von Alessandro Scarlatti (1660-1725), Commedia per musica in drei Akten in italienischer und deutscher Sprache. Libretto: Francesco Antonio Tullio, Dialogfassung: Christian Kipper, UA: 1718 in Neapel, Theatro dei Fiorentini.
Regie: Dominique Mentha, Bühne: Werner Hutterli, Kostüme: Susanne Boner, Dramaturgie: Christian Kipper, Licht: David Clormann, Soufflage: Claudia Meili
Dirigent: Igor Karsko, Barockorchester La Gioconda, Cembalo: Nicola Cumer, Theorbe: Rosario Conte
Koproduktion mit der Hochschule für Musik Freiburg, Musikalische Einstudierung: Florian Pestell
Solisten: Sumi Kittelberger (Riccardo), Brigitte Kuster (Rosina), Regula Mühlemann (Doralice), Olga Privalova (Leonora), Flurin Caduff (Rodimarte), Robert Maszl (Erminio), Jakob Pilgram (Flaminio), Hans-Jürg Rickenbacher (Cornelia)
Besuchte Aufführung: 8. Januar 2011 (Premiere)
Kurzinhalt
Der junge Libertin Riccardo verführt Leonora und verspricht ihr die Ehe. Doch bald sucht er die Liebe bei ihrer Freundin Doralice. Daraufhin flieht er nach Pisa zu seinem Onkel Flaminio um ihm Geld für seine künftigen Liebesromanzen abzugewinnen. Neben den Frauen reist ihm sein Diener Rodimarte nach. Genauso auch sein Freund Erminio, der Bruder Leonoras, der seine geliebte Doralice zurückgewinnen sowie die von Riccardo ruinierte Familienehre zu vergelten wünscht. Doralices Tante Cornelia ist mit Flaminio verlobt, dieser liebäugelt aber mit ihrer Zofe Rosina. Rosina zeigt Gefühle für Erminio, dieser wahrt jedoch Doralice die Treue. Von Riccardos Liebesabenteuern fasziniert, bemüht sich Rodimarte um Rosina. Als Riccardo endlich zur Einsicht gelangt, lösen sich auch die anderen Verwicklungen auf. Zum frohen Ausgang wird eine vierfache Hochzeit gefeiert.
Aufführung
Dominique Menthas Inszenierung berücksichtigt die räumlichen Gegebenheiten. Das Orchester hat seinen festen Platz und musiziert an einem Ende der rot gefärbten Bühne, welche in dem Kunstausstellungsraum einen schmalen, langen Laufsteg bildet. Es wird zu beiden Seiten hin gesungen, die Zuschauerreihen sind beiderseits der Bühne aufgebaut. Die eine Hälfte des Publikums hat die gut beleuchtete andere Hälfte der Zuhörerschaft stets in ihrem Blickfeld. Gleich zu Beginn bei der Sinfonia gibt es eine Kostümvorstellung wie bei einer Modenschau. Dazu bietet sich der lange Laufsteg auch an. Auf die Komödie einstimmend wirken die bunten Kostüme und Masken: Cornelia kleidet ein Hochzeitstortenkleid, Erminio hat Koteletten und auch übergroße untere Wimpern in Gold, Doralice erscheint mädchenhaft im aufgebauschten Kleid mit roten Kniestrümpfen, Rodimarte trägt einen überdimensionalen Kragen. Bei den Duellen und Kämpfen kommen Cognacflaschen, Messer, Dolche und Säge zum Einsatz. Die übersetzten Rezitative werden in deutscher Sprache sprechend vorgetragen, die Arien werden italienisch gesungen. Die Arien haben eine andere Reihenfolge als im Original.
Sänger und Orchester
Authentisch, lebendig und besonders angenehm herausragend spielte das Barockorchester. Das ganze Sängerensemble war ausgezeichnet in der Intonation, und ihre Rollen wurden überzeugend verkörpert. Auffallend schön klang das Quartett Pensa ben – Glaube wohl. Es gab akustische Probleme durch die wiederholte Richtungsänderung der Sänger, die zu beiden Seiten der Bühne dem jeweiligen Publikumsteil hin sangen. Sumi Kittelberger (Riccardo), stets von großer Bühnenpräsenz, zeigte gelungene Koloraturen in der Arie Sì, che tutta d’amor – In Liebe getränkt. Robert Maszl (Erminio) hat einen guten Ansatz, was sich bei den schnellen Tonfolgen bemerkbar machte. Regula Mühlemann (Doralice) war klarklingend und elegant in ihrer Erscheinung, stimmlich harmonierte sie mit Olga Privalova (Leonora) im Duett Spero speranza – Ich hoffe, daß die Hoffnung. In der Arie Sospirando, penosa, dolente – Seufzende, schmerzhafte, schmerzende klang Olga Privalova rührend. Flurin Caduff (Rodimarte) sang stets durchdringend. Bewundern konnte man Jakob Pilgram (Flaminio) für seine Spielkünste im Kampf um die Rosina, wie auch in den Duetten mit Hans-Jürg Rickenbacher (Cornelia), der scherzend seine Frauenrolle verkörperte. Brigitte Kuster (Rosina) war eine ausgezeichnete Zofe, sprachlich akzentuiert und geschickt.
Fazit
Die Musik hat unter den räumlichen Bedingungen gelitten. Es war nicht leicht, über die weite Entfernung der langgezogenen Bühne einen homogenen Klang zu entwickeln. Es gab Verzögerungen. Doch umso mehr glänzten manche räumlich perfekt gestalteten Ensembles und Solo-Nummern. Die engen räumlichen Verhältnisse erlaubten unmittelbaren Kontakt zur Szene. Eine historisch orientierte Aufführung dieser einzigen Musikkomödie Scarlattis wäre sicherlich wünschenswert. Doch der heitere Beifall des Publikums zeigte, daß auch diese aufführungspraktisch nicht kompromißlos historische Produktion eine warme Aufnahme fand.
Ruta Akelyte Hermann
Bild: Ingo Höhn
Das Bild zeigt: Sumi Kittelberger (Riccardo) li. , Robert Maszl (Erminio) re. im Flaschenkampf, Regula Mühlemann (Doralice) im Hintergrund