COSÌ FAN TUTTE – Opernfestival Drottningholm, Schloßtheater

von Wolfgang Amadeus Mozart (1756-1791), Libretto: Lorenzo da Ponte, UA: 26. Januar 1790 Wien, Burgtheater

Regie: Sigrid T’Hooft, Ausstattung: Stephan Dietrich

Dirigent: Mark Tatlow, Orchester des Drottningholmtheaters

Solisten: Sara Widén (Fiordiligi), Katja Zhylevich (Dorabella), Luthando Qave (Guglielmo), Joel Annmo (Ferrando), Frida Jansson (Despina), Staffan Liljas (Don Alfonso)

Besuchte Aufführung: 7. Juni 2011

Kurzinhalt

Die Offiziere Ferrando und Guglielmo schließen mit Don Alfonso eine Wette ab. Es geht um die Treue ihrer beiden Bräute Fiordiligi und Dorabella. Um deren Treue auf die Probe zu stellen, geben Ferrando und Guglielmo vor, in den Krieg ziehen zu müssen. Verkleidet als zwei „Albaner“ kehren sie zurück, um der Geliebten ihres Freundes den Hof zu machen. Nach anfänglichem Zögern gelingt es ihnen, Dorabella und Fiordiligi für sich zu gewinnen und sogar, sie zur Heirat zu überreden. Doch mitten in die Heiratsvorbereitungen ereilt die beiden Mädchen die Nachricht von der Heimkehr ihrer Geliebten. Ferrando und Guglielmo legen ihre Verkleidung ab und geben das Spiel, das sie mit den Mädchen gespielt haben, zu erkennen. Beschämt geloben sie den Männern ihre ewige Treue.

Aufführung

Die Aufführung läßt sich mit einem Schlagwort knapp beschreiben: Authentizität. Zunächst ist es die Spielstätte, das Schloßtheater Drottningholm ist samt seiner Umgebung – Rokokoschloß und Schloßgarten – seit seiner Errichtung im 18. Jahrhundert unverändert geblieben. Das gilt nicht nur für den Zuschauerraum, sondern auch für die Bühnentechnik. Man bekommt ein für das 18. Jahrhundert typisches Bühnenbild mit bemalten Kulissen zu sehen. Diese werden von der Seite hineingeschoben bzw. von oben herabgelassen, das Ganze in gedämpfter Beleuchtung. Darüber hinaus sind auch die Kostüme nach historischen Vorbildern gearbeitet worden. Am außergewöhnlichsten an dieser Produktion dürfte jedoch sein, daß sich die Regisseurin auch für die Bühnenaktionen, also die Mimik und Gestik der Sänger, von der Aufführungspraxis der Mozartzeit hat inspirieren lassen. Das bedeutet: Man bekommt nicht nur die originale Handlung der Oper geboten, sondern die Darsteller bewegen sich so, wie man es auf zeitgenössischen Zeichnungen, Gemälden und Kupferstichen sehen kann. Unübersehbar stark ist die Ähnlichkeit der Bein- und Fußstellungen zu denen des heutigen Balletts. Vor allem aber die in der Oper des 18. Jahrhunderts sehr ausgefeilten Stellungen der Hände und Arme sind von den Darstellern gründlich einstudiert worden.

Sänger und Orchester

Um der musikalischen Qualität der Aufführung gerecht zu werden muß vorab erwähnt werden, daß es sich bei den Sängern und Instrumentalisten dieser Produktion nicht um professionelle Musiker, sondern um Studenten der Opernhochschule in Stockholm handelt. Dies war bei den Instrumentalisten, die auf historischen Instrumententen und in historischer Aufstellung spielten, zuweilen recht deutlich zu merken. Neben Schwierigkeiten in den Hörnern wirkte der Klang des Orchesters in dem kleinen Haus relativ wuchtig und in Teilen etwas gewaltsam, auch wenn differenziert artikuliert und rhythmisch akkurat gespielt wurde. Doch fehlte es an einem rundgeschliffenen, die verschiedenen Instrumentengruppen verschmelzenden Gesamtklang. Die Stimmen der Sänger unterschieden sich ebenfalls relativ deutlich voneinander. Sara Widén (Fiordiligi) sang ihre Partie vergleichsweise kräftig und vibratoreich und scheint sich künstlerisch eher in die Richtung der Oper des 19. Jahrhunderts hin zu entwickeln. Katja Zhylevich (Dorabella) kam hingegen mit ihrer Partie stimmlich und darstellerisch gut zurecht. Ihre Stimme setzte sie dynamisch differenziert ein. Die beste musikalische Leistung von den männlichen Partien bot Luthando Qave (Guglielmo). Sein Bariton klang in allen Lagen ausgesprochen sonor, aber eben auch sprechend nuanciert in den rezitativischen wie auch in den breiter auszusingenden Passagen. Zudem war seine Spielfreude wirklich ansteckend. Joel Annmo gab – ebenfalls der Stilistik der Mozartzeit entsprechend – einen aristokratisch distinguierten Ferrando. Annmos Stimme, ein lyrischer Tenor, hat eine feine Spitze, und wurde von ihm in allen Lagen sicher geführt. Frida Jansson (Despina) zeigte vor allem in ihren karikierenden Partien, verkleidet als Arzt und Notar, ihren besten Auftritt.

Fazit

Es dürfte kaum möglich sein, eine Mozartoper hinsichtlich Musik, Bühne und Ambiente noch näher an die originale Entstehungszeit heranzurücken, als es in dieser Produktion geschehen ist. Und dennoch – dies ist das Erstaunliche dabei – stellt sich zu keinem Zeitpunkt der Eindruck eines Museumsbesuches ein. Im Gegenteil: Die altertümlichen Gebärden der Darsteller wirken schon nach wenigen Augenblicken so natürlich und verständlich, als wäre man damit vertraut, und es scheint, als ob auch der sängerische Vortrag dadurch gewinnen würde. Ja, etliche Details dieser allbekannten Oper erscheinen auf diese Weise plötzlich in einem anderen Licht. Die musikalischen Leistungen sind für ein Studentenensemble sehr achtbar. Ansonsten war es lehrreich, schön anzuschauen und enorm kurzweilig!

Dr. Martin Knust

Bild: Mats Bäcker

Das Bild zeigt: Staffan Liljas (Don Alfonso), Luthando Qave (Guglielmo), Katja Zhylevich (Dorabella),

Frida Jansson (Despina), Sara Widén (Fiordiligi), Joel Annmo (Ferrando) v.l.n.r.

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