London, Covent Garden – Royal Opera House – DON CARLOS

von Giuseppe Verdi eine Opera in fünf Akten, Libretto: Joseph Méry and Camille du Locle nach dem gleichnamigen Drama von Friedrich Schiller; Uraufführung: 11. März 1867, Paris. Hier Version Modena (1886)
Regie: Nicholas Hytner, Bühnenbild: Bob Crowley, Licht: Mark Henderson
Dirigent: Antonio Pappano, Orchester und Chor des Royal Opera House, Chorleitung: Renato Belsadonna
Solisten: Rolando Villazón (Don Carlos), Marina Poplavskaya (Elisabetta di Valois), Simon Keenlyside (Rodrigo), Ferruccio Furlanetto (Philip II), Sonia Ganassi (Prinzessin Eboli), Pumeza Matshikiza (Tebaldo), Nikola Matišic (Conte di Lerma), Eric Halfvarson (Großinquisitor), u.a.
Besuchte Aufführung: 14. Juni 2008 (Premiere: 6.6.2008)

Kurzinhalt
london-don-carlo.jpgFrankreich, 1559. Der spanische König Phillip II. hat seinen Sohn Don Carlos mit Elisabeth von Valois verlobt, um den Frieden mit Frankreich zu konsolidieren. Auf einem Jagdausflug im Wald von Fontainebleau verlieben sich die beiden bei ihrer ersten Begegnung, obwohl sie einander zunächst nicht kannten. Doch Phillip löst die Verlobung, da er selbst Elisabeth zur Frau nehmen will.
Don Carlos geht daraufhin ins Kloster St Yuste, wo seines Großvaters, Karl V., begraben ist und versucht, dort seine Liebe zu vergessen. Sein Jugendfreund Rodrigo kommt zu ihm und erzählt ihm vom Widerstand des Volks von Flandern gegen die brutale spanische Besatzung. Er will erreichen, daß Don Carlos nach Flandern als Gesandter entsendet wird. Rodrigo arrangiert ein Gespräch mit Elisabeth. Beide gestehen sich ihre verlorene Liebe, werden aber von der Ankunft Phillip II überrascht, der seine Frau Elisabeth ohne ihre Begleiterin findet. Phillip begegnet Rodrigos, der ihn um Gnade für das gepeinigte Flandern bittet. Phillip findet dies mutig, sucht Rodrigos Freundschaft und erteilt ihm königliche Vollmachten.
Auf einem Maskenball am spanischen Hof begegnet Don Carlos der in ihn verliebten Prinzessin Eboli. Er verwechselt sie zunächst mit Elisabeth und gesteht ihr seine Liebe. Dann erkennt er jedoch die Verwechslung. Die gedemütigte Eboli wird zur gefährlichen Mitwisserin der Liebe Carlo zu Elisabeth.
Bei einer öffentlichen Ketzerverbrennung (Autodafé) tritt Don Carlos mit einer Schar von niederländischen Abgesandten Phillip II. entgegen und bittet um eine Entsendung nach Flandern. Als dieser ablehnt, zieht Don Carlos den Degen gegen seinen Vater, wird jedoch von Rodrigo entwaffnet und gefangen genommen.
In seinem Palast wird Phillip II. von Eifersucht und Einsamkeit gequält. Er läßt sich vom herbeigerufenen Großinquisitor die Absolution für eine geplante Todesstrafe seines Sohnes geben, muß aber dafür Rodrigo opfern, den die Inquisition schon seit langem verfolgt. Rodrigo besucht Don Carlos im Gefängnis. Während des Abschiedes wird Rodrigo erschossen. Sterbend erklärt er Don Carlos, er solle Elisabeth im Kloster von St Yuste treffen. Don Carlos ist entschlossen, nach Flandern zu gehen. Er trifft Elisabeth ein letztes Mal in St Yuste, aber der Abschied wird durch das Eintreffen von Phillip II. und der Inquisition unterbrochen. Die Inquisition will Don Carlo töten. Da erscheint sein Großvater Karl V. und erklärt daß menschliches Leiden erst im Himmel beendet werden kann.
Aufführung
Die neue Inszenierung von Nicholas Hytner wirkt schlicht und zeichnet große Linien. Das eher modern gehaltene Bühnenbild wird dominiert von Formen und Farben und beeindruckt durch Ausdruck und Funktionalität. Die schwarze Grabkammer Karl V. mit großen halbrunden Säulen und einer von weißen Quadern durchsetzten, schwarzen Wand erscheint der Verzweiflung Don Carlos adäquat und wurde kontrastiert vom in freundlich-orange gehaltenen Klostervorraum mit einem von roten Quadern ausgesparten Kreuz in der nächsten Szene, wo das hoffnungsfrohe Wiedersehen von Elisabeth und Don Carlos stattfindet. Die Ketzer im dritten Akt wurden innerhalb eines leidenden Christusportraits verbrannt. Schlichte und klassische Kostüme unterstützen diese Farbformensymbolik und wirkten nicht selten elegant, wie beispielsweise der schwarzgekleidete Chor mit roten Fächern und Mohnblumen im zweiten Akt illustrierte.
Sänger
Musikalisch war dieser Abend ein wirklicher Genuß. Der Musikdirektor des Royal Opera Houses Antonio Pappano dirigierte ein präzises und emphatisches Orchester. Die illustre Schar aus weltbekannten Sängern erinnerte mehr als sonst an einen Erstligaverein mit aus aller Welt eingekaufter Fußballspieler mit all ihren Eigenarten. Rolando Villazón (Don Carlos) sang seinen gewohnten klaren Tenor etwas unenthusiastisch, die angekündigte „allergische Reaktion“ war jedoch stimmlich nicht auszumachen. Simon Keenlyside sang und spielte einen souveränen Rodrigo und Marina Poplavskaya (Elisabetta di Valois) überraschte mit einem wunderschönen Sopran, insbesondere im Duett mit Villazón, vielleicht angeregt von dessen mexikanischen Charme. Ferruccio Furlanetto sang einen majestätischen Phillip II. und Eric Halfvarson einen furchteinflößenden Großinquisitor. Sonia Ganassi (Prinzessin Eboli) hingegen wirkte etwas spitz und schrill und wurde sich selbst und dem Niveau des Abends nicht wirklich gerecht.
Fazit
Zusammenfassend war dieser Abend ein großes und seltenes Ereignis einer gelungenen Neuinszenierung dieser traditionsreichen großen Oper Verdis und wurde als daher auch vom Publikum entsprechend gewürdigt.

Dr. Dominik Zenner
Bild: Catherine Ashmore: Autodafé-Szene, dritter Akt, Im Vordergrund re die Ketzer

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