von Johann Strauß (Sohn) (1825-1899),Operette in 3 Akten, Libretto von Carl Haffner und Richard Genée, UA: 5. April 1874, Wien
Regie: Katharina Thalbach, Bühne: Momme Röhrbein, Kostüme: Angelika Riek, Choreographie: Danny Costello, Choreinstudierung: Andreas Ketelhut
Dirigent: Samuel Bächli; Philharmonisches Orchester und Opernchor Erfurt, Tanzensemble
Solisten: Peter Schöne (Eisenstein), Ilia Papandreou (Rosalinde), Franziska Krötenheerdt (Adele),Nadine Schori (Ida), Máté Sólyom-Nagy (Dr. Falk), Mireille Lebel (Orlowsky), Marwan Shamiyeh (Alfred), Sebastian Pilgrim (Frank), Jörg Rathmann (Dr. Blind), Pierre Besson (Frosch)
Besuchte Aufführung: 12. Dezember 2010 (Premiere)
Eisenstein muß für acht Tage ins Gefängnis wegen Amtsbeleidigung. Seine Gattin Rosalinde stört dies wenig, da sich ihr Geliebter Alfred angekündigt hat. Unerwartet erscheint Eisensteins alter Freund Dr. Falk, welchem er vor Jahren einen üblen Streich spielte und dieser seitdem nur noch Dr. Fledermaus genannt wird. Falk überredet Eisenstein zum Fest des Prinzen Orlowsky zu kommen. Auch die Kammerzofe Adele wurde von ihrer Schwester Ida zu diesem Fest eingeladen. Sie kann sich einen freien Abend erschleichen. Abends erscheint Gefängnisdirektor Frank im Hause Eisenstein, findet aber nur Alfred vor. Kurzerhand muß dieser ins Gefängnis um die Ehre Rosalindes zu wahren. Bei Orlowsky finden sich nach und nach inkognito Eisenstein, Frank, Adele und auch Rosalinde ein. Eisenstein versucht mit seiner Taschenuhr seine eigene Gattin zu verführen, sie entwendet sie ihm aber. Am Morgen findet sich die Gesellschaft im Gefängnis ein. Rosalinde will die Verwechslung Alfreds aufklären. Eisenstein kommt hinzu und wird wütend. Doch kann ihm Rosalinde mit der Taschenuhr seine eigene Untreue nachweisen. Die Rache Dr. Falks ist aufgegangen.
Aufführung
Die Erfurter Fledermaus wird zur Gruselkomödie, denn Prinz Orlowsky ist nicht nur ein gelangweilter Adliger, sondern auch ein längst verstorbener Blutsauger, welcher mit seinem Vampirgefolge ahnungslose Menschenbeute auf sein Schloß lockt. So ist „Fledermaus“ für Dr. Falk nicht nur Spitzname geworden, sondern blutiger Ernst. Er selbst ist ein Vampir und fliegt immer wieder während des Abends über die Bühne. Nach dem rauschenden Fest erscheinen auch Adele und Ida als neugeborene Vampire bei Frank und stürzen sich gierig auf seine Schnittwunde. Auch die Dialoge der Operette wurden für das Erfurter Theater frei gestaltet und mit Lokalwitzen zu Stadtprominenz und Politik versehen, um die Zeitlosigkeit des Werkes zu demonstrieren. Ida und Adele wollen nicht mehr zum Theater, sondern gleich nach Hollywood und der Walzer im zweiten Akt wird choreographisch zu Michel Jacksons Thriller umgedeutet. Zum Vergnügen von Opernkennern streut das Orchester zusätzlich an entsprechenden Stellen kleine Opernzitate ein. So springt z.B. Alfred zum Abschied von Rosalinde vom Bett zu den Klängen von Puccinis Tosca und jedesmal, wenn Eisenstein seine Taschenuhr zückt, erklingt das Vogelfänger-Motiv aus Mozarts Zauberflöte.
Sänger und Orchester
Das Philharmonische Orchester Erfurt unter der Leitung von Samuel Bächli präsentiert sich überaus spritzig in der dynamischen Gestaltung sowie mit instrumentaler Differenzierung. Vor allem in der Ouvertüre können die Musiker ihr Können unter Beweis stellen. Während der Gesangsnummern nimmt sich das Orchester zwar zurück, doch wirkt sich die Akustik im Erfurter Opernneubau nach wie vor ungünstig auf die Sängerpräsenz aus. Wohl auf Grund des hohen Bekanntheitsgrades der Operette wurde auf zusätzliche Übertitel verzichtet, was sich in den Dialogen auch nicht als Nachteil erwies, allerdings bei so mancher Arie dennoch hilfreich gewesen wäre. Peter Schöne (Eisenstein) fühlte sich in seiner Rolle sichtlich wohl, schreckte darstellerisch nicht im Geringsten vor Albernheit zurück und schmeichelte in gewohnter Weise mit seinem warmen Bariton dem Publikum. Ihm zur Seite stand Ilia Papandreou (Rosalinde), welche vor allem in der Csárdás-Arie Klänge der Heimat ihren dramatischen Sopran und leidenschaftlichen Ausdruck entsprechend in Szene setzen konnte. Sowohl in ihrer Darstellung der naiven Kammerzofe als auch mit ihrer sängerischen Leistung der schwierigen Koloraturarien konnte Franziska Krötenheerdt (Adele) durchweg begeistern. Auch das Gruselduo Mireille Lebel (Orlowsky) und Máté Sólyom-Nagy (Dr. Falk) haben Spaß an ihren Rollen und können dies auch im Gesang vermitteln.
Fazit
Mit Galgenhumor, Tanz, Gesang, Schauspiel und sogar einer Step-Einlage präsentiert das Theater Erfurt zum Jahresende einen rauschenden, bunten Walzertraum auf künstlerisch hohem Niveau und viel Kreativität in Ausstattung, Bühne und Inszenierung.
Josephin Wietschel
Bild: L. Edelhoff
Das Bild zeigt: Franziska Krötenheerdt (Adele) beweist Peter Schöne (Eisenstein), daß sie sicher nicht seine Kammerzofe ist.