von Giuseppe Verdi (1813-1901), Oper in drei Akten, Libretto: Francesco Maria Piave nach dem Drama La Dame aux camélias von Alexandre Dumas, UA: 1853, Venedig, Teatro La Fenice
Regie: Kerstin Weiß, Bühne: Bernhard Niechotz, Kostüme: Katrin Kammann, Choreographie: Sabrina Sadowska, Dramaturgie: Lür Jaenike
Dirigent: Karl Prokopetz, Philharmonisches Orchester und Opernchor des Theaters Vorpommern, Einstudierung: Thomas Riefle
Solisten: Ulrike Maria Maier (Violetta Valéry), Wiebke Damboldt (Flora Bervoix), Christina Winkel (Annina), Kerem Kurk (Alfredo Germont), Chul-Ho Jang (Giorgio Germont), Noriyuki Sawabu (Gaston), Ahmet Melih Colakoglu (Baron Douphol), Volkmar Aßmus (Marquis d‘Obigny), Bernhard Leube (Doktor Grenvil) u.a.Besuchte Aufführung: 12. März 2011 (Premiere)
Bei einem Fest wird Alfredo Germont mit der schönen Kurtisane Violetta Valéry bekannt gemacht, die das rauschhafte Pariser Gesellschaftsleben in vollen Zügen genießt und dabei versucht, ihre eigene tödliche Krankheit zu vergessen. Als Alfredo ihr seine Liebe gesteht, bricht sie mit ihrer Vergangenheit, und sie ziehen sich gemeinsam aufs Land zurück. Alfredos Vater, um das Ansehen seiner Familie besorgt, bringt Violetta dazu, sich von Alfredo zu trennen und nach Paris zurückzukehren. Alfredo reist ihr nach und findet sie bei einem Fest an der Seite eines ihrer früheren Liebhaber, Baron Douphol. Alfredo, der von Violettas Beweggründen nichts weiß, demütigt sie in aller Öffentlichkeit. Als sein Vater ihn über die Hintergründe aufklärt, sucht er sie voller Reue wieder auf und erreicht sie kurz vor ihrem Tod. Violetta stirbt, während sie mit Alfredo eine gemeinsame Zukunft erträumt.
Aufführung
Bühnenbild und Kostüme sind durchgehend im Stil der 1970er Jahre gehalten. Alfredo hebt sich von der farbenfrohen Partygesellschaft durch einen langweiligen grauen Anzug ab, sein Vater im schwarzen Gehrock weckt Assoziationen an einen Pfarrer. Das Casino des ersten Aktes und des zweiten Bildes im zweiten Akt zeigt eine orange gestreifte, in verschiedenen Farben beleuchtete Bar, großflächige Muster an den Wänden, eine Deckendekoration aus kleinen beleuchteten Glaskugeln und Bistromobiliar. Dabei ist das Bühnenbild geschickt so gestaltet, daß die geringe Größe der Bühne kaum auffällt.
Der Aufenthalt auf dem Land spielt sich auf einem verfallenen Rummelplatz ab; Alfredo restauriert dort ein altes Karussellpferd. Violettas Kammer im letzten Akt ist bis auf das Bett, einen Stuhl und das Karussellpferd aus dem zweiten Akt leer, Wände und Boden sind ganz und gar schwarz. Das Bett ist erhöht auf einem Podest angebracht. Tür und Fenster sind zu einem breiten Durchgang verschmolzen, der nur mit einem durchscheinenden schwarzen Fadenvorhang verschlossen und mit einem Leuchtschild „Exit“ gekennzeichnet ist. So wirkt das Bühnenbild des letzten Aktes wie eine verlassene Theaterbühne.
Sänger und Orchester
Alles war an diesem Abend auf Ulrike Maria Maier (Violetta Valéry) ausgerichtet. Mit ihrer souveränen Darbietung, ihrem klaren und beweglichen, aber dennoch warmen und vielschichtigen Sopran stellte sie alle anderen Akteure in ihren Schatten. Daß sie zudem sehr hübsch aussah, war dem nicht abträglich. Die durchaus angenehme, lyrische Tenorstimme von Kerem Kurk (Alfredo Germont) zeigte im ersten Akt gewisse Schwächen, wo er merkwürdig gehemmt wirkte und seine Stimme nasal klang. Danach sang er befreiter, erlangte aber in Volumen und Durchschlagskraft nie besondere Stärke. Bei Szenen zusammen mit Chul-Ho Jang (Giorgia Germont) war dieser trotz seiner tieferen Stimmlage wesentlich besser zu hören. Er überzeugte in seiner Rolle, die er mit sonorem Klang stimmlich variabel gestaltete – daß er oft etwas steif auftrat, paßte zu seiner Interpretation des konservativen Familienvaters. Wiebke Damboldt (Flora Bervoix) gab zwar optisch eine gute Figur ab, fiel aber durch teilweise extremes Vibrato unangenehm auf. Die anderen Akteure erfüllten ihre kleineren Rollen unspektakulär, aber solide. Durchweg positiv war die sehr gute schauspielerische Leistung und hervorragende Textartikulation aller Sänger, auch des Chores.
Weniger überzeugend zeigte sich das Orchester an diesem Abend. Besonders störend waren große Intonationsschwierigkeiten der hohen Streicher während der Ouvertüre und des Vorspiels zum dritten Akt. Auch die Abstimmung zwischen Instrumentalisten und Sängern ließ, vor allem vor der Pause, sehr zu wünschen übrig. Phasenweise gelang es dem Orchester, angemessen in den Hintergrund zu treten und so nicht mehr aufzufallen.
Fazit
Am Ende der Aufführung blieb besonders die phantastische Gestaltung der Titelrolle in Erinnerung – alles andere verblaßte dahinter. Das dankbare Greifswalder Publikum wußte eine solche in der Kleinstadt seltene Ausnahmeleistung zu würdigen. Und so feierte Ulrike Maria Maier einen schönen Erfolg, der verdientermaßen mit großem Applaus bedacht wurde.
Anna-Juliane Peetz-Ullman
Bild: Vincent Leifer
Das Bild zeigt: Kerem Kurk (Alfredo Germont), Ulrike Maria Maier (Violetta Valéry)