Berlin, See Festspiele (Wannsee)

Die Zauberflöte

von Wolfgang Amadeus Mozart (1756-1791), Deutsche Oper in 2 Aufzügen, Libretto: Emanuel Schikaneder; UA: 30. September 1791, Wien. Regie. Katharina Thalbach, Bühne: Momme Röhrbein, Kostüme: Angelika Rieck

Dirigent: Judith Kubitz, Kammerakademie Potsdam. Solisten: Musa Nkuna (Tamino), Sophie Klußmann (Pamina), Chelsey Schill (Königin der Nacht), Andreas Hörl (Sarastro), Guntbert Warns (Papageno), Franziska Krötenheerdt (Papagena), Mirka Wagner (Erste Dame), Christiane Hiemsch (Zweite Dame), Viola Zimmermann (Dritte Dame), Marco Alves dos Santos (Monostatos), Michael Vier (Alter Priester) u. a.

Besuchte Aufführung: 20. August 2011 (11. August 2011, Premiere)

Vorbemerkung

In diesem Sommer feiert neben den Bregenzer Festspielen (Opern) und den Seefestspielen Mörbisch (Operette) ein weiteres, von Wasser geprägtes Opern-Freiluftereignis im deutschsprachigen Raum seine Premiere: die Seefestspiele Berlin. Auf einer rund 700 Quadratmeter großen Bühne am Berliner Wannsee wird Mozarts Zauberflöte in 12 Vorstellungen (11.-28. August) aufgeführt. Im Vorfeld der Berliner Seefestspiele waren zahlreiche bürokratische Hürden (Umweltschutz- und Sicherheitsaspekte etc.) zu nehmen, und die Resonanz darauf im Zeitungsblätterwald war entsprechend groß. So wäre das ganze Vorhaben fast in den Fluten des Wannsees versunken, mußte man doch auf Grund der genannten Hürden vom ehemals geplanten Austragungsort bei Potsdam an den Wannsee umziehen. Doch damit nicht genug: die als schwimmende Bühne geplante Plattform mußte zudem ans Ufer des Wannsee-Strandbades verlegt werden. Mit enormer Kraftanstrengung aller Beteiligten und viel Improvisationstalent konnten die Seefestspiele Berlin dann doch noch pünktlich an den Start gehen, wobei die Bühne nun in einer Naturkulisse aus der Strandpromenade mit viel Grün und dem Blick zum See im Hintergrund eingebettet ist.

Der Inhalt dürfte bekannt sein. Man kann ihn außerdem in zahlreichen Rezensionen des OPERAPOINT finden.

Aufführung

Die eigens für die ersten See Festspiele Berlin entworfene Neuproduktion wird von einer über 16 m hohen, im Zentrum kreisrund durchbrochenen Pyramidenkonstruktion dominiert, die seitliche Aufgänge und Zwischenstege zur Begehung im Durchbruch aufweist. Die Pyramide ist, wie die Kulissenstaffelung im Vordergrund aus Felsen, Pflanzen und angedeuteter Wasserfläche, in ihrer Ausführung an das klassische Papiertheater angelegt, um einen märchenhaften Kontrast zur Naturkulisse zu schaffen. Zwischen den Kulissen tauchen im Zuge der Aufführung große Fabelwesen auf. Die Pyramide wird mit Licht- und Pyrotechnik aufgewertet, wie z. B. bei den Schlußprüfungen, wenn Feuer aus ihrer Spitze emporsteigt und animierte Lava herabfließt. Die fantasievollen Kostüme der Darsteller sind dem reizvollen Bühnenbild angepaßt.

Sänger und Orchester

Herausragende Dominanten des Abends sind auf der gesanglichen Seite Musa Nkuna und im darstellerischen Teil Guntbert Warns. Musa Nkuna (Tamino) besticht durch seinen lyrischen Tenor, der mit geschmeidiger, warm timbrierter Ausformung Dies Bildnis ist bezaubernd schön zu einer mitreißenden Offenbarung des verliebten Tamino erblühen läßt. Der bekannte Schauspieler Guntbert Warns (Papageno) gibt einen trefflichen Gegenpol zum in sich ruhenden Tamino. Mit sprühend lebensfroher Agilität und manch Seitenhieb auf die Querelen im Vorfeld der Aufführung versprüht er wahre darstellerische Heiterkeit zwischen den ernsten Szenen. Sopranistin Chelsey Schill (Königin der Nacht) kann hingegen nicht ganz überzeugen. Zu angespannt und gehaucht ihr Forte, zu gepreßt und extrem dissonierend die Höhen in den beiden Auftrittsarien. Sophie Klußmann (Pamina) jedoch weiß ihren jugendlichen Sopran, insbesondere in den Duetten, erstrahlen zu lassen. Andreas Hörl (Sarastro) füllt seine Rolle mit seinem rauchig-erdigen Baß in der Arie In diesen heil’gen Hallen gesanglich adäquat aus und auch Franziska Krötenheerdt (Papagena) und Marco Alves dos Santos (Monostatos) sind gesanglich ohne Tadel. Hervorzuheben sind auch die gesanglich guten Leistungen in den Nebenrollen. Hier sei insbesondere auf den bestechenden Zusammenklang von Tenor Hyo Jong Kim und Baß Nuno Dias hingewiesen, die den Gesang der Geharnischten in ätherische Dimensionen heben.

Die Kammerakademie Potsdam unter Judith Kubitz versteht es, Mozarts Musik in frischen Farben erstrahlen zu lassen und auch der Neue Kammerchor Potsdam zeigt solide Leistung.

Fazit

Die Inszenierung versteht es, die umgebende Naturkulisse der Bühne im Sonnenuntergangslicht des Sees auf vorzügliche Art zu nutzen, wobei durch das Bühnenbild und die ihm innewohnenden Überraschungen Mozarts Werk zu dessen Wurzeln zurückgeführt wird: als Märchen- und Zauberoper. Zusammen mit den guten Leistungen der Sänger und des Orchesters könnte sich hier wirklich ein neuer Fixpunkt im Kulturkalender abzeichnen. Man darf auf das nächste Jahr durchaus mit hohen Erwartungen gespannt sein!

Dr. Andreas Gerth

Bild: Lutz Edelhoff

Das Bild zeigt: Bühnenbild mit den Darstellern vor der romantischen Kulisse des Wannsees

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