von Jacques Offenbach (1819-1880), Opéra-bouffon in 2 Akten, Libretto: Hector Crémieux u. Ludivic Halévy; UA: 21. Oktober 1858, Paris (erste Fassung), 7. Februar 1874, Théâtre de la Gaité, Paris (zweite Fassung)
Regie: Martin Schüler, Bühne: Gundula Martin, Kostüm: Nicole Lorenz, Choreinstudierung: Christian Möbius; Dirigent: Evan Christ, Philharmonisches Orchester des Staatstheaters Cottbus, Chor des Staatstheaters Cottbus. Solisten: Hardy Brachmann (Orpheus), Debra Stanley (Eurydike), Marlene Lichtenberg (Öffentliche Meinung), Jens Klaus Wilde (Pluto/Aristeus), Jörg Simon (Jupiter), Carola Fischer (Juno), Gesine Forberger (Diana), Jana Frey (Venus), Aneta Kolton (Cupido), Ingo Witzke (Mars), Dirk Kleinke (Merkur), Heiko Walter (Hans Styx) u. a.
Besuchte Aufführung: 24. September 2011 (Premiere)
Das Paar Orpheus und Eurydike hat sich auseinander gelebt. Orpheus, der die Nymphe Chloe verehrt, freut sich, daß seine Frau von Pluto, der sich als deren Geliebter Aristeus ausgegeben hat, in die Unterwelt entführt wird. Die öffentliche Meinung jedoch verlangt von ihm, daß er Eurydike von den Göttern zurück erbittet. Zusammen mit dem Olymp tritt Orpheus die Reise in die Unterwelt an. Dort versucht Jupiter sie für sich selber in Gestalt einer Fliege zu entführen. Von Pluto ermahnt, sie Orpheus zurückzugeben, stellt er jenem die Bedingung, sich bei Verlassen des Hades nicht umzublicken, sonst müsse Eurydike in der Unterwelt verbleiben. Als Jupiter als List einen Blitzstrahl entsendet, blickt sich Orpheus doch noch um, und Eurydike verweilt voller Freude von nun an bei den Göttern.
Aufführung
Die Bühne wird in allen vier Bildern von einem großen Tempelvorbau mit Säulenelementen und Darstellungen von Götterreliefs eingerahmt. Das erste Bühnenbild zeigt ein großes Bett vor einer weißen Mauer, die bei der Entführung der Eurydike teilweise zusammenstürzt. Im zweiten Bühnenbild wird der Götterolymp durch vorbeiziehende Wattewolken greifbar. Zahlreiche in Weiß gehaltene Tresore im Vordergrund sind wohl eine Anspielung auf die aktuelle Wirtschaftslage in Griechenland. Im Gegensatz zur dominanten Farbe Weiß, die sich auch in der klassischen Ausstattung der Götterdarsteller mit typischen Attributen der antiken Götter wiederspiegelt, kontrastiert die Unterwelt mit roter Ausleuchtung. Mit dieser Farbe korrespondieren die Kleider der Tänzer beim Höllen-Can-Can ebenso, wie das Kostüm von Pluto, dem Chef der Unterwelt.
Sänger und Orchester
Mit der Rolle der Eurydike gibt die amerikanische Sopranistin Debra Stanley ihr Debüt in Cottbus, die ab dieser Spielzeit neu im Engagement des Hauses ist. Und sie geht direkt in die Vollen. Ihr lasziv-erotisches Spiel läßt keinen Gott der Ober- noch der Unterwelt kalt und ihre schmähenden Wutausbrüche gegenüber Orpheus sind an komödiantischer Intensität kaum zu überbieten. Dazu paart sich die geschmeidige Leichtigkeit ihres Soprans, der auch die höchsten Tonnuancen mit Wendigkeit und sublimer Brillanz auskostet. Man darf durchaus auf zukünftige Rollen von ihr in Cottbus gespannt sein. Herrlich auch das Zusammenspiel mit Hardy Brachmann (Orpheus). Er gibt im Spiel den gefrusteten Ehemann par excellence, der sowohl durch seinen karikierend überspitzt ausformulierten Gesang, wie auch durch lyrische Stimmfärbungen aufhorchen läßt. Ein weiterer Höhepunkt des Abends sind die obersten Götter. Jens Klaus Wilde (Pluto) hat darstellerisch als Gott der Unterwelt zahlreiche Lacher auf seiner Seite. Sein Tenor überzeugt zudem durch druckvolle Dynamik und klaren Duktus. Köstlich anzusehen sind auch Heiko Walter (Hans Styx), Baß Jörg Simon (Jupiter), der als Fliege seinen darstellerischen Höhepunkt erlebt und Carola Fischer als Juno. Ihr Spiel und Gesang überzeugen ebenso, wie das hohe Niveau aller übrigen Beteiligten.
Evan Christ leitet das Philharmonische Orchester des Staatstheaters Cottbus dazu in spritzig ambitionierter Weise, so dass die klanglichen Höhepunkte des Werkes in ausgelassener Heiterkeit erblühen.
Fazit
Die Inszenierung überzeugt auf ganzer Breite. Mit zahlreichen liebevoll eingerichteten Finessen und Überraschungen, wie etwa einem Blumengarten, der aus dem Orchestergraben erblüht, sorgen sowohl das Bühnenbild als auch die passenden Kostüme für viel Kurzweil. Dazu brennen alle beteiligten Sänger ein wahres Feuerwerk darstellerischer und gesanglicher Glanzpunkte ab, die den Abend zu einem rundum gelungenen Amüsement auf höchstem Niveau werden lassen. Bravo!
Dr. Andreas Gerth
Bild: Marlies Kross
Das Bild zeigt: Die Götter feiern in der Unterwelt. Hardy Brachmann (Orpheus, blauer Anzug), Debra Stanley (Eurydike, auf dem Tisch stehend), Jörg Simon (Jupiter, grüner Frack)