von Wolfgang Amadeus Mozart (1756-1791) Commedia per musica in vier Akten, Libretto: Lorenzo da Ponte nach Beaumarchais
UA: 1786 Wien
Regie: Jan Philipp Gloger, Bühne: Ben Baur, Kostüme: Karin Jud Dramaturgie: Ralf Waldschmidt
Dirigent: Kevin John Edusei, Philharmonisches Orchester, Chor und Extrachor Augsburg, Choreinstudierung: Karl Andreas Mehling
Solisten: Seung-Gi Jung (Graf Almaviva), Katharina Persicke (Gräfin Almaviva), Sophia Christine Brommer (Susanna), Jan Friedrich Eggers (Figaro), Stephanie Hampl (Cherubino), Mojca Vedernjak (Marcellina), Christopher Busietta (Basilio), Gerhard Werlitz (Don Curzio), Stephen Owen (Bartolo), Laszlo Papp (Antonio), Cathrin Lange (Barbarina) u.a.
Besuchte Aufführung: 4. Dezember 2010 (Premiere)
Figaro, der Kammerdiener des Grafen, ist mit der schönen Susanna, dem Kammermädchen der Gräfin Rosina, verlobt. Susanna und Figaro treffen die Vorbereitungen für ihre Hochzeit. Doch es kommen einige Hindernisse gerade am Hochzeitstag auf sie zu: Der Graf liebäugelt ebenfalls mit der Braut und verfolgt seine eigenen Pläne, die Haushälterin Marcellina läßt durch Dr. Bartolo ihre Forderungen dem verschuldeten Figaro zukommen. Marcellina hofft, Figaro als Ehemann zu bekommen. Doch bald stellt sich heraus, daß sie Figaros Mutter ist. Der jugendlich unvorsichtige und sich schnell in alle Frauen verliebende Page Cherubino sorgt für zusätzlichen Aufruhr. Die Eifersucht sowie die sich zuspitzenden Ereignisse verwirren den Graf immer mehr. Durch den Kleidertausch mit Susanna schafft es die Gräfin schließlich, ihren eigenen Mann für sich zu gewinnen.
Aufführung
Die Bühne ist als ein großer Kellerraum eingerichtet. In ihm sind mehrere Türen, eine Treppe, eine Wäscherutsche, Tisch, Stühle und Müllsäcke untergebracht. Die gesamte Handlung findet am Arbeitsplatz der Angestellten statt. Die Handlung wird zeitlich losgelöst präsentiert, schließlich gibt es heute selten noch Haushaltshilfen, die am Arbeitsplatz wohnen. Spannungsmomente werden mit Hilfe von Dunkelheit gestaltet, Taschenlampen kommen dann zum Einsatz. Für unterhaltsame Momente sorgt unter anderem die unerwartete Ankunft des Pagen durch die Wäscherutsche. Die Kostüme sind ästhetisch ansprechend zugeschnitten und kleiden die Schauspieler passend zu ihren Rollen. Sie unterstreichen die Weiblichkeit der Protagonistinnen oder heben die gesellschaftliche Stellung einer Figur hervor. Als choreographischer Höhepunkt wird ein Tischtanz zu Figaros Hochzeitsfest aufgeführt. Große Plakate mit politisierenden Aufschriften „Mobbingfreie Zone“, „Nein heißt Nein“, „Keine sexuelle Belästigung am Arbeitsplatz“ verweisen indirekt auf die aktuelle Situation bei der Renovierung des Augsburger Stadttheaters.
Sänger und Orchester
Die Klanggestaltung pendelte zwischen dynamisch reduzierter Aufführungspraxis und großem Orchesterklang, der oft die Sängerstimmen übertönte. In den Rezitativen kam der Gesang am besten zur Geltung. Die Sänger des Ensembles realisierten dies hervorragend: Deutlich gesungenen Texte, Sicherheit der Intonation, ausgeprägt lebendiges Spiel, Feuer der Leidenschaft. Besonders ausdruckstark zeigten sich hier die zwei Sängerinnen Sophia Brommer (Susanna) und Katharina Persicke (Gräfin Almaviva). Sophia Brommers Temperament kam in den wohlklingend von Hammerklavier und Violoncello begleiteten Rezitativen zur Geltung. Sämtliche Arien mit all ihren Koloraturen meisterte sie mit Perfektion. Mit ihrer beweglichen, klaren Stimme und ihren schauspielerischen Qualitäten gelang ihr eine edle Verkörperung der Susanna. Katharina Persicke trug ihre Rolle stolz, anmutig und mit viel Wärme vor, angefangen mit der Arie Porgi, amor, qualche ristoro – Gib, Liebe, etwas Linderung (2. Akt). Mit überzeugender Bühnenpräsenz brillierte Jan Friedrich Eggers (Figaro) in Non più andrai, farfallone amoroso – Du wirst nicht mehr umherschwirren, verliebter Schmetterling (1. Akt). Seung-Gi Jung war ein durchsetzungsstarker Graf, Stephanie Hampl ein ausgezeichneter Cherubino. Christopher Busietta (Basilio) lieferte mit beträchtlich lange Fermaten die schön gebotene Anspielung auf Basilios berufliche Qualitäten. Der von Karl Andreas Mehling geleiteter Chor hatte prächtige Auftritte.
Fazit
Auf einige Anspielungen hätte man verzichten können, etwa die Küsse zwischen den Frauen und den Paaren.
Das von Kevin John Adusei geleitete Philharmonische Orchester, der Chor wie auch das Sängerensemble gaben eine klangschöne Aufführung, und auch für das Auge gab es viele geschmackvolle Augenblicke. Das Augsburger Publikum verlieh seiner Begeisterung überschwenglich Ausdruck.
Ruta Akelyte Hermann
Bild: A. T. Schaefer
Das Bild zeigt: In der Mitte: Sophia Christine Brommer (Susanna) und links von ihr Jan Friedrich Eggers (Figaro) beim Anschneiden der Hochzeitstorte