von Giuseppe Verdi (1813-1901), lyrische Komödie in drei Akten, Libretto: Arrigo Boito nach William Shakespeare, UA: 1893, Mailand, Teatro alla Scala
Regie: Sven-Eric Bechtolf, Bühne: Rolf Glittenberg, Kostüme: Marianne Glittenberg, Licht: Jürgen Hoffmann
Dirigent: Daniele Gatti, Orchester und Chor der Oper Zürich, Choreinstudierung: Ernst Raffelsberger
Solisten: Barbara Frittoli (Alice Ford), Eva Liebau (Nannetta), Yvonne Naef (Mistress Quickly), Judith Schmid (Meg Page), Ambrogio Maestri (Sir John Falstaff), Massimo Cavalletti (Ford), Javier Camarena (Fenton), Patrizio Saudelli (Dr. Cajus), Martin Zysset (Bardolfo), Davide Fersini (Pistola)
Besuchte Aufführung: 20. März 2011 (Premiere)
Wir sind im fünfzehnten Jahrhundert. In einem Wirtshaus in Windsor verfaßt der verarmte und stark beleibte Ritter Falstaff zweimal denselben Brief, um die vermögenden Damen Alice und Meg zur finanziellen Unterstützung zu bewegen. Die Frauen durchschauen Falstaffs Intension, denken sich einen Plan aus, um sich zu belustigen und laden ihn zu einem Rendezvous ein. Auf Falstaffs Weg zu Alice Ford begleitet ihn sogar ihr eifersüchtiger Mann in Verkleidung. Wegen daraus resultierender Turbulenzen im Hause Ford muß sich Falstaff im Wäschekorb verstecken. Alice befiehlt ihren Dienern, den Wäschekorb zum Fenster hinaus in die Themse zu leeren. Trotz dieser bitteren Erfahrung willigt Falstaff auf eine neue Verabredung mit Alice ein. Diesmal ist eine nächtliche Maskerade mit einer Doppelvermählung als Höhepunkt organisiert. Ford gedenkt, seine Tochter mit Dr. Cajus zu verheiraten, doch es kommt anders. Falstaff gerät in die Rolle des Belustigungsobjekts und verzeiht, da er schließlich zur Hochzeit eingeladen wird.
Aufführung
Ein altes Ölgemälde wird lebendig: die Bühne in Weiß mit wenigen charakteristischen Gegenständen ergänzt durch, glanzvolle Kostüme in gedämpften Farben. Ein besonderes reizvolles Bild gibt der wie Falstaff gekleidete, jedoch im Gegensatz zu dessen Leibesfülle, schmächtige Page ab. Die geschmackvolle Kleidung der Diener verdeutlicht ihren Stellenwert; offensichtlich besitzen sie bei ihrem Herrn viel Entscheidungsfreiheit. Jedes Detail, wie auch das raffiniert eingesetzte Licht, sorgt für Stimmung. Später verwandelt sich die Bühne in einen lieblichen Garten mit vielen Bäumchen und weißen Bänken. Das Innere der Wohnräume von Familie Ford trägt Wandtapeten mit charmantem Rosenmuster. Ein besonders großer Wäschekorb mit viel Schwung wird, diesmal von vier Frauen, zum Fenster hinaus geworfen. Ein hohes Grasufer, auf dem Mistress Quickly stolpert und hinfällt, dazu der hellblaue Himmel im Hintergrund mit dem tropfnassen, Falstaff sind die weiteren Finessen. Der nächtliche Wald erhält durch das gedämpfte Licht mit kühlem dunklem Blau und Glitter einen besonderen Zauber, wozu eine winterliche Märchenstimmung kommt.
Sänger und Orchester
Das Orchester der Oper Zürich spielte mit Herz und dennoch vermochten sich die starken Solisten gut durchzusetzen. Die gelungenen Ensemblenummern mit schnellem Staccato (2. Bild, 1. Akt) wie auch die Schlußfuge Tutto nel mondo è burla – Alles auf der Welt ist Scherz (3. Akt) war ein offenkundiger Beweis des außerordentlich guten Zusammenspiels zwischen dem Orchester und den Sängern.
Ambrogio Maestri (Falstaff) präsentierte seine kräftigen, aber ausdrucksstarke stimmliche Qualitäten besonders in Mondo ladro – Diebische Welt (3. Akt). Bewundern konnte man zudem seinen Gesichtsausdruck, seine gute Aussprache und differenzierten Stimmklang. Barbara Frittoli (Alice Ford) sang in vollkommener Intonation und klaren Koloraturen. Der brillante und jugendlich frische Tenor des Javier Camarena (Fenton) war die perfekte Ergänzung zu der klarklingenden Stimme der Eva Liebau (Nannetta). Sie standen sogleich im Mittelpunkt mit Bocca baciata… anzi rinnova come fa la luna – Ein Mund… es kehrt wie des Mondes Rund stets zurück (1. Akt). Ein gutes Spiel und ansprechende stimmliche Qualitäten gab Massimo Cavalletti (Ford) im É sogno o realtà? – Ist es ein Traum? (2. Akt) zum Besten. Patrizio Saudelli (Dr. Cajus), Martin Zysset (Bardolfo), Davide Fersini (Pistola) und Judith Schmid (Meg Page) sowie die dunkle, geschmeidige Stimme der Yvonne Naef (Mistress Quickly) setzten dem Abend weitere teils komische, teils berührende Glanzlichter auf.
Fazit
Die Aufführung wirkte natürlich und erfrischend, so daß das Publikum nicht zurückhaltend mit seinen positiven Zurufen und langanhaltendem warmen Beifall blieb. Der Zürcher Falstaff war spannend, amüsant und witzig.
Ruta Akelyte Hermann
Bild: Suzanne Schwiertz
Das Bild zeigt: Barbara Frittoli (Alice Ford) und Ambrogio Maestri (Sir John Falstaff) beim Rendezvous im Hause Ford