von Richard Wagner (1813-1883), Zweiter Tag aus dem Bühnenfestspiel Der Ring des Nibelungen, Libretto: Richard Wagner, UA: 16. August 1876, Bayreuth, Festspielhaus
Regie: John Dew, Bühne: Heinz Balthes, Kostüme: José-Manuel Vázquez, Videoprojektion: Karl-Heinz Christmann
Dirigent: Constantin Trinks, Staatsorchester Darmstadt
Solisten: Christian Voigt (Siegfried), Norbert Schmittberg (Mime), Ralf Lukas (Der Wanderer), Olafur Sigurdarson (Alberich), Thomas Mehnert (Fafner), Elisabeth Hornung (Erda), Katrin Gerstenberger (Brünhilde), Aki Hashimoto (Stimme des Waldvogels)
Besuchte Aufführung: 2. Oktober 2011 (Premiere)
Siegfried wächst bei dem Schmied Mime im Wald auf. Dieser bekommt Besuch von Wotan in Gestalt eines Wanderers, von dem er erfährt, daß nur Siegfried das zerbrochene Schwert Nothung neu schmieden kann. Mime plant, den Drachen Fafner, der den Ring bewacht, von Siegfried töten zu lassen und schließlich selbst Siegfried zu töten, um in Besitz des Ringes zu gelangen. Siegfried repariert derweil Nothung. Vor der Höhle des Drachen zieht sich Mime aus Angst zurück, Siegfried lauscht den Waldvögeln und weckt aus Versehen Fafner, den er im Kampf besiegt. Durch die Berührung mit Fafners Blut kann Siegfried den Waldvogel verstehen und nimmt auf dessen Rat den Ring und die Tarnkappe an sich. Er erschlägt Mime, der ihm einen Gifttrunk aufzwingen möchte. Der Wanderer begegnet Siegfried und versucht, ihm Einhalt zu gebieten, aber Siegfried zerschlägt seinen Speer. Er durchschreitet den Feuergürtel und weckt die schlafende Brünhilde, sie entbrennen in gegenseitiger Liebe.
Aufführung
Im ersten Aufzug ist die Bühne zweigeteilt: In der linken Hälfte ist eine klassische Schmiede mit Esse, Werkbank, Blasebalg und Amboß dargestellt, während der rechte Teil u.a. mit einem Resopaltisch, Stühlen und einer Spüle ausgestattet ist. Dahinter befindet sich ein Gemüsebeet, das mit sehr hohen, schwarzen Stellwänden die Bühne eingrenzt. Diese Stellwände werden auch im zweiten Aufzug verwendet. Dort verläuft eine mannshohe schwarze Wand quer über die Bühne, welche die Begrenzung zur Neidhöhle darstellt. Links im Hintergrund stehen weiterhin die Stellwände, im rechten Teil fehlen sie, um die Projektionsfläche für den mit einer Videoprojektion dargestellten Fafner freizulassen.
Im dritten Aufzug ist die Hauptbühne ebenfalls durch die Stellwände kreisrund gestaltet. Dort ist zunächst Büromobiliar aufgestellt. Nachdem Wotan Erda verlassen hat, begegnet er Siegfried vor dem Vorhang. Währenddessen werden die Büromöbel abgebaut und ein Vorhang vor die Stellwände gezogen, der mit verschiedenen Farben beleuchtet wird.
Als Nebenbühne werden auf Siegfrieds Weg zu Brünnhilde die Galerie, das Parkett und ein Steg um den Orchestergraben genutzt.
Sänger und Orchester
Das Publikum war besonders von der Farbpalette der Stimmen und der differenzierten Unterstützung durch das Orchester begeistert. Während Ralf Lukas als Wanderer mit geschmeidigem Volumen und guter Textverständlichkeit begeisterte, überzeugte Norbert Schmidtberg als Mime vor allem mit der Gabe, sein Timbre der szenischen Gegebenheit anzupassen und setzte so seine Rolle zwischen einfachem Handwerker und neidischem Machtmensch auch stimmlich hervorragend um. Christian Voigt (Siegfried) liegen vor allem die elegischen Phrasen des zweiten Aufzugs – hier überzeugt er mit warmer Stimme in allen Lagen. Problematisch sind heroische, dynamische Herausforderungen, wie etwa Blase Balg, Blase Feuer in denen er nicht genügend Volumen aufbringt, um den Gesamtklang zu dominieren. Dies schafft Katrin Gerstenberger als Brünnhilde mühelos. Der den Alberich spielenden Olafur Sigurdarson begeisterte das Publikum ebenso wie Thomas Mehnert als Fafner, dessen Stimme elektronisch (!) verstärkt wurde. Sie sangen ihre Partien prägnant und sicher, die szenischen Herausforderungen schienen sie dabei sogar zu unterstützen. Aki Hashimoto (Stimme des Waldvogels) schaffte es tatsächlich mit ihrer hellen, unangestrengten Stimme Assoziationen einer Nachtigall beim Publikum zu wecken. Der Eindruck wurde unterstützt, da sie einmal von der Galerie, das andere Mal aus dem Parkett und schließlich von der Bühne sang.
Das Orchester stützte die Stimmen differenziert – präzise geführt von Constantin Trinks. So ergab sich ein runder weicher Klang über das ganze dynamische Spektrum. Dieser Gesamteindruck wurde auch durch kleine Unkonzentriertheit, etwa zu Beginn der Ouvertüre, nicht getrübt.
Fazit
Das Darmstädter Publikum feierte „seinen“ Siegfried uneingeschränkt. Es ließ sich auf die Eigenheiten der Besetzung ein, erfreute sich an deren gekonnter Unterstützung durch das Orchester und war amüsiert über die Bonbons in der Inszenierung wie etwa den grünen Scheinwerferaugen des Fafner oder der Lichterkette als Nornerseil.
Pia Lai
Bild: Barbara Aumüller
Das Bild zeigt: Christian Voigt (Siegfried)