von Albert Lortzing (1801-1851), komische Oper in drei Akten, Libretto: Albert Lortzing nach einem Lustspiel von August von Kotzebue, UA: 31. Dezember 1842, Leipzig
Regie: Dietrich Hilsdorf/Ralf Budde (Co-Regie), Bühne: Dieter Richter, Kostüme: Renate Schmitzer, Licht: Thomas Roscher/Max Karbe
Dirigent: Robin Engelen, Beethoven Orchester und Chor des Theaters Bonn, Choreinstudierung: Sibylle Wagner, Kinderchor, Einstudierung: Ekaterina Klewitz
Solisten: Giorgos Kanaris (Graf von Eberbach), Anjara I. Bartz (Gräfin, seine Frau), Carlos Krause (Pankratius), Mirko Roschkowski (Baron Kronthal), Julia Kamenik (Baronin Freimann), Charlotte Quadt (Kammerzofe), Renatus Mészár (Baculus), Kathrin Leidig (Gretchen), Statisterie
Besuchte Aufführung: 8. Mai 2011 (Premiere)
Baculus hat sich von seiner Verlobten Gretchen überreden lassen, einen Rehbock als Hochzeitsbraten zu schießen. Als er im Revier seines Arbeitgebers, des Grafen von Eberbach, beim Wildern erwischt wird, muß er um seine Position als Schulmeister fürchten. Seine Chance ist des Grafen Schwäche für schöne Frauen. Zu Hilfe kommt ihm unvermutet die Schwester des Grafen, die Baronin Freimann, die inkognito als Student verkleidet durchs Land reist, um ihren zukünftigen Bräutigam, Baron Kronthal, zu begutachten. Sie bietet Baculus an, sich als Gretchen zu verkleiden, um im Schloß für ihn vorzusprechen. Baron Kronthal, der sich als Stallbursche auf dem Schloß des Grafen eingeschleust hat, und der Baron sind von der Baronin als Gretchen hin und weg. Da sich der Baron tatsächlich in die verkleidete Baronin verliebt, zahlt er dem Schulmeister eine „Abfindung“ von 5000 Talern. Als am Ende die Masken fallen fühlt sich keiner schuldig, nicht einmal Baculus.
Aufführung
Auf der Bühne wird eine Hochzeit im ländlichen Stil gefeiert. Bräutigam ist der ältliche Schulmeister Baculus, die Braut die junge, hübsche Grete. Das Bühnenbild ist biedermeierlich im bäuerlichen Ambiente zurecht gemacht: Wandsprüche, eine Schultafel, ein Erker sind zu sehen. Die Gäste sind der Chor, ganz im Stil einfacher Leute des 19. Jahrhunderts ausgestattet. Das Bühnenbild zum zweiten Akt im gräflichen Schloß zeigt einen geschmackvollen, mit Lüstern beleuchteten Saal, in dem ein kleines griechische Theater für die Darbietungen der belesenen Gräfin angedeutet ist. Zur Billardszene am Ende des zweiten Aktes kann die Bühne gedreht werden, um einen massiven Billardtisch in den Mittelpunkt zu rücken. Der dritte Akt spielt im vornehm hergerichteten Schloß-Saal mit bemalten Wänden und stilvollem Mobiliar. Große Fenster geben den Blick auf einen Schloßpark frei, aus dem Blumenmädchen zum Tanz hereinkommen. Die Adligen sind entsprechend prachtvoller gekleidet als die Landbevölkerung. Die als Student verkleidete Baronin und ihre Zofe tragen Studentenkappen. Als sich am Ende Bruder und Schwester zu erkennen geben, platzen einige Studenten in den Saal, im Zuschauerraum und auf der Bühne regnet es Flugblätter.
Sänger und Orchester
Robin Engelen lenkte das Beethoven Orchester mit frischen Tempi durch die heitere Szenerie temporeich und vermittelte Lortzings heitere Klangwelt nachhaltig. Robin Engelen. Der wendige Spielbaß von Renatus Mészár verlieh allen voran dem alten Baculus Charaktertiefe, darüber hinaus spielte er glänzend; seine Arie Fünftausend Taler am Ende des zweiten Akts erntete verdientermaßen Sonderapplaus. Besonders einnehmen konnte auch Mirko Roschkowski mit seinem stets warmtönenden lyrischen Tenor und reifer Bühnenpräsenz als Baron Kronthal. Die übrigen Protagonisten Anjara I. Bartz (Gräfin), Karthin Leidig (Gretchen) und Julia Kamenik (Baronin Freimann) sowie Giorgos Kanaris (Graf Eberbach) waren starke Schauspieler und bewältigten ihre Gesangspartien ordentlich. Den Haushofmeister Pankratius spielte Carlos Krause amüsant komisch und mit sächsischem Dialekt.
Gesanglich hörte man Ordentliches, weniger Herausragendes, am angenehmsten fielen der Baß Renatus Mészár und der Tenor Mirko Roschkowski auf.
Fazit
Die Ouvertüre fehlte, deshalb wurden die Eingangstakte zum ersten Chor zum musikalischen Auftakt. Die Streichung der Ouvertüre beraubt dem Besucher die musikalische Einstimmung in die Oper. Das ist ebenso unverständlich wie unverzeihlich! Das Bühnenbild wirkte geschmackvoll, auch die Kostüme gaben sich in verschiedenen Facetten biedermeierlich. Hübsches Detail: sogar zwei Hunde folgten der Jagdgesellschaft. Ansonsten hielt sich Dietrich Hilsdorf an Lortzings Libretto, indem er dessen satirischen Anspielungen auf die einfachen Leute, die auf das Geld der herrschenden Klasse schielen, und die sich in Ausschweifungen ergehenden Adligen gelungen auf die Bühne brachte. Die Schluß-Aktion mit den Flugblättern (mit Zitaten, die das soziale Ungleichgewicht im Stil des Hessischen Landboten von Georg Büchner thematisierten) erinnerte sinnfällig an die studentischen Unruhen in der Entstehungszeit der Oper. Die Besetzung der Ko-Produktion mit dem Theater Chemnitz und der Volksoper Wien überzeugte besonders mimisch.
Felicitas Zink
Bild: Thilo Beu
Das Bild zeigt: Charlotte Quadt(Nanette), Kathrin Leidig(Gretchen), Julia Kamenik(Baronin Freimann), Renatus Mészár(Baculus), v.l.n.r.