von Giacomo Puccini (1858-1924), Libretto: Giuseppe Giacosa und Luigi Illica, nach dem gleichnamigen Schauspiel von Victorien Sardou; UA: 14. Januar 1900 Rom, Teatro Costanzi
Regie: Kay Metzger, Ausstattung: Thomas Mogendorf
Dirigent: Arn Goerke, Hofer Symphoniker, Opernchor und Kinderchor Theater Hof, Choreinstudierung: Michel Roberge
Solisten: Katerina Sokolova-Rauer (Floria Tosca), Paulo Ferreira (Mario Cavaradossi), Thomas Rettensteiner (Baron Scarpia), Peter Dittmann (Cesare Angelotti), Karsten Schröter (Mesner), Thilo Andersson (Spoletta), Daniel Milos (Sciarrone), Wladimir Polatynski (Schließer), Nina Gläßer-Popp (Hirt)
Besuchte Aufführung: 24. September 2011 (Gala-Premiere)
Rom 1800. Der Maler Cavaradossi verspricht dem politischen Gefangenen Angelotti Unterstützung bei seiner Flucht. Der Polizeichef Scarpia will Angelotti fassen, Cavaradossis Tosca zu seiner Geliebten machen und foltert deswegen Cavaradossi. Angelotti verübt Selbstmord, Tosca ersticht Scarpia, aber trotzdem wird Cavaradossi zum Opfer von Scarpias Willkürherrschaft. Tosca stürzt sich nach seinem Tod von der Engelsburg in die Tiefe.
Aufführung
Das Bühnenbild ist für alle drei Akte gleich und unterscheidet sich nur durch Beleuchtung und Accessoires: Zwei Seitenwände mit jeweils drei Türen, wobei die Türen sowohl für Zugänge, aber auch für Räume wie den Folterkeller Scarpias stehen. Der Hintergrund besteht aus acht Retabeln, die sich zu einem Bild zusammensetzen lassen. In der Kirche ist es eine Renaissance-Madonna (Mutter mit Kind), für die Welt des Scarpias wird es umgedreht und zeigt nun eine nackte Correggio-Schönheit von hinten. Die Möblierung ist sparsam, im ersten Akt finden sich Kirchengestühl und ein Madonnenbild, an dem Cavaradossi malt. Den zweiten Akt dominiert ein Konzertflügel, von dem herab Cavaradossi seine Viktoria-Rufe schreit und auf dem auch ein Obstmesser liegt, mit dem sie Scarpia erdolcht. Im dritten Akt sind die Retabeln unsichtbar, auf der fast leeren Bühne steht ein Holzsarg, der allerdings keine Verwendung findet, da Spoletta Cavaradossi erschießt und Tosca sich selbst erdolcht. Auch die Kostüme deuten auf die Zeit der Handlung – Juni 1800 – hin: Historische Kostüme im modernen Schnitt.
Sänger und Orchester
Der wichtigste Protagonist des Abends ist Arn Goerke. Er macht klar, daß Tosca ein Werk des Verismo ist: Er malt mit den Hofer Symphonikern Gefühle und trägt dick auf: Einmal leuchtend und heftig, wenn die Verzweiflung aufleuchtet, aber auch mit ausgefeilten lyrischen Effekten. Nicht grobklötzig fegt er da durch die Partitur, nein, er gestaltet mit diesen Kantilenen den Zauber der italienischen Oper. Besonders bemerkenswert: Das Te Deum erweitert er neben dem normalen Chor mit dem Kinderchor und hüllt die Haßtirade des Scarpia quasi ein: Noch herrscht ein Gleichgeweicht zwischen Gut und Böse.
Ein gleichwertiges Gegengewicht zum Orchester bilden die drei Hauptdarsteller. Besonders bemerkenswert wie der Hausbariton Thomas Rettensteiner die Rolle des Scarpia gestaltet. Mit seinen sicheren Koloraturen und seiner durchschlagsstarken, fast schwarzen Tiefe kann er das dämonische in der Rolle des Scarpia ausleuchten. Und mit seinem Kinnbart sieht er besonders furchterregend aus. Paulo Ferreira (Cavaradossi) ist der ideale Puccini-Tenor: hell, klar und strahlend, mit großem Atem bei den Viktoria-Rufen, mit wunderbarer Zurückhaltung bei der nachdenklichen Arie E lucevan le stelle – und es leichten die Sterne. Auch im Piano trägt die Stimme. Katerina Sokolova-Rauer gilt eher als dramatischer deutscher Sopran. Damit ist sie für die Verzweiflungs- und Wutanfälle der Tosca bestens geeignet, auch wenn ab und an Schärfen nicht zu überhören sind. Aber auch die italienischen Wohlklänge gelingen ihr: Nur der Schönheit weihte ich mein Leben. Bei der Zweitbesetzung Rossana Potenza ist die Gewichtung in beiden Punkten anders herum verteilt. Die Nebenrollen sind ebenso hervorragend besetzt: Zu erwähnen ist Thilo Andersson als Charaktertenor, er kann den charakterschwachen Spoletta gut ausfüllen und Karsten Schröter, der mit gut fundiertem Baß und Sprechgesang den Mesner gibt.
Fazit
Begeisterter Applaus für eine der gelungensten Produktionen am Theater Hof: Zwei Gastsänger und ein Gastregisseur ergaben einen großartigen Theaterabend. Kay Metzger gelingt der Nachweis, daß die Geschichte der Tosca – so wie sie von Puccini geschrieben wurde – mit gängigen Theatermitteln wie einer durchdachten Personenführung spannend und mitreißend erzählt werden kann. Er verzichtet dabei völlig auf moderne Regietheatermätzchen. Gute Sängerdarsteller vervollständigen das positive Bild.
Oliver Hohlbach
Bild: SFF Fotodesign
Das Bild zeigt: Paulo Ferreira (Cavaradossi) muß seiner Geliebten Rossana Potenza (Tosca) erklären, wer die Frau auf dem Bild ist.