von Gioacchino Rossini, Komische Oper in zwei Akten, Libretto: Jacopo Ferretti, UA: 25. Januar 1817
Regie: Joan Anton Rechi, Bühne: Alfons Flores, Kostüme: Sebastian Ellrich
Dirigent:: Péter Halász, Aachener Sinfonieorchester und Herren des Opernchors Aachen, Choreinstudierung: Andreas Klippert
Solisten: Tansel Akzeybek (Don Ramiro), Hrólfur Saemnundsson (Dandini), Rolf A. Scheider (Don Magnifico), Astrid Pytttlik (Tisbe), Eva Bernard (Clorinda), Leila Pfister (Angelina), Pawel Lawreszuk (Alidoro))
Besuchte Aufführung: 19. Juni 2011 (Premiere)
Angelina, genannt Cenerentola (Aschenputtel), wird von ihrem Vater, Don Magnifico, und ihren Stiefschwestern, Tisbe und Clorinda, zum Dienstmädchen degradiert. Prinz Ramiro muß wegen Nachkommenschaft eine Frau fingen. Er begibt sich in Don Magnificos Haus, tauscht aber die Kleider mit einem Diener Dandini. So erscheint er als Kammerdiener verkleidet. Als erste trifft er dort auf Cenerentola, und beide verlieben sich ineinander. Der Prinz gibt auf seinem Schloß einen Ball. Clorinda und Tisbe, die es auf Reichtum abgesehen haben, versuchen den als Prinzen verkleideten Dandini um den Finger zu wickeln. Angelina taucht verkleidet als unbekannte Schönheit auf dem Fest auf. Sie hinterläßt Ramiro einen Armreif, damit er sie finden kann. Als Prinz Ramiro findet Cenerentola in Magnificos Haus. Auf ihrem Hochzeitsfest mit dem Prinzen verkündet Angelina, daß Güte über alles triumphiert: Sie vergibt Vater und Stiefschwestern die Demütigung der vergangenen Jahre.
Aufführung
Der in dem Märchen enthaltene Kontrast zwischen Armut und Reichtum wird vom Regisseur in die heutige Zeit überführt. Cenerentola ist eine moderne Wäscherin: In einen blauen Kittel gekleidet bügelt sie Wäsche, ihr Zuhause ist das Innere eines Waschsalons. An den Wänden stehen aufeinandergetürmte Waschmaschinen in Reih und Glied, im Hintergrund stapelt ein gigantischer Wäschehaufen. Während der Aufführung fliegen sprichwörtlich „die Fetzen“: die Waschmaschinen laufen im Schleudergang, oder die Darsteller schmeißen mit schmutziger Wäsche um sich. Satirische Anspielungen auf die Geldgier der „High Society“ sind in der Verkörperung der Stiefschwestern vorzufinden. Sie wirken in ihren bauschigen Kleidern aus Tüll und Seide wie ausstaffiert. Der „Schöne Schein“ wird auch von einem Fernseher produziert, der im Vordergrund der Bühne steht und Bilder von royalen Hochzeiten einblendet.
Sänger und Orchester
Péter Halász gab mit La Cenerentola sein Debut als Kapellmeister in Aachen und hinterließ einen positiven Eindruck. Sein Dirigat war einer Rossini-Oper entsprechend schwungvoll und sicher. Auch die Sänger konnten unter seiner Leitung auf den Punkt agieren. Zunächst sei hier Leila Pfister (Angelina) erwähnt, die Schwermut in die Hauptrolle legte, mit einer dunkel gefärbten Mezzosopranstimme. Die schnellen Übergänge zwischen hohen und tiefen Tönen meisterte sie mit Leichtigkeit. Demgegenüber standen die humorvollen Partien der Stiefschwestern: Eva Bernard (Clorinda) und Astrid Pyttlik (Tisbe) trieben die hysterischen Charaktere der Schwestern schauspielerisch und gesanglich auf die Spitze. Bernard brachte ihren metallischen Sopran mit Energie zur Geltung, Pyttlik sang mit ihrem klaren Sopran etwas zurückhaltender. Währenddessen ließen sich beide regelmäßig in Ohnmacht fallen, zankten und prügelten sich auf der Bühne ohne Hemmungen. Ebenso zu erwähnen ist in diesem Zusammenhang Rolf A. Scheider (Don Magnifico) dessen rauer und knarrender Bass den machtbesessenen Vater gut verkörpern konnte. Er setzte seine Stimme sehr lautmalerisch ein, indem er auch Atemlosigkeit und Verwunderung mit seiner Stimme nachahmte. Eine große Überraschung war Tansel Akzeybek (Don Ramiro). Sein lyrischer und sehr schmiegsamer Belcantotenor brachte das Publikum nach der Arie Sì ritrovarla io giuro – ich werde sie wiederfinden, ich schwöre es im zweiten Akt zum Jubeln und Applaudieren. Hrólfur Saemundsson (Dandini) als sein Mitverschwörer bestach durch einen voluminösen und satten Bariton. Der Gesang aller sieben Hauptdarsteller in dem Septett Mi par d’essere sognando im zweiten Akt ergab einen harmonischen Zusammenklang. Zudem war der Einfall, die Sänger während der Staccato-Partien auf Handys eintippen zu lassen, sehr passend und humorvoll.
Fazit
Schon als der Vorhang sich öffnete ging ein Raunen durch die Reihen. Der Aha-Effekt, den das Bühnenbild auslöste, wurde noch übertroffen von der unterhaltsamen Inszenierung und der musikalischen Darbietung. Jubelrufe gab es für Tansel Akzeybek und Leila Pfister. Ein schrille und komische Inszenierung mit einem phantasievollen Bühnenbild, prachtvollen Kostümen und großartiger musikalischer Darbietung!
Melanie Joannidis
Bild: Will van Iersel
Das Bild zeigt: v.l.n.r. Hrólfur Saemundsson (Dandini), Rolf A. Scheider (Don Magnifico), Pawel Lawreszuk (Alidoro), in der Mitte: Leila Pfister (Angelina), Tansel Akzeybek (Don Ramiro), Eva Bernard (Clorinda), Astrid Pyttlik (Tisbe)