dar. Großen Jubel gab es am Premierenabend für alle Beteiligten. Leichte Buhs für die Regie gingen in der allgemeinen Begeisterung unter.
Aron Sayed
Bild: Monika Rittershaus
Das Bild (Dido and Aeneas) zeigt:am linken Bildrand sich umarmend Sebastian Geyer (Aeneas)
und Paula Murrihy (Dido), Solistenensemble, Chor und Statisterie der Oper Frankfurt
Dass Bild (Herzog Blaubarts Burg) zeigt: vorne:Claudia Mahnke (Judith) und Robert Hayward (Blaubart)
sowie Statisterie der Oper Frankfurt (hinten)