von Richard Strauss (1864-1949), Oper in einem Aufzug nebst einem Vorspiel, Libretto: Hugo von Hoffmannsthal, UA: erste Fassung: 25. Oktober 1912, Hoftheater Stuttgart, zweite Fassung: 4. Oktober 1916 Wien, Hofoper
Regie: Ingo Kerkhof; Bühne: Anne Neuser, Kostüme: Inge Medert; Choreographie: Mathias Brühlmann
Dirigent: Karen Kamensek, Niedersächsisches Staatsorchester Hannover
Solisten: Sigrun Schneggenburger (Haushofmeister), Stefan Adam (Musiklehrer), Julia Faylenbogen (Komponist), Robert Künzli (Tenor/Bacchus), Brigitte Hahn (Primadonna/Ariadne), Ivan Turšić (Brighella), Ina Yoshikawa (Zerbinetta), Christopher Tonkin (Harlekin), Tivadar Kiss (Scaramuccio), Young Kwon (Truffaldino), Dorothea Maria Marx (Najade), Julie-Marie Sundal (Dryade) und Sara Eterno (Echo)
Besuchte Aufführung: 3. Dezember 2011 (Premiere)
Die Oper seria Ariadne auf Naxos eines jungen Komponisten soll auf einem Fest eines reichen Wiener uraufgeführt werden. Ebenso wünscht sich der Gastgeber aber auch komische Unterhaltung und engagiert das Ensemble um Zerbinetta. Unerwartet ändert der Mäzen die Programmabfolge, nun sollen die Oper seria und die komische Einlage simultan stattfinden. Der Komponist sieht die künstlerische Freiheit seines Werkes in Gefahr, doch Zerbinetta kann ihn beschwichtigen und die beiden Werke kommen zur Aufführung.
In der Oper geht es um Ariadne, die von ihrem Geliebten Theseus verlassen wurde. Für sie hat das Leben keinen Sinn mehr. Zerbinetta und das Opera buffa-Ensemble versuchen vergeblich sie aufzuheitern. Ariadne wartet auf den Todesboten Hermes. Ariadnes Nymphen kündigen den Gott Bacchus an, der sich auf der Flucht vor der Zauberin Circe befindet. Er verliebt sich sofort in Ariadne. Dabei findet eine Verwechslung statt, in der Ariadne den Gott Bacchus für Hermes hält. Zum Schluß können beide ihre Vergangenheit hinter sich lassen und sind verwandelt für etwas Neues offen.
Aufführung
Ohne Vorhang bietet sich dem Blick des Zuschauers eine lange Tischreihe vor einer transparenten Wand, an der der Notentext der Ariadne, der Oper seria, befestigt wird. Am Bühnenrand ist ein Kleiderständer mit Kostümen zu sehen. Das gesamte Ensemble kommt wie bei einer Probe im hellerleuchteten Saal auf die Bühne. Die Kostüme sind ebenfalls schlicht gehalten: schwarze Anzüge für die Männer und festlich-anmutende schwarze Kleider für die Frauen. Auffällig sind einzig Zerbinetta mit ihren beiden grünen und pinken Kimono-Kleidern und die lustigen Requisiten ihres Opera buffo-Ensembles – Perücken und Indianerschmuck. Der Auftritt des Haushofmeisters im Bärenkostüm, das er auf der Bühne auszieht, und seine direkte Ansprache an das Publikum unterstreichen, daß es sich um eine Oper über das Operngeschehen handelt – ein Spiel mit der tatsächlichen Realität des Opernbesuchs und der fiktiven Opernaufführung.
Sänger und Orchester
Zunächst ist das Niedersächsische Staatsorchester Hannover unter der Leitung von Karen Kamensek zu loben. Exzellent gelingt die musikalische Kontrastierung von Oper seria und der Musik für die Commedia dell’Arte-Truppe. Diese Kontrastierung glückt auch den Sängern. Allen voran steht Ina Yoshikawa als Zerbinetta. Sie zeigt, daß hinter ihrer Rolle mehr als nur das Komische steckt: Viele meinen, daß sie mich kennen, aber ihr Auge ist stumpf. Einerseits ist sie die laszive Verführerin, andererseits die Gefühlvolle. Die große Zerbinetta-Arie mit den ausschweifenden Koloraturen gelingt ihr so gut, daß das Publikum Bravo! ruft: die Höhen sind sanft und die Tiefen wirken nahezu mühelos. Brigitte Hahn(Primadonna/Ariadne) gelingt ebenfalls die Inszenierung zweier Personen in einer Rolle. Einerseits zeigt sie sich als egozentrische Primadonna, die ihre einzige Identifikation und Selbstdefinition in ihrer Stimme findet, was sich in ihrem perfektionierten und ausdrucksstarken Gesang widerspiegelt. Andererseits ist da ihre Rolle der Ariadne. So wie sich ihr Körper vor Gram krümmt, so drückt sie auch in ihrem Gesang ihr Leid und die dem Tod ins Auge schauende Ausweglosigkeit aus. Zu gut unterhaltend gemeint ist aber die Choreographie von Mathias Brühlmann, die vom gesamten Ensemble ausgeführt wird: Ein griechischer Sirtaki-Tanz wirkt am Anfang im Rahmen des Bärenauftritts noch lustig, seine zweite Aufführung am Ende jedoch, die durch das Feuerwerk glücklicherweise unterbrochen wird, zieht die Handlung zu sehr ins Lächerliche.
Fazit
Das Publikum ist mit dieser Aufführung zufrieden – eine Inszenierung von einer Oper über die Oper, denn die Verknüpfung von historischem Stoff und komischer Unterhaltung ist gar nicht so leicht. Musik ist eine heilige Kunst!“– singt Zerbinetta.
Frederike Arns
Bild: Thomas Jauk
Das Bild zeigt: Brigitte Hahn (Primadonna Ariadne) li. und Ina Yoshikawa (Zerbinetta) re.