DIE CSÁRDÁSFÜRSTIN – Hof, Theater

von Emmerich Kálmán (1882 – 1953), Operette in drei Akten von Leo Stein und Bela Jenbach, UA: 1915, Wien.

Regie: Uwe Drechsel, Bühne: Heiko Mönnich

Dirigent: Roland Vieweg, Hofer Symphoniker, Opernchor, Extrachor und Ballett Theater Hof, Choreinstudierung: Michel Roberge

Solisten: Peer Schüssler (Fürst), Marianne Lang (Fürstin), Hans-Jürgen Schöpflin (Edwin Ronald), Inga Lisa Lehr (Komtesse Anna, eigentlich Stasi), Thilo Andersson (Graf Boni), Ingrid Katzengruber (Sylva Varescu), Hans-Peter Pollmer (Eugen Rhonsdorff), Karsten Jesgarz (Feri Bacsi), Thorsten Stammberger (Notar), u.a.

Besuchte Aufführung: 2. Dezember 2011 (Premiere)

Kurzinhalt

Budapest 1913. Die Chansonette Sylva Varescu bereitet sich auf eine Gastspielreise nach Amerika vor und verabschiedet sich von ihren Freunden und Edwin, einem Wiener Fürstensohn. Dieser will sie von der Reise abhalten und heiraten – gegen den Willen seiner Eltern, denn sie haben bereits die Verlobung mit Komtesse Stasi arrangiert. Als Graf Boni Sylva darüber informiert, reist sie erzürnt ab.

In Wien wird die Verlobung von Edwin und Stasi gefeiert als Sylva mit Boni erscheint, der sie als seine Frau ausgibt. Als sie ihre wahre Identität enthüllt gibt es einen Skandal. In einem Wiener Hotel erkennt Feri-Bacsi in der Fürstin seine Jugendliebe wieder, eine Provinzprimadonna. Die Fürsten geben daraufhin den Widerstand auf und willigen in die Ehe zwischen Edwin und Sylva sowie zwischen Boni und Stasi ein.

Aufführung

Das Bühnenbild ist geprägt vom Jugendstil eines Alfons Mucha, also der Entstehungszeit des Werkes. Das gilt sowohl für das sehenswerte Budapester Orpheum (mit einem Hauptwerk Muchas als Auftrittsrampe), den Garten-Terrasse der Lippert-Weylersheimerschen Residenz oder das Hotel mit entsprechendem Concierge. Auch die Kostüme gehören in diese Zeit, so ist der Fürst ein Abziehbild von Kaiser Franz Joseph und Anhilte geht als seine Gattin durch, nur für ihr Ballkleid in der Schlußszene kann sie nichts, das sieht wie ein buntes Flecktarnkleid aus. Die Ballgarderobe bzw. Abendgarderobe bleibt zeitlos schön, nämlich Frack und Uniform für die Herren bzw. weißes Ballkleid für die Damen.

Sänger und Orchester

Hans-Jürger-Schöpflin als Gast vom Staatstheater am Gärtnerplatz München präsentiert sich als sehr ordentlicher Operettentenor mit Schmelz und Charme in der Stimme, denn Ganz ohne Weiber geht die Chose nicht. Ingrid Katzengruber gibt die Sylva als dramatischer Sopran mit viel Kraft und mittlerweile wenig Tremolo, was aber insgesamt dennoch dazu führt, daß sie nur schwer verständlich ist. Selbst die strahlende jugendliche Naive Inga Lisa Lehr mit ihrer glockenklaren Stimme hat Probleme mit der Wortverständlichkeit. Thilo Andersson als spielfreudiger und stimmlich sehr beweglicher Operettentenor macht seine Sache ausgezeichnet. Karsten Jesgarz singt den sensiblen Lebemann Feri Bacsi mit ungarischem Feuer, Joj Maman, Bruderherz, ich kauf mir die Welt wird von einer auf der Bühne spielenden Zigeunerkapelle unterstützt. Überhaupt muß die Leistung des Orchesters unter Roland Vieweg gelobt werden: die meisterlichen musikalischen Gedanken Kálmáns schimmern in allen ihren Farben. Das ist Csardas zum Mittanzen, das ist ein würdevoller Abgesang auf die tanzfreudige Donaumonarchie. Die wenigen unpräzisen Einsätze sind wohl dem Premierenfieber geschuldet.

Fazit

Uwe Drechsel gelingt es wieder einmal eine Sylvesterproduktion als Publikumsreißer auf die Bühne zu stellen. Man atmet förmlich den Charme der untergehenden Donaumonarchie, die sich auf dem Sterbebett noch einmal kräftig auf die Schippe nimmt. Dabei hat auch das singende Ballett und der tanzende Chor einen großen Anteil – an heftigem Gelächter und Szenenapplaus. Wie beispielsweise der heftig geschüttelte Thilo Andersson mit wehenden Haaren, der über Schüttelfrost klagt. Weshalb allerdings der Name der Komtesse Stasi in Anna – genannt Nasi – geändert wurde, wird ein ewiges (deutsch-deutsches?) Rätsel bleiben. Musikalisch ist die Produktion auf der Höhe der Zeit und daher werden alle Protagonisten am Schluß heftig gefeiert.

Oliver Hohlbach

Bild: SFF Fotodesign

Das Bild zeigt: Der Zigeunerprimas unterstützt Ingrid Katzengruber (Sylva) bei ihrem Auftritt im Orpheum

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