OTELLO – Freiburg, Theater

von Giuseppe Verdi (1813-1901), Oper in vier Akten, Libretto: Arrigo Boito, UA: 1887, Mailand, Teatro alla Scala. Regie: Eva-Maria Höckmayr, Bühne: Nina von Essen, Kostüme: Julia Rössler, Licht: Michael Philipp, Dramaturgie: Dominica Volkert

Dirigent: Fabrice Bollon, Orchester: Philharmonisches Orchester und Opernchor, Extrachor sowie Zusatzchor des Theater Freiburg, Choreinstudierung: Bernhard Moncado

Solisten: Luis Chapa (Otello), Christina Vasileva (Desdemona), Juan Orozco (Jago), Roberto Gionfriddo (Cassio), Christoph Waltle (Roderigo), Jin Seok Lee (Lodovico), Lorenz Minth (Montano), Sang Hee Kim (Emilia), Leon Warnock (Herold)

Besuchte Aufführung: 16. April 2011 (Premiere)

Kurzinhalt

Die Handlung der Oper folgt der von Shakespeares gleichnamiger Tragödie: Der übergangene Fähnrich Jago beschließt, den Oberbefehlshaber der venezianischen Flotte Otello und den von ihm beförderten Cassio zu Fall zu bringen. Dies gelingt Jago, indem er nach und nach Otellos unbegründeten Verdacht schürt, daß seine Frau Desdemona ihn mit Cassio betrügt. Jago geht dabei so geschickt vor, daß Otello schließlich den Entschluß faßt, Desdemona zu töten. Zuvor beschimpft der von Eifersucht zerfressene Otello Desdemona in aller Öffentlichkeit und wirft sie vor Augen des venezianischen Botschafters zu Boden. Zwischenzeitlich schafft es Jago, Roderigo dazu zu überreden, Cassio zu ermorden. Am Ende erwürgt Otello die unschuldige Desdemona in ihrem Bett. Zu spät erscheint Jagos Frau Emilia und klärt die Intrige auf. Otello begeht Selbstmord, Jago entkommt.

Aufführung

Die Freiburger Aufführung lebt zum einen von einem auf vielfältige Weise einsetzbaren, labyrinthartigen Gerüst aus Metall, Holz und Plexiglas, das sich über alle fünf Akte hinweg auf der Drehbühne befindet und die verschiedenen Orte des Stückes darstellen. Zum anderen werden viele Symbole eingesetzt, die das Innere der Figuren darstellen sollen. So färbt sich Otellos Gesicht nach und nach schwarz. Erst am Schluß, als der Mord an Desdemona geschehen ist und Jagos Plan aufgegangen, wischt er sich die Farbe aus dem Gesicht. Die Eifersucht repräsentieren vier schwarz geschminkte und gekleidete Frauen mit blonden Haaren, die Otello umgeben und denen er sich zuwendet, immer wenn die Eifersucht an ihm nagt. Ebenso ist eine größere Anzahl weißgekleideter Frauen vorhanden, die Desdemonas Unschuld repräsentieren, die Otello jedoch allesamt ignoriert. Zu Beginn des vierten Aktes schluckt Desdemona eine Überdosis Schlaftabletten, nur um am Ende doch von Otello erwürgt zu werden.

Sänger und Orchester

In Sachen musikalischer Dramatik bleibt die Freiburger Aufführung kaum etwas schuldig. Das Philharmonische Orchester Freiburg unter Fabrice Bollon verstrahlt schon in der die Naturgewalten heraufbeschwörenden Anfangsszene der Oper jene Expressivität und Wucht, wie sie für Verdis modernes Spätwerk nötig erscheint, ohne jedoch im weiteren Verlauf die Sänger zu übertönen. Einzig in den Streichern gibt es gelegentlich intonatorische Wackler. Wuchtig und vor allem expressiv klingt auch der Opernchor des Theater Freiburg. Luis Chapa beginnt als Otello zunächst schleppend, steigert sich aber dann zunehmend, so daß im zweiten Akt sein Tenor über die erforderliche Durchschlagskraft verfügt und sein Timbre an Wärme gewonnen hat. Christina Vasileva als Desdemona dagegen stellt mit ihrem tragfähigen und hochdramatischen Sopran von Beginn an beinahe alle anderen in den Schatten. So stark und blühend gestaltet sie ihren Vortrag, daß man beinahe beginnt an ihrer Opferrolle zu zweifeln. Dementsprechend erhält Vasileva am Schluß den größten Applaus. Juan Orozco überzeugt gesanglich mit Präsenz und Präzision, bleibt schauspielerisch allerdings an Dämonie manches schuldig, was jedoch auf die Regiearbeit zurückzuführen sein könnte, die Jagos Bosheit eventuell weniger in den Vordergrund gestellt sehen will. Bleibt Christoph Waltle als Roderigo eher unauffällig, so kann Roberto Gionfriddo als Cassio mehr für sich einnehmen. Für Überraschung sorgt Jin Seok Lee als Lodovico, von dessen klangschöner und deutlicher Stimme man an diesem Abend gerne mehr gehört hätte, so war sein Auftritt zu kurz. Ähnlich verhielt es sich mit Sang Hee Kim als Emilia während Lorenz Minth als Montano hauptsächlich schauspielerisch überzeugte.

Fazit:

Trotz der offenkundigen Modernität und teilweisen Drastik der Aufführung spendete das Freiburger Publikum starken langanhaltenden Applaus nicht nur für Sänger und Orchester, sondern ebenfalls für die Regie. Fast keine Buhs waren im Jubel zu vernehmen. Insgesamt bewegte sich die Aufführung auf einem mehr als soliden Niveau.

Aron Sayed

Bild: M. Korbel

Das Bild zeigt:Otello (Luis Chapa)

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