von Johann Strauß d.J. (1825-1899), Operette in drei Akten von Carl Haffner und Richard Genée, UA: 1874 Wien
Regie: Waut Koeken, Bühne: Yannik Larrivee, Kostüme: Susanne Hubrich
Dirigent: Christof Prick, Nürnberger Philharmoniker, Chor des Staatstheaters Nürnberg
Solisten: Jochen Kupfer (Gabriel von Eisenstein), Sybille Wittkowski (Rosalinde), Rainer Zaun (Frank), Teresa Erbe (Prinz Orlofsky), Tilman Lichdi (Alfred), Kurt Schober (Dr. Falke), Martin Nyvall (Dr. Blind), Heidi Elisabeth Meier (Adele), Isabell Blechschmidt (Ida), Volker Heißmann und Martin Rassau (Frosch, Sprechrolle)
Besuchte Aufführung: 27. November 2010 (Premiere)
Eisenstein hat nach einem Maskenball den als Fledermaus verkleideten Dr. Falke blamiert. Dieser rächt sich, indem er auf einem Fest des Prinzen Orlofsky seinen Scherz mit Eisenstein treibt. Eigentlich sollte dieser im Gefängnis eine Strafe absitzen, doch läßt er sich gerne überreden, mit auf das Fest zu kommen. Hier begegnen ihm sein Stubenmädchen Adele, die sich unter dem Namen „Olga“ vorstellt, und eine maskierte ungarische Gräfin, die sein Interesse auf sich zieht. Tatsächlich handelt es sich bei ihr jedoch um seine eigene Gattin Rosalinde. Unter dem Pseudonym „Marquis Renard“ stellt er sich ihr und dem anwesenden Gefängnisdirektor Frank, der sich seinerseits den Namen „Chevalier Chagrin“ zugelegt hat, vor, mit dem er im Rausch Freundschaft schließt. Auf den Rausch folgt der Kater: Als Eisenstein am nächsten Morgen im Gefängnis eintrifft, um seine Strafe anzutreten, muß er entdecken, daß mittlerweile jemand anderes, nämlich Alfred, der ehemalige Liebhaber seiner Frau, unter dem Namen „Eisenstein“ einsitzt. Nach weiteren turbulenten Verwicklungen löst sich das Spiel schließlich auf.
Aufführung
Die Kostüme sind in zeitlos klassischer Eleganz gehalten, die man durchaus dem letzten oder diesem Jahrhundert zurechnen könnte. Das Bühnenbild hingegen ist aufgrund der Koproduktion mit Straßburg universell und einfach gehalten: Einige wenige, teilbare Vorhänge, mehrere Plüschsofas und Sessel, Kronleuchter und unzählige Sektflaschen bzw. Sektgläser sind fast schon die ganze Ausstattung- für Eisensteins Wohnzimmer und den Festsaal Orlofskys wird nur das Mobiliar umgestellt. Für das Gefängnis werden drei Käfige herabgelassen, der Schreibtisch Franks ist ein umgedrehtes Sofa. Während der betrunkene Frank seine Hosen sucht, haben die beiden Frösche Heißmann und Rassau ihren großen Auftritt. Neben der doppelten Doppelung in zwei Spiegeln, lassen sie das Nürnberger Opernleben seit 1983 Revue passieren. Da bekommt jeder sein Fett ab: Von der Kulturpolitik der Stadt Nürnberg bis zu Christof Prick, dessen Frack immer noch in der Reinigung ist.
Sänger und Orchester
Christof Prick kann eindrucksvoll nachweisen, wieviel musikalische Substanz in diesem Stück steckt. Während andere Interpretationen sich nur am Walzerklang orientieren, langsam anfangen, dann rasant beschleunigen und am Ende der Nummer einen Knalleffekt anbringen, setzen die Nürnberger Philharmoniker auf die Nuancen der Partitur. Und auf einmal entdeckt man Schönheiten und melancholische Abgründe abseits der Walzerklänge, die man hier selbstverständlich auch zelebriert. Davon profitieren die Sängerdarsteller, die endlich einmal Charaktere und keine Knallchargen darstellen können. Allen voran Jochen Kupfer als netter, charmanter Eisenstein, ein liebenswerter Bonvivant. Sein Erfolg bei den Frauen gründet in der ausdrucksstarken und farbenreichen Bariton-Stimme. Selten hat man so gerne versucht bis acht zu zählen. Weiterer Aufreger war Heidi Elisabeth Meier als Adele. Spielerisch sicher saß da jeder Ton und besonders beeindruckend waren die Piano-Stellen in der Unschuld vom Lande. Da konnte Sybille Wittkowski mit ihrem etwas zu dramatischen Sopran als Rosalinde kaum mithalten, den Csárdás konnte sie aber mit sicheren Höhen gut gestalten. Martin Nyvall ist ein ausdrucksstarker und detailverliebter Stotter-Advokat Blind, Kurt Schober (Dr. Falke) ein technisch versierter und brillanter Spielbariton und Rainer Zaun ein solider Baß, der im Stechschritt den Gefängnisdirektor Frank singt. Tilman Lichdi ist eher ein Mozart-Tenor und hatte so manche Probleme mit der Rolle des Alfred. Genauso schwierig ist es einen guten Mezzo für den Prinzen Orlofsky zu finden. Teresa Erbe scheiterte auf dieser Suche an den Höhen.
Fazit
Das Publikum feierte enthusiastisch eine mit wenig Ausstattung, aber mit viel Liebe zum Detail gestaltete Silvesterproduktion der Fledermaus, die jedem Anspruch an eine Opernproduktion gerecht wurde. Dazu noch ein dynamisches Ensemble. Und nur durch solche staatsopernwürdigen Produktionen wird deutlich, weshalb diese Operette sich im Opern-Programm fest etabliert hat: Man muß die Operette ernst nehmen, dann kann man auch herzhaft lachen. Wie an diesem Premierenabend.
Oliver Hohlbach
Bild: Jutta Missbach
Das Bild zeigt: Zwischen den beiden Fröschen (Heißmann und Rassau) versucht Gefängnisdirektor Frank bei Ida und Adele das Verbleiben seiner Hose zu klären.