von Leoš Janáček. Oper in drei Akten, Libretto von Vincenc Červinka nach dem Schauspiel Gewitter von Alexander N. Ostrowskij. UA: 23. November 1921, Brünn (Nationaltheater). Deutsche Erstaufführung am 8. Dezember 1922 in Köln!
Regie: Robert Carsen, Bühnenbild/Kostüme: Patrick Kinmonth
Dirigent: Markus Stenz, Gürzenich Orchester, Köln, Choreinstudierung: Andrew Ollivant, Choreographie. Philippe Giraudeau
Solisten: Rebecca Nash (Kát´a), Albert Bonnema (Boris), Daniel Henriks (Dikoj), Ks. Doris Soffel (Kabanicha), Hans-Georg Priese (Tichon), Hauke Möller (Kudrjáš), Viola Zimmermann (Varvara), Leandro Fischetti (Kuligin), Adriana Bastidas Gamboa (Glaša), Angelica Böttcher (Fekluša), Chor der Oper Köln, Statisterie.
Besuchte Aufführung: 19. April 2008 (Premiere) (UA dieser Produktion war 2004 in der Vlaamse Opera Antwerpen)
Kurzinhalt
Boris entstammt einer adeligen Familie aus Moskau und kann nur dann sein Erbe antreten, wenn er bis zur Volljährigkeit bei seinem Onkel Dikoj auf dem Land in Diensten steht. Die reiche Kaufmannswitwe Kabanicha führt ein tyrannisches Regiment im Haus Kabanov, wo sie mit ihrem Sohn Tichon und dessen Frau Katja, die Boris heimlich begehrt, lebt. Kabanicha beargwöhnt die Schwiegertochter und zwingt ihren Sohn, eine lange Geschäftsreise anzutreten. Katjas Herz gehört ebenfalls Boris. Sie fleht Tichon an, zu bleiben, oder sie mitzunehmen und findet kein Gehör. Nach dem Abschied bleibt Katja mit der mißtrauischen Schwiegermutter und der Pflegetochter Varvara zurück. Letztere verhilft ihr zu einem Treffen mit Boris. Zwei Wochen nach Tichons Abreise während eines starken Gewitters suchen einige, darunter Kudrjáš und sein Freund Kuligin, sowie Dikoj Unterstand, Varvara raunt Boris zu, daß Katjas Ehemann zurückgekehrt sei. In ihrer Verzweiflung gesteht Katja vor allen den Ehebruch und stürmt in die Dunkelheit. Sie kann Boris, der vom Onkel weit weg versetzt wurde, noch einmal in die Arme schließen und stürzt sich, gelockt von geheimnisvollen Stimmen aus der Wolga, in die Fluten. Tichon ist schmerzerfüllt und stellt sich nun gegen seine von ihm als Mörderin bezeichnete Mutter.
Die Aufführung
Der zur Ouvertüre sich hebende Vorhang gibt den Blick auf die weite Landschaft einer gefluteten Bühne im Halbdunkeln frei, auf der junge, weiß gewandete Mädchen wie Ertrunkene im Wasser liegen. Das tragische Ende der unglücklichen Kát’a im Schlußbild wird vervielfacht und vorweggenommen. Am Ende liegt die Protagonistin allein, ertrunken im Wasser. Das Wasser – die Wolga – in weitem Raum wird gleichzeitig Sinnbild für die zerfließende Liebe, die innere Seelenlandschaft der unglücklichen Kát’a. Selten hat eine Statisterie so einprägsame und durchchoreographierte Bilder in den Zwischenspielen zu verkörpern: Die Ertrinkende, die Schwankende, die Haltsuchende und – nicht zu vergessen – das Neuarrangieren der Holzpaletten von Szene zu Szene. Die karge Bühne bevölkern die Sänger in Kostümen im Stil von 1920, also der Entstehungszeit der Oper. In bläuliches Licht getaucht ist die erste Szene, wo man den angelnden Kudrjáš sieht. Die strenge Würde der Kabanicha ist bestechend.
Die Szenerie kommt mit wenig Material aus. Eine durchdachte Lichtregie und Projektion der Wasserwellen auf die Hinterwand der Bühne lassen eindrucksvolle Bilder entstehen, in deren Zentrum die Menschen stehen. Die Lichtregie ist grandios, etwa, wenn die suchenden Dorfbewohner am Ende wie Schatten erscheinen.
Sänger und Orchester
Musikalisch spielt das Gürzenich Orchester sehr am Detail orientiert, stets blühend auf. Aus der Sängerriege ragt die Australierin Rebecca Nash heraus, die ihre Kát’a sensibel entwickelt und ohne Schärfe ins Dramatische steigert. Mit ihrer Rolle geht sie schauspielerisch geradezu seine Symbiose ein, obwohl sie figürlich betrachtet schwer über die erotische Ausstrahlung einer Kát’a verfügt. Gegen die stimmliche Hochform der Nash fiel Albert Bonnema als Boris etwas ab. Doris Soffel ist eine Idealbesetzung für die böse Kabanicha, die mit berückender Stimme und auffallend glänzender körperlicher Präsenz und Schauspielvermögen die Fäden des Schicksals zieht. Daniel Hendriks gefiel als Dikoj, etwas blaß blieb Hans Georg Prieses Tichon, Hauke Möller gefiel sehr gut als Kudrjáš, wie auch Viola Zimmermann als Varvara und die übrigen.
Fazit
Eine Inszenierung mit Nachwirkung, die Libretto und Musik gleichermaßen ernst nimmt und den Ausdruck der viel beschworenen inneren Dramatik in symbolkräftige Bilder umsetzte und gleichermaßen auf die Musik setzte. Das Auge wird nicht mit optischen Reizen überflutet, sondern findet in ästhetischen, eindringlichen und aus dem Inhalt erschlossenen Bildern Anreize. Musikalisch waren das Gürzenich Orchester und die Sänger auf bemerkenswerter Höhe.
Felicitas Zink
Bild: Klaus Lefebvre
Das Bild zeigt Varvara (Viola Zimmermann), Kát´a (Rebecca Nash), Kabanicha (Doris Soffel)
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