Lohengrin – Mannheim, Nationaltheater

von Richard Wagner (1813-1883), Romantische Oper in drei Aufzügen, Libretto: Richard Wagner auf der Grundlage der Gestalt des Loherangrîn in Wolfram von Eschenbachs Versepos Parzival, UA: 28. August 1850, Weimar, Großherzogliches Hoftheater

Regie: Tilman Knabe, Bühne: Johann Jörg, Kostüme: Kathi Maurer, Dramaturgie: Anselm Dalferth, Licht: Bernard Häusermann

Dirigent: Dan Ettinger, Orchester, Chor und Extrachor des Nationaltheater Mannheim, Chor: Tilman Michael,

Solisten: Rúni Brattaberg (Heinrich), István Kovácsházi (Lohengrin), Cornelia Ptassek (Elsa), Karsten Mewes (Telramund), Judith Németh (Ortrud), Thomas Berau (Heerrufer), David Lee, Benedikt Nawrath, Radu Cojocariu, Johannes Wimmer (Edle), Sibylle Vogel, Susanne Nederkorn, Gudrun Hermanns, Malaika Ledig (Edelknaben)

Besuchte Aufführung: 3. April 2011 (Premiere)

Kurzinhalt

Graf Telramund klagt Elsa, die Tochter des verstorbenen Herzogs von Brabant, des Brudermordes an. König Heinrich, der die Brabanter zum Feldzug ruft, soll Recht sprechen: Ein Zweikampf wird über Elsas Schuld entscheiden. Wie durch ein Wunder erscheint ein fremder Ritter in einem, von einem Schwan gezogenen Boot, und besiegt Telramund. Elsa unterwirft sich der Bitte des Ritters, ihn nie nach seinem Namen und Herkunft zu befragen. So steht ihrer Vermählung nichts mehr im Wege. Als Ortrud und Telramund am Hochzeitstag in aller Öffentlichkeit den Ritter des Betrugs und der Zauberei beschuldigen, hält Elsa treu zu ihm. Als das frisch getraute Paar später alleine ist, übermannen Elsa allerdings Zweifel und sie bricht das Frageverbot. Telramund, der ins Brautgemach eindringt, fällt im Kampf gegen den Gralsritter Lohengrin. Ortruds endgültiger Triumph wird aber durch ein Gebet Lohengrins verhindert, da es die Rückkehr Gottfrieds, des rechtmäßigen Thronfolgers von Brabant, bewirkt.

Aufführung

Noch vor dem Vorspiel betritt ein Mann die Bühne, ein anderer (der spätere Lohengrin) wird von zwei Uniformierten herbeigeschleppt und zusammengeschlagen. Blutend bleibt er während des Vorspiels liegen, wird verhört (vom späteren König), und gepflegt von einer Frau (der späteren Elsa). Auf der Bühne wird ein parlamentarischer Sitzungssaal sichtbar, Reporter inklusive. Rechts befindet sich ein Glaskasten, in dem ein Schild und ein Schwert ausgestellt sind – im weiteren Verlauf die gefolterte Anhänger Friedrichs. Alle Akteure sind in Anzug oder Kostüm gekleidet. Lohengrin betritt die Bühne, der Schwan wird von seinem Gefolge im Rücken der Zuschauer auf den Balkon getragen (immerhin in gelbem Licht). Elsa, hier nicht ganz so rein und keusch, flirtet zunächst mit dem König, bevor sie im Brautkleid Sex mit dem Heer-Rufer hat (vom Publikum direkt beklatscht und mit Buh-Rufen kommentiert). Dieser hilft im Kampf – hier eine Debatte an den Rednerpulten mit Stroboskoplicht – Lohengrin, indem er Friedrich K.O.-Tropfen ins Wasser mischt. Die Kulisse bleibt weitestgehend unverändert, nur die Gemächer der frisch Vermählten werden durch ein silbernes Bett, dessen Kopfende ein riesiger Schwan darstellt, angedeutet.

Sänger und Orchester

Allen voran ist István Kovácsházi als Lohengrin zu nennen, der mit schlankem, strahlendem Heldentenor den Kraftakt seiner Rolle mit Bravour meistert. Ihm als Partnerin ebenbürtig zur Seite gestellt ist Cornelia Ptassek (Elsa), die scheinbar mühelos in den Höhen brilliert, in den tieferen Lagen allerdings an Substanz verliert. Als intrigantes Gegenpaar agieren ebenfalls überzeugend, und in harmonischem Zusammenspiel Karsten Mewes (Telramund), mit kernig-expressivem Bariton, und Judith Németh (Ortrud), mit ihrem großen dramatischen Potential. Thomas Berau (Heer-Rufer) wird seiner Rolle als windiger Heer-Rufer zumeist gerecht, im Gegensatz zu Rúni Brattaberg als König Heinrich. Dieser kämpft sich mit hörbarer Anstrengung durch die hohen Lagen seiner Rolle. Fast allgegenwärtig sind die solide einstudierten Chöre, massenszenentauglich immer bestens positioniert. Großartig ist die Leistung Dan Ettingers, der es versteht dem Orchester sphärisch-entrückte, ebenso wir profunde Klänge zu entlocken, mit sicherem Gespür für Spannung und dramatische Bögen. Ein besonderes Lob gilt den Bläsern des Orchesters, die intonationssicher und sauber aufspielen.

Fazit

Musikalisch wurde der Abend dem Anspruch durchaus gerecht – die Bravo-Rufe und der frenetische Applaus für Sänger und Orchester sprechen für sich. Daß sich an der Inszenierung (wie immer?) die Geister scheiden zeigte sich schon zur ersten Pause: Buh- und Bravo-Rufe hallten durch den Zuschauerraum.

Isabell Seider

Bild: Hans Jörg Michel

Das Bild zeigt: Liebesakt zwischen dem Heer-Rufer (!) und Elsa, der Braut

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