von Sergej Prokofjew (1891-1953), Oper in dreizehn Bildern
Libretto: Sergej Prokofjew und Mira Mendelson, UA: 12. Juni 1946, Leningrad, kleine Opernhaus
Regie: Nicolas Brieger, Bühne: Raimund Bauer, Kostüme: Andrea Schmidt-Futterer, Beleuchtung: Alexander Koppelmann, Dramaturgie: Regine Palmai
Dirigent: Michael Sanderling, Gürzenich-Orchester Köln, Chor der Oper Köln, Herren des Extrachores der Oper Köln
Solisten: Johannes Martin Kränzle (Fürst Andrej Bolkonski), Olesya Golovneva (Natascha Rostowa), Adriana Bastidas Gamboa (2. französische Schauspielerin/ Sonja), Alexander Fedin (Gastgeber/ Iwanow), Philipp Hoferichter (Ordonannzoffizier/ des Fürsten Andrej), Matthias Klink (Graf Pierre Besuchow), Katrin Wundsam (Gräfin Hélène Besuchow), Mirko Roschkowski (Anatole Kuragin), Miljenko Turk (Napoleon), Matias Tosi (Denissow) ,u.a.
Besuchte Aufführung: 16. September 2011 (Premiere)
Europa am Beginn des 19. Jahrhunderts: Napoleons Truppen befinden sich auf dem Vormarsch und beginnen halb Europa zu unterwerfen. In Moskau ist dieses Ereignis jedoch zunächst noch ein Randthema. Die Moskauer Adelsgesellschaft fühlt sich in Feierlaune und interessiert sich mehr für große Feste, als einen möglichen Angriff der Franzosen. Fürst Andrej und Anatole Kuragin verlieben sich in die junge Natascha Rostowa. Während Graf Pierre Besuchow seinem Freund Andrej rät, sie bei der Silvesterfeier zum Tanz aufzufordern, versucht Pierres Gattin, die Gräfin Hélène Besuchow, ihrem Bruder Anatole zu helfen, sich an Natascha heranzumachen. Andrej und Natascha kommen sich näher, können aber Andrejs Vater, Fürst Nikolaj Bolkonski, nicht für eine bevorstehende Ehe gewinnen. Es entwickelt sich eine komplizierte Liebesbeziehung. Plötzlich platzt die Nachricht herein, daß Napoleons Truppen kurz vor Moskau stehen. Die Franzosen plündern Moskau, können die Schlacht jedoch nicht gewinnen. Zurück bleibt am Ende ein Ort der Verwüstung.
Aufführung
Nicolas Brieger entschied sich für eine traditionelle Inszenierung. Das Bühnenbild bestand überwiegend aus verschiebbaren hohen Mauern, die je nach Szene das innere Gemäuer eines Palastes oder äußere Häusermauern darstellte. Bis zum Ende des ersten Teils waren zudem im Hintergrund die Umrisse eines völlig verwüsteten Saals zu sehen. Mit dem Beginn des Kriegszustandes wurde das Bühnenlicht abgedunkelt. Durch Lautsprecheranlagen ertönten immer wieder Schüsse, Rauch und Flammen ergänzten das Bild. Andrej starb schwer verwundet neben Natascha in einem goldenen Bett, woraufhin schwarze Gestalten ihn daraufhin fort trugen. Am Ende blieb ein Schlachtfeld übrig, auf dem zahlreiche tote Krieger zu sehen waren.
Sänger und Orchester
Die musikalische Leistung war insgesamt ein Genuß. Allen voran überzeugten die Hauptdarsteller Olesya Golovneva (Natascha) und Johannes Martin Kräzle (Fürst Andrej Bolkonski). Olesya Golovnevas brillierte mit ihrer klaren Stimme. Intonationssicherheit, auch in den Höhen, rundete ihre Gesangsleistung ab. Den Eindruck einer ungetrübten stimmlichen Reinheit bekam man auch beim Bariton Johannes Martin Kränzle geboten. Seine Stimme war hell und zeigte ein farbenreiches Timbre. Als völlige klangliche Einheit präsentierten sich beide im letzten Duett des vorletzten Bildes. Matthias Klink in der Rolle des Pierre bot eine insgesamt überzeugende gesangliche Leistung, die leider durch einige Schwächen in hohen Lagen sowie gegen Ende durch leichte Ermüdungserscheinungen und zunehmend angespannt herausgepressten Tönen etwas getrübt wurde. Mirko Roschkowski (Andrejs Gegenspieler Anatole Kuragin) gab einen starken, opulenten und der Rolle sehr angemessenen Tenor. Katrin Wundsams (Gräfin Hélène Besuchow) Stimme hinkte hingegen der Gesamtleistung hinterher. Die österreichische Mezzosopranistin klang überwiegend flach und ausdrucksschwach. Adriana Bastidas Gamboa als Sonja bereicherte hingegen das Ensemble mit großem Einsatz und einem ausdruckstarken Sopran. In den Nebenrollen stachen ferner der Baß-Bariton Matias Tosi (Dennissow) sowie Miljenko Turk (Napoleon) heraus, bei dem zudem seine gekonnten schauspielerischen Leistungen das Publikum hörbar beeindruckten. Ergänzt wurden die Solisten durch einen dynamisch differenzierten, präzisen und – dem Stück angemessenen – majestätisch klingenden Opernchor. Zu erwähnen ist auch das hervorragend aufspielende Gürzenich-Orchester unter Dirigent Michael Sanderling. Er schaffte es durch ein äußerst souveränes und klares Dirigat alle Beteiligten auf sicherem Terrain durch das nicht immer leichte Werk zu führen. Sänger und Orchester präsentierten sich als musikalische Einheit, wobei das Orchester an entscheidenden Stellen gekonnt sensibel-zurückhaltend agierte.
Fazit
Eine sehr gelungene Premiere zur Eröffnung der neuen Spielzeit. Das Publikum dankte es den Darstellern (darunter 29 Solisten) mit Standing Ovations. Auch mit der traditionellen – wenn auch stark gekürzten – Inszenierung zeigte sich das Kölner Publikum sehr zufrieden – nicht ein einziger Buh-Ruf war beim Auftritt des Regie-Teams zu vernehmen.
Roman Bonitz
Bild: Karl u. Monika Forster
Das Bild zeigt: Matthias Klink (Graf Pierre Besuchow) und Mathias Tosi (Denissow), Statisterie der Oper Köln