TRISTAN UND ISOLDE – Kopenhagen, Det Kongelige Teater

Musik und Text von Richard Wagner, Handlung in drei Aufzügen, UA: 10. Juni 1865, München

Regie: Stig Fogh Andersen, Bühne: Steffen Aarfing, Kostüme: Bob Katzenelson

Dirigent: Cornelius Meister, Det Kongelige Kapel, Det Kongelige Operakor

Solisten: Irene Theorin (Isolde), Stig Fogh Andersen (Tristan), John Lundgren (Kurwenal), Stephen Milling (König Marke), Gitta-Maria Sjöberg (Brangäne), Peter Steen Andersen (Melot)

Besuchte Aufführung: 20. November 2010

Kurzinhalt

Der Ritter Tristan führt die irische Prinzessin Isolde, deren Verlobten Morold er einst im Zweikampf getötet hat, seinem Onkel König Marke von Kornwall als Braut zu. Auf der Überfahrt nach England verlangt Isolde Sühne für Morolds Tod: Sie fordert Tristan auf, gemeinsam mit ihr Gift zu trinken. Brangäne hat jedoch das Gift heimlich gegen einen Liebestrank ausgetauscht. So entbrennen Tristan und Isolde in heftiger Leidenschaft füreinander. Isolde heiratet zwar König Marke, trifft sich aber heimlich mit Tristan. Melot verrät die Liebenden und verwundet Tristan schwer. Während Isolde zurückbleibt, bringt Kurwenal Tristan nach Kornwall. Isolde eilt ihnen nach, Tristan stirbt jedoch im Moment ihrer Ankunft. Als letzte Konsequenz ihrer Liebe folgt Isolde ihm in den Tod.

Aufführung

Das Einheitsbühnenbild zeigt eine weiße Mauer aus Ziegelsteinen. Davor befindet sich eine Art Galerie mit drei Plattformen und ein Treppenhaus aus Stahl am linken Rand. In den Mauernischen auf den drei Etagen verteilt sieht man entweder Requisiten wie der Behälter für die Zaubertränke oder die Kronen Tristans, Isoldes bzw. Markes oder sie bieten einen Raum für besonders intime Auftritte. Ansonsten findet die Handlung auf der großen Parkettebene der Bühne statt, während die übrigen Personen sich im ersten oder zweiten Stock auf ihren Auftritt vorbereiten, ihre Kostüme richten (Kurwenal hat keinen rechten Arm, deswegen verknotet er den rechten Ärmel und hängt das Sakko lässig darüber) oder beobachtet das Bühnengeschehen vom Treppenhaus aus, wie der junge Seemann oder der Hirte. König Markes Auftritt im ersten Akt wird durch einen von oben einfallenden Lichtkegel symbolisiert, während der Einbruch König Markes im zweiten Akt nur durch den unspektakulären aber raschen Auftritt Melots und Markes dargestellt wird. Auch der Liebestod Isoldes wird unauffällig als eine Art Versteinerung Isoldes in Szene gesetzt.

Sänger und Orchester

Es ist der Abend des Stig Fogh Andersen. Zugleich Regisseur und Hauptdarsteller wirkt er als Tristan sowohl szenisch als sängerisch zurückhaltend dominant. In Anwesenheit der dänischen Königin, der Publikum und Sänger vor der Vorstellung huldigen, zeigt er beispielhaft, wie man sich mit gleichmäßiger Wirkung durch die Partie des Tristans kämpft. Er teilt sich seine Kräfte klug ein, reduziert die mörderischen Sprünge deutlich, indem er hohe Töne nur ansingt und kann mit seiner warmen mehr gehauchten als gesungener Stimme das Publikum in seinen Bann ziehen. Irene Theorin dagegen versucht sich mit viel Kraft durch die Rolle der Isolde zu stemmen und läßt Wärme und Ausdruckskraft dieser Rolle vermissen. Gitta-Maria Sjöberg verfügt nur in der mittleren Lage über einen ausdrucksstarken Sopran für die Brangäne, die Höhen klingen schrill und sind aufgesetzt. John Lundgren bringt als Heldenbariton das ideale Stimmenmaterial für den Kurwenal mit: Mit fast schon lässiger Leichtigkeit leuchtet seine durchschlagsstarke Stimme. Einen sehr starken Eindruck hinterläßt auch Stephen Milling (König Marke), der mit viel Wärme in der eindrucksvollen Tiefe seines Baßbaritons der eigentliche Hauptdarsteller des Abends ist.

Deutliche Probleme mit dem Werk hat Cornelius Meister. Seine Interpretation zeigt keinerlei dramatische Wirkung und schon im Vorspiel wartet der Hörer darauf, daß das Drama auch musikalisch anfängt. An dem Orchester kann es nicht liegen, denn bis auf einige kleine Wackler im Blech und anfänglichen Abstimmungsproblemen in den Streichergruppen verbreitet es einen der Staatsoper würdigen Wohlklang.

Fazit

Nach Meinung Richard Wagners sind es die mittelmäßigen Vorstellungen, die dieser Oper die beste Wirkung garantieren. Diese Produktion ist dafür ein Beleg: Eine Inszenierung, die ein wenig  unverständlich wirkt, ein Bühnenbild das sich nicht zuordnen läßt, ein Protagonistenpaar, das seinen Zenit schon überschritten hat, ein Dirigent, der keinen Zugang zum Werk findet und es im wahrsten Sinne des Wortes zerdehnt. Trotzdem fieberten die Zuhörer der Handlung hinterher, litten mit Tristan und freuten sich, daß es noch möglich ist, mit Nebendarstellern zu überraschen und zu überzeugen. Am Ende feierte das Publikum die Beteiligten für skandinavische Verhältnisse aufs heftigste.

Oliver Hohlbach

Bild: Miklos Szabo

Das Bild zeigt: Irene Theorin (Isolde), Stig Fogh Andersen (Tristan)

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