Von Richard Wagner (1813-1883) Handlung in drei Aufzügen, UA: 10. Juni 1865, Nationaltheater, München
Regie: Christoph Marthaler, Bühne: Anna Viebrock
Dirigent: Peter Schneider, Festspielorchester und Festspielchor
Solisten: Robert Dean Smith (Tristan), Iréne Theorin (Isolde), Robert Holl (Marke), Michelle Breedt (Brangäne), Jukka Rasilainen (Kurwenal)
Besuchte Aufführung: 4. August 2011 (Premiere: 25. Juli 2005)
Kurzinhalt
Morold, Verlobter der irischen Prinzessin Isolde, wurde im Zweikampf mit Tristan getötet. Isolde soll nun Tristans Onkel König Marke von Kornwall als Braut zugeführt werden. Kurz vor ihrer Ankunft an der englischen Küste bittet Isolde Tristan zu sich, damit er mit ihr Sühne auf Morolds Tod trinke. Doch der tödliche Trank wird von Isoldes Magd Brangäne mit einem Liebeselexier vertauscht, der zwischen Tristan und Isolde leidenschaftliche Zuneigung entfacht. Nach der Ankunft ehelicht Isolde – wie geplant – König Marke, Tristan jedoch wird ihr heimlicher Liebhaber, bis Markes Getreuer Melot das Geheimnis lüftet, das Paar verrät und Tristan im Kampf schwer verwundet. Von seinem getreuen Diener Kurwenal in Sicherheit gebracht versinkt der tödlich Verwundete in Fieberfantasien und stirbt im Moment von Isoldes Ankunft worauf sie ihm verzweifelt in den Tod folgt.
Aufführung
Auf der Bühne sieht man einen holzvertäfelten ovalen Raum in gedeckten Farben mit einem rundumlaufenden Balkon, der jedoch während der gesamten Aufführung als Spielort nicht eingebunden wird. Im ersten Akt dekorieren zwei Sitzecken und Polsterstühle den Raum, im zweiten Akt ein gelber Teppich und zwei gelbe, quadratische Hocker und im letzten Akt das zentral gestellte Krankenbett Tristans. Auf Momente wie einer Darstellung der Begrüßung in Kornwall oder einer Hochzeitsszene wird gänzlich verzichtet. Die Darsteller erscheinen in einfach geschnittene Kleider und Anzüge in dunklen Farben. Und auch die Bewegung der Darsteller auf der Bühne paßt sich dem Gesamtbild an: So verbringt beispielsweise Tristan den gesamten dritten Akt fast ausschließlich liegend, im Krankenbett während das Liebespaar in der Liebesnacht des zweiten Aktes die längste Zeit wie zwei schüchtern nebeneinandersitzende Schulkinder zubringt.
Sänger und Orchester
Robert Dean Smith bestritt seine Rolle als Tristan mit deutlicher Artikulation des Textes und einem sehr organische verschmelzenden Zusammenklang mit dem Orchester im ersten und zweiten Akt, z.B. in der Sühnetrankszene des ersten Aktes oder den lyrischen Momenten des Liebesduettes mit Isolde O sink hernieder Nacht der Liebe. Dennoch mangelte es in den Fieberfantasien des dritten Aktes an Durchsetzungskraft gegenüber dem Orchester, über das er sich hier nicht mehr problemlos hinwegzusetzen vermochte. Iréne Theorin gelang die musikalisch wie mimisch-gestische Umsetzung verschiedenster emotionaler Befindlichkeiten – egal ob es sich um die Wut und Aufregung am Beginn des ersten Akts oder die zärtliche Liebesbekundung in O sink hernieder Nacht der Liebe handelte, doch litt bei ihr die Textverständlichkeit unter einem übermäßig starken Vibrato. Michelle Breedt verkörperte Brangäne besonders im ersten Akt mit schauspielerischer Hingabe und sicherer Intonation sowie guter Textverständlichkeit, wobei sie Mühe hatte, sich mit ihrer schlanken Stimme gegen den Orchesterklang zu behaupten. Auch Jukka Rasilainen als Kurwenal gelang eine lebendige und musikalisch facettenreiche Darstellung, wobei er sich insbesondere im dritten Akt als Beistand des fiebernden Tristan, gut vom Orchester tragen ließ. Robert Holl präsentierte die Figur des König Marke durchgehend mit vollem und voluminös klingendem Baß, der vor allem in seinem großangelegten Monolog im zweiten Akt Tatest du´s wirklich gut zum Ausdruck kam. Das Festspielorchester unter der Leitung von Peter Schneider gestaltete den Tristan sehr ausdrucksstark und nuancenreich in Dynamik und Klangfarbe – insbesondere bei der stetigen Neugestaltung des Tristan-Akkordes.
Fazit
Ein durchwachsender Opernabend mit reichlich Applaus für Sänger und Orchester und gemischten Publikumsreaktionen für die Inszenierung.
Friederike Jurth
Bild: Enrico Nawrath
Das Bild zeigt: Robert Dean Smith (Tristan), Iréne Theorin (Isolde)