Aachen, Stadttheater – ORFEO ED EURIDICE – ORPHEUS UND EURIDIKE

von Christoph Willibald Gluck, Oper in drei Akten, in italienischer Sprache mit deutschem Übertitel;
Libretto: Ranieri de Calzabigi, UA: 5.Oktober 1762, Wien
Regie: Martin Philipp, Bühnenbild: Detlev Beaujean
Dirigent: Volker Hiemeyer, Sinfonieorchester Aachen, Opernchor, Einstudierung: Frank Flade
Solisten: Annika van Dyk (Orfeo), Zoe Nicolaidou (Euridice), Soo-Jin Park (Amor)
Besuchte Aufführung: 13.4.2008 (Premiere)

Kurzinhalt
aachen-orfeo.jpgOrfeo trauert über den Tod seiner Gattin Euridice. Da erscheint Gott Amor und macht ihm neuen Mut. Orfeo soll die Gelegenheit bekommen, in die Unterwelt zu reisen und Euridice zurück ins Leben zu holen. Einzige Bedingung sei, daß er Euridice auf keinen Fall ansehen dürfe. Anderenfalls würde er sie erneut für immer verlieren. Dieses Angebot weckt bei Orfeo neuen Lebensmut, aber auch Zweifel. Wie wird Euridice wohl auf sein Verhalten reagieren? Vor den Toren der Unterwelt wird er von den Furien empfangen. Diese versperren ihm den Durchgang. Aber mit seiner Stimme bezwingt Orfeo sogar diese Wesen der Unterwelt. Durch seinen Gesang sind die Furien so ergriffen, daß sie ihn doch passieren lassen. Orfeo durchquert die Tore und trifft wenig später auf Euridice. Er ergreift ihre Hand und fordert sie auf, ihm schweigsam zu folgen. Dabei schaut er sie nicht an. Euridice ist verwirrt und deutet sein distanziertes Verhalten als Gleichgültigkeit ihr gegenüber. Sie fleht Orfeo an, ihr ein Zeichen der Liebe zu schenken. Schließlich kann Orfeo sich nicht mehr zurückhalten und bricht sein Versprechen. Er sieht sie an und gleich darauf stirbt Euridice. Aus Verzweiflung beschließt Orfeo sich ebenfalls das Leben zu nehmen. Aber auch hier hat Amor Mitleid mit ihm und verhindert dies. Er erweckt Euridice wieder zum Leben und schickt das Paar zurück auf die Erde. In freudiger Stimmung wird der Triumph des Liebesgottes gefeiert.
Vorbemerkung
Bei dieser Oper handelt es sich um ein besonderes Werk im Schaffen Glucks. Sie stellt den Versuch einer Synthese von Opera seria und der französischen Tragédie lyrique dar. Daher wurde die Oper sowohl in italienisch, als auch in französisch geschrieben. Sie bricht mit der Operntradition des frühen 18. Jahrhundert, indem sie dessen Künstlichkeit, beispielsweise die ausgedehnten Koloraturarien, ablehnt. Statt dessen besticht sie durch Einfachheit und eine geradlinige Handlung. Leider lieferte das Programmheft des Opernhauses wenig Informationen über die Besonderheiten der Gluckschen Oper.
Aufführung
Die Inszenierung rückte die Musik ganz in den Vordergrund, was vielleicht aus dramatischer Sicht nicht besonders aufregend war, aber zu einer Gluck-Oper sehr gut paßte. Dies geschah allen voran durch eine sehr schlichte Optik von Bühnenbild und Kostüme.
Im ersten Akt blieb die Bühne abgesehen von einer Treppe und einem Messer als Requisite leer. Auf eine schwarze Wand (als Ersatz für einen roten Vorhang) wurde ein Film projiziert. Er zeigte die beiden Hauptdarsteller glücklich als Paar vereint. Im zweiten Akt hob sich die schwarze Wand und enthüllte eine erhöhte Konstruktion, die die Höllenatmosphäre sehr beeindruckend vermittelte. Die Furien wurden dargestellt durch kleine Figuren, die auf eine Walze gesteckt waren und sich um ihre eigene Achse drehten. Die Szene im Elysium wurde aufgegriffen durch eine Waldatmosphäre in Grüntönen. Dies blieben die einzigen bunten Effekte in dem Stück, bei dem sonst die Farbe Schwarz vorherrschend blieb. Auch die Kostüme waren unauffällig schwarz, allein Euridike trug ein weißes Kleid.
Stimmlich überzeugte Annika van Dyk (Orfeo) durch ihren warmen Mezzosopran, der gut zu ihrer Rolle paßte. Auch schauspielerisch konnte sie Orfeos Verzweiflung durch eine sehr überzeugende Mimik Ausdruck verleihen. Sehr auffallend war auch Soo-Jin Park (Amor) deren klarer und schmetternder Sopran eine Bereicherung für das Stück war.

Die Rolle des Amors spielte sie ebenfalls sehr überzeugend, wobei sie die intriganten Züge des Gottes in den Vordergrund rückte. Sie trug ständig zwei Puppen mit sich, die Orfeo und Euridice verkörpern sollten. Durch diese manipulierte sie die beiden, wo sie nur konnte, wie bei einem Voodoo Zauber. Damit zeigte sich deutlich, wer in dem Stück die Fäden in der Hand hielt. Auch ihr Aussehen (schwarzes Lederkleid und kurze schwarze Zöpfe) unterstricht den verspielten Charakter ihrer Rolle.
Zoe Nicolaidou (Euridice) war ein weiterer Höhepunkt des Abends. Durch ihren kräftigen, metallischen Sopran konnte sie vor allem den Schmerz und die Ängste Euridikes sehr gut umsetzen. Besonders hervorzuheben ist auch die Leistung des Chores, der sehr gut mit dem Orchester unter Volker Hiemeyer zusammen agierte.
Das Ende des Stückes war etwas irritierend, da es dem glücklichen Ende der Vorlage nur teilweise entsprach. Auch hier war Soo-Jin Park als Amor wieder sehr dominant. Sie versetzte dem Liebespaar einen Stoß, das sich daraufhin wie ein Uhrwerk in Bewegung setzte und im Kreis drehte. Somit wurde die Abhängigkeit von Amors Wohlwollen noch auf die Spitze getrieben.
Fazit
Eine sehr schlichte Umsetzung des Stückes, die sich auf das Musikalische konzentriert. Optisch nicht unbedingt spektakulär, dafür aber akustisch um so mehr.

Melanie Joannidis
Bild: Carl Brunn
Das Bild zeigt Annika van Dyk (Orfeo), Zoe Nicolaidou (Euridice, liegend)

Veröffentlicht unter Aachen, Stadttheater

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