LAKMÉ – Trier, Theater

von Léo Delibes (1836-1891), Oper in drei Akten, Libretto: Pierre Julien Gondinet und Philippe-Émile-François Gille, UA: 14. April 1883, Paris, Opéra-Comique (Salle Favart)

Regie: Bruno Berger-Gorski, Bühne: Thomas Dörfler, Kostüme, Claudia Caséra, Dramaturgie. Peter Larsen

Dirigent: Victor Puhl, Philharmonisches Orchester der Stadt Trier, Opernchor und Extrachor des Theaters Trier

Solisten: Adréana Kraschewski (Lakmé), Claudia-Denise Beck (Mallika), Evelyn Czesla (Ellen), Angela Pavonet (Rose), Andreas Wagner (Gérard), Alexander Trauth (Nilakantha), Carlos Aguirre (Frédéric), Peter Koppelmann (Hadji), Vera Ilieva (Mrs. Benson)

Besuchte Aufführung: 22. Januar 2011 (Premiere, in französischer Sprache mit Übertitel)

Kurzinhalt

Die Handlung spielt im 19. Jahrhundert, als Indien britische Kolonie war. Lakmé lebt als Hindupriesterin in einem Tempel, versteckt hinter Bäumen und dichtem Laubwerk. In diesem heiligen Hain lernen sich zufällig der britische Offizier Gérald und Lakmé kennen und lieben. Doch die Hindu-Religion verbietet eine solche Liebesbeziehung. Darüber wacht Lakmés Vater Nilakantha. Da Gérald den heiligen Hain entweiht hat, will Nilakantha sich rächen. Er verletzt Gérald durch einen Messerstich. Lakmé findet ihn und pflegt ihn an einem geheimen Ort gesund. Sie wollen für immer zusammenbleiben, doch Gérald zögert beim Gelübde, da er sich nicht endgültig von seiner Armee trennen will. Lakmé sieht die Unmöglichkeit ihrer Beziehung und nimmt sich das Leben durch die giftigen Datura  (Stechapfel).

Aufführung

Inmitten der Bühne findet sich ein rundes grau-weißes Podest zu verschiedenen Zwecken: einmal als Bühne für Nilakanthas Auftritt als Hohepriester, dann als Mittelpunkt des Markplatzes und im dritten Akt als Verbrennungsstätte (!) für Lakmé und Gérald. Zu Anfang sind Blumenbeete vor diesem Podest, auch Lotosblüten sieht man. Hohe zerstörte Häuserwände, z.T. mit halbfertigen bunten Bemalungen bedeckt. Auf der Hinterbühne eine Leinwand, auf die u.a. der Schmuck von Lakmé erscheint. Im letzten Akt drehen sich die kreisrunden Mauern und zeigen z.B. in Kassetten dieser Mauern verwundete oder tote Soldaten. Die Inderinnen tragen Saris, die Soldaten erscheinen in Kaki-Uniformen mit blauen Helmen, die die Aufschrift FIFA tragen. Touristen kommen mit typischer Freizeitkleidung einher. Ab und zu wird ein mit weißem, durchsichtigen Vorhang versehenes zylinderartiges Gebilde vom Schnürboden herabgelassen, das ab und zu Lakmé, Mallika oder Gérald umgibt.

Sänger und Orchester

Nach etwas schleppendem Beginn spielen die Trier Philharmoniker recht zügig die sehr französische Musik Delibes unter GMD Victor Puhl. Ab und zu hätte man sich mehr Zurückhaltung gewünscht, da des öfteren die Gesangslinien überdeckt werden. Alexander Trauth (Nilakantha), als fanatisch gegen die englische Besatzung rebellierender Brahmane, beeindruckt mit mächtigem Baß, deutlicher Artikulation und sauberer Intonation. Nur die Höhen werden oft unter Mühen erreichte. Andreas Wagner (Gérard) wird mit starkvolumiger Tenorstimme der Rolle des sehnsüchtigen Liebhabers gerecht. Leider wird der Eindruck durch Forcieren und Pressen in der Höhe beeinträchtigt. In den Duetten mit Lakmé sind seine dynamischen Schattierungen besser. Hauptfigur der Oper ist Lakmé, der von Nilakantha als Priesterin erzogenen Tochter. Adréana Kraschewski wirkt in ihrem roten Sari mit prächtigen langgelockten, schwarzen Haaren wie eine stilgerechte Brahmanin. Mienenspiel und gemessene Bewegungen unterstreichen ihr Amt als Hindupriesterin. Umso schlimmer, daß entgegen des Librettos, Nilakantha sie mit den Händen an den Haaren  auf den Boden drückt, um sie zum Singen zu zwingen. Höhepunkt des Gesangs ist die Legende der Tochter des Paria, das Paradestück aller großen französischen Sopranistinnen, allen voran von Mady Mesplé und neuerdings von Natalie Dessay. Kraschewski hat also ein schweres Erbe! Doch sie hat einen geschmeidigen Sopran und ihre lyrische Stimmfarbe ist hinreißend. Diese akrobatisch schwere Legende voller Verzierungen, chromatischen Abstürzen, halsbrecherischen Staccati meistert sie vorzüglich. Allein die von Delibes minutiös notierten Rhythmen werden öfter vernachlässigt. Das tut aber dem Gesamteindruck wenig Abbruch. Ihr letztes Solo tu m’as donné le plus doux rêve – du gabst mir den süßesten Traum trägt sie mit elegischer Weichheit vor. Sie geht unter die Haut!

Fazit

Absurd die vielen Regieäderungen, die gegenüber der lyrischen Anlage dieser sehr französischen Oper wenig Sensibilität erahnen lassen. So will der Diener Hadji, seine Herrin Lakmé plötzlich vergewaltigen, nur verhindert durch Géralds Erscheinen. Der Gifttod Lakmés war der Regie offensichtlich zu wenig theatralisch: hier verbrennt sich Lakmé auf dem Marktplatz und Gérald läßt es sich nicht nehmen, sie zu begleiten. Leider werden die Tänze (außer Persian) nicht gebracht und das vom größten Ballettkomponisten (z.B. Coppélia)!

Das Publikum merkt von alldem wenig, klatscht ausreichend und bedenkt die Schwarzjacken (Regie) mit keinem Buh.

Dr. Olaf Zenner

Bild: Friedemann Vetter

Das Bild zeigt: Adréana Kraschewski (Lakmé)  Bildmitte, Alexander Trauth (Nilakantha) 2. re., Peter Koppelmann (Hadji) 1. re. und Statisterie

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