von Giuseppe Verdi (1813-1901), Oper in 4 Akten, Libretto: Antonio Ghislanzoni u. Camille du Locle (nach der Erzählung La fiancée du Nil von Auguste Mariette), UA: 24. Dezember 1871, Kairo
Regie u. Bühnenbild: Ralf Nürnberger, Kostüme: Diana Pähler, Dramaturgie: Bernhard Lenort, Choreinstudierung: Christian Möbius
Dirigent: Evan Christ, Philharmonisches Orchester des Staatstheaters Cottbus, Chor des Staatstheaters Cottbus, Herren des Chores Cantica Istropolitana
Solisten: Jörg Simon (König), Marlene Lichtenberg (Amneris), Lucja Zarzycka (Aida), Jens Klaus Wilde (Radames), Ingo Witzke (Ramphis), Ludmil Kuntschew (Amonasro), Dirk Kleinke (Ein Bote), Aneta Kolton (Erste Priesterin) u. a.
Besuchte Aufführung: 21. Mai 2011 (Premiere)
Aida, die Tochter des äthiopischen Königs Amonasro, lebt als kriegsverschleppte Sklavin am ägyptischen Königshof. Sie ist heimlich in den Hauptmann Radames verliebt, der sie ebenfalls liebt. Doch auch Amneris, die Tochter des Königs, hat ein Auge auf Radames geworfen und sie beäugt Aida als vermutete Rivalin mißtrauisch. Auf Grund eines Überfalls durch die Äthiopier wird Radames zum Anführer der Truppen bestimmt, und er zieht mit ihnen in den Krieg. Amneris entlockt Aida ihr Liebesgeheimnis und sie sinnt, Radames für sich zu gewinnen. Jener kehrt siegreich mit Gefangenen im Schlepptau zurück. Unter ihnen ist Aidas Vater, König Amonasro. Er und Aida bleiben als Geiseln am Königshof und Radames wird die Hand von Amneris zugesprochen, doch der Feldherr hält an seiner Liebe zu Aida fest. Als Radames mit seiner Geliebten fliehen will und dieser ihr ein Kriegsgeheimnis verrät, das belauscht wird. Radames wird daraufhin zum Tode verurteilt, während Aida fliehen kann. Radames wird lebendig eingemauert. Zusammen mit Aida, die sich zuvor hier eingeschlichen hat, erwartet er den Tod, während Amneris reumütig für Radames betet.
Aufführung
Nach 49 Jahren stand erstmals wieder eine Neuinszenierung der Aida im Großen Haus des Staatstheaters Cottbus im Programm. Mit orientalisierendem Pomp in der Ausstattung hielt sich Ralf Nürnberger zurück. Lediglich angedeutete Säulenhallen-Elemente, Reste eines Pharaonenstandbildes oder auch einer großen Löwenskulptur rufen den Schauplatz der Handlung in Erinnerung. Mit Büroschreibtisch und Liegesofa im Second-Empirestil oder auch einem überdimensionalen Kriegsschiff-Gemälde im ersten Akt sowie kolonialistisch anmutenden Uniformen und ägyptischen Gewändern aus dem 19. Jh. wird die Handlung in die Zeit der Entstehung der Oper verlegt. Die Positionierung der Trompeten des Triumphmarsches auf den Emporen des Zuschauerraumes sowie auch der äthiopischen Gefangenen werden Handlung und Orchester teilweise über den Bühnenraum hinaus erweitert.
Sänger und Orchester
Höhepunkt des Abends war Marlene Lichtenberg. Grandios verkörperte sie in ihrer bühnenpräsenten Darstellung die verführende, die um die Liebe kämpfende und der von inneren Konflikten bis in den verzweifelten Wahn getriebenen Amneris. Ihr dunkel timbrierter, sich insbesondere in der Mittellage weit öffnender Mezzosopran wird von sauber intonierten Klangspektren in den höheren Bereichen flankiert. Ein wenig hinter ihren Leistungen zurück fällt die für die erkrankte Gesine Forberger kurzfristig eingesprungene Sopranistin Lucja Zarzycka. In den oberen Registern wird bei ihr die Luft etwas dünn und hier wirkt ihr Gesang leicht angestrengt. Dennoch vermag sie über weite Strecken in der lyrisch-dramatischen Ausformulierung zu überzeugen, wie im Finale beim Morir per te d’amore – zu sterben, so rein und schön. Jens Klaus Wilde (Radames) gefällt vor allem in den lyrischen Abschnitten, wenn auch die Arie Celeste Aida – Holde Aida die grundlegenden stimmlichen Schwierigkeiten aufzeigt: zu farblos und blaß, zu wenig akzentuiert und zu gleichförmig in der dynamischen Ausformulierung. Die Baßstimmen von Ingo Witzke (Ramphis) und Jörg Simon (König) wissen hingegen die tiefen Register in voluminösen Klangspektren unter klarem Duktus trefflich auszuformulieren. Ludmil Kuntschew (Amonasro) beeindruckt zudem mit seinem erdig angehauchten, gut situierten Bariton im Zwiegespräch mit Aida im dritten Akt.
Evan Christ führt das Philharmonische Orchester des Staatstheaters Cottbus luftig ausbalanciert durch die Partitur und der Chor des Staatstheaters Cottbus ist stimmlich vorzüglich aufgestellt.
Fazit
Der Aufführung gelingt es weitgehend durch die Reduktion der Bühnenelemente und Statisten das Werk von liebgewonnenen, klischeehaften sowie pompösen Überfrachtungen zu befreien und das kammerspielartige Gefüge der Hauptprotagonisten und ihre Beziehungen zueinander in den Vordergrund zu stellen. Auch gewinnt die Produktion durch die soliden Leistungen aller Beteiligten an Wert und läßt sie so nicht im Treibsand der Wüste versinken.
Dr. Andreas Gerth
Bild: Marlies Kross
Das Bild zeigt: Jens Klaus Wilde (Radames), Ludmil Kuntschew (Amonasro, kniend), Ingo Witzke (Ramphis), Jörg Simon (König), Marlene Lichtenberg (Amneris) (Vordergrund v.l.n.r.)